Verkehrte Welt Türken-Torschütze Ayhan in der Kritik, weil er nicht salutiert hat

dpa/jar

15.10.2019

Während seine Teamkollegen salutieren, verzichtet Torschütze Kaan Ayhan (Nummer 22) auf den militärischen Gruss.
Während seine Teamkollegen salutieren, verzichtet Torschütze Kaan Ayhan (Nummer 22) auf den militärischen Gruss.
Bild: Twitter

Kaan Ayhan erzielt in Frankreich das 1:1 und sorgt dafür, dass die Türkei in der EM-Quali Spitzenreiter bleibt. Während seine Mitspieler nach dem Spiel erneut salutieren, verzichtet Ayhan darauf. Dafür erntet er aus der Heimat Kritik.

Wenn der Gruss plötzlich wichtiger wird als das Tor ... 

Der Düsseldorfer Bundesliga-Profi Kaan Ayhan hat sich nach dem 1:1 der türkischen Nationalmannschaft beim EM-Qualifikationsspiel in Frankreich dem militärischen Gruss einiger Mitspieler nach seinem Ausgleichstreffer in der 81. Minute nicht angeschlossen. Dabei hatte die Mehrzahl der türkischen Profis mit dem Militärgruss salutiert, um damit die türkischen Streitkräfte zu unterstützen, die am Militäreinsatz gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien beteiligt sind. Dieser Einsatz wird international scharf kritisiert.



Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, habe es nach der politischen Geste einen kurzen Disput zwischen Verteidiger Merih Demiral von Juventus Turin und Ayhan gegeben. Demiral soll den Torschützen dazu animiert haben, ebenfalls zu salutieren. Dieser habe aber seinen Weg zurück aufs Feld fortgesetzt, was Fotos aus dem Stadion belegen. Auch sein Düsseldorfer Teamkollege Kenan Karaman sowie Hakan Calhanoglu und Caglar Söyüncü sollen sich nicht am militärischen Jubel beteiligt haben.

In den sozialen Medien sind deswegen einige kritische Kommentare zu lesen. Türkische Fans werfen Ayhan und Co. Respektlosigkeit vor. «Obwohl Kaan Ayhan das Tor schoss und uns glücklich machte, war ich mehr verärgert, dass er nicht hinging und grüsste», schreibt einer auf Twitter. Ein anderer meint: «Kaan Ayhan hat vielleicht das Tor geschossen, aber ich habe keinen Respekt für ihn. Merih Demiral hingegen kann ich von morgens bis abends loben.» Andere Fussballfans solidarisieren sich allerdings auch mit Ayhan und loben sein Verhalten (siehe Reaktionen weiter unten).

Am Freitag hatte Ayhan salutiert

Bereits nach einem ähnlichen Militärgruss nach dem 1:0-Sieg der Türken am Freitag gegen Albanien hatte die Europäische Fussball-Union UEFA angekündigt, ein Verfahren gegen den türkischen Verband einzuleiten. Das Regelwerk des europäischen Verbandes verbietet politische Äusserungen in Stadien. Die Türkei-Profis hatten direkt nach dem Siegtreffer und später auch in der Kabine mit der Hand an der Stirn salutiert. Unter ihnen war dort auch Ayhan.



Fortuna Düsseldorfs Sportvorstand Lutz Pfannenstiel hatte danach umgehend das Gespräch mit Ayhan und Karaman gesucht. Beide Akteure versicherten, dass es sich lediglich um eine Solidaritätsbekundung für Soldaten und ihre Angehörigen handelte, verbunden mit dem Wunsch, dass sie wieder gesund zu ihren Familien zurückkehren können. «Wir sind davon überzeugt, dass ihnen nichts ferner lag, als ein politisches Statement abzugeben», erklärte Pfannenstiel. Die Fortuna distanziere sich «in aller Deutlichkeit von jeglicher vermeintlich politisch motivierter Handlung, die gegen die Werte des Vereins verstösst.»

Die zuständige Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer der UEFA soll sich nach dpa-Informationen am Donnerstag mit der Problematik befassen. Ob dann schon mögliche Sanktionen verhängt werden, die von einer Ermahnung über Geldstrafen bis hin zu Platzsperren und Punktabzügen reichen können, ist aber fraglich.

Dank dem Punktgewinn in Frankreich führt die Türkei die Gruppe H in der EM-Quali weiter an und hat zwei Spieltage vor Schluss vier Punkte Vorsprung auf das drittplatzierte Island.

Twitter-Reaktionen zum Vorfall

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