Die Bilanz von Inka Grings ist mit nur einem Sieg aus 14 Spielen alles andere als berauschend. Geniesst die Nati-Trainerin noch die volle Rückendeckung der Spielerinnen? Zweifel sind angebracht.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Die Schweizer Nati unterliegt Spanien am Dienstagabend in der Nations League 1:7. Die Stimmung ist im Keller.
- Lia Wälti und Coumba Sow lassen nach dem Spiel zumindest teilweise durchblicken, dass sie nicht mit allen Entscheidungen von Trainerin Inka Grings zufrieden sind.
- Nadine Riesen sucht die Fehler derweil vor allem bei sich selbst.
- Inka Grings ärgert sich über den Auftritt ihrer Spielerinnen und kündigt für den nächsten Zusammenzug schon mal «neue Gesichter» an. Selbstzweifel hegt sie keine, weiterhin ist sie vom Weg, den sie mit dem Team gehen will, überzeugt.
Die TV-Kameras fangen nach dem Spiel Bilder ein, die zeigen, wie sehr die Schweizerinnen nach der neuerlichen Lehrstunde gegen Spanien leiden. Mit hängenden Köpfen verlassen die Spielerinnen den Platz, bei Ramona Bachmann und Nadine Riesen kullern gar ein paar Tränen über die Wangen.
Beim dritten Spiel gegen Spanien innert 88 Tagen setzt es die dritte herbe Klatsche ab. Nach dem 1:5 im WM-Achtelfinal unterlag die Schweiz den frischgebackenen Weltmeisterinnen im September in der Nations League auswärts mit 0:5 und nun am Dienstagabend im mit 8515 Zuschauer*innen gut besuchten Letzigrund gar mit 1:7.
Lia Wälti stellt sich nicht klar hinter die Trainerin
«17 Tore in drei Spielen gegen Spanien, das tut weh», sagt Kapitänin Lia Wälti nach dem Spiel. Aber: «Es ist Spanien, sie spielen in einer anderen Liga. «Alle Leute, die heute zuschauen kamen, haben tollen Fussball gesehen. Leider einfach nicht von uns.»
Auf die Frage, ob sie an der Trainerin zweifle, kommt eine Antwort, die hellhörig macht: «Ihr wollt, dass ich das jetzt hier sage? Nein, ich sage nichts zu dem.» Ganz Profi schiebt sie nach: «Ich glaube, wir Spielerinnen auf dem Platz müssen uns an der eigenen Nase nehmen. Es hat heute von hinten bis vorne nicht gestimmt, Einzelleistungen und Teamleistung.»
In der 37. Minute setzt sich Torhüterin Livia Peng auf den Rasen und wird gepflegt. Dabei versammeln sich die restlichen Spielerinnen rund um Inka Grings. Und da kommt es zu hitzigen Diskussionen. Dabei scheinen besonders die Führungsspielerinnen Lia Wälti, Ana-Maria Crnogorcevic und Ramona Bachmann Redebedarf zu haben. Es wirkt, als wären sie mit gewissen Anweisungen der Trainerin nicht wirklich einverstanden.
Wäre es nicht eine Möglichkeit, gegen eine Mannschaft wie Spanien sich einfach hinten reinzustellen und zu mauern? «Doch natürlich, das ist eine Variante», sagt Wälti. Relativierend schiebt die Arsenal-Legionärin nach: «Klar kann man sagen, es wäre einfacher, hinten reinzustehen, aber dann sind die Wege nach vorne unglaublich gross. Von demher ist es schwierig, gegen so einen Gegner die richtige Taktik zu finden.»
Ein Blick sagt mehr als tausend Worte
Die Reaktion von Coumba Sow auf das Verhältnis zur Trainerin angesprochen, verrät, dass etwas nicht stimmt. Zögerlich sagt sie: «Ja … Ich würde sagen gut. Also ja …» Gefolgt von einem Blick zur Seite, als würde sie sich absichern wollen, dass gerade niemand zuhört. Dabei ein Lächeln im Gesicht, wie man es an diesem Abend bei den Schweizerinnen selten sieht.
Nadine Riesen: «Mir fehlen fast ein bisschen die Worte»
«Schlimmer kann man es nicht mehr machen», bilanziert derweil Nadine Riesen. «Gegen Spanien hatten wir mega viele Lücken, die Zweikämpfe haben wir auch nicht richtig angenommen.» Sie müsse sich aber selbst an der Nase nehmen: «Man muss zuerst bei sich selber schauen. Und ich bin überhaupt nicht zufrieden mit meiner Leistung. Irgendwie fehlen mir fast ein bisschen die Worte. Sieben Gegentore sind einfach zu viel.» Sie ist denn auch eine der Spielerinnen, die hinter der Trainerin zu stehen scheint: «Ich kenne Inka schon lange und sie hat ihre Qualitäten. Schlussendlich stehen wir Spielerinnen auf dem Platz. Von dem her liegt es an uns.»
Inka Grings übt harsche Kritik an ihren Spielerinnen
Inka Grings ist nach der Pressekonferenz bedient. Ihren 45. Geburtstag hat sie sich definitiv anders vorgestellt. Sie hegt aber keine Selbstzweifel, obschon ihre Bilanz mit nur einem Sieg aus 14 Spielen zumindest statistisch gesehen desaströs ausfällt.
Alle Nati-Spiele unter Inka Grings
- Polen – Schweiz 0:0 (Testspiel, 17.02.2023)
- Schweiz – Polen 1:1 (Testspiel, 21.02.2023)
- Schweiz – VR China 0:0 (Testspiel, 06.04.2023)
- Schweiz – Island 1:2 (Testspiel, 11.04.2023)
- Schweiz – Sambia 3:3 (Testspiel, 30.06.2023)
- Schweiz – Marokko 0:0 (Testspiel, 05.07.2023)
- Philippinen – Schweiz 0:2 (Weltmeisterschaft, 21.07.2023)
- Schweiz – Norwegen 0:0 (Weltmeisterschaft, 25.07.2023)
- Schweiz – Neuseeland 0:0 (Weltmeisterschaft, 30.07.2023)
- Schweiz – Spanien 1:5 (Weltmeisterschaft, 05.08.2023)
- Schweiz – Italien 0:1 (Nations League, 22.09.2023)
- Spanien – Schweiz 5:0 (Nations League, 26.09.2023)
- Schweden – Schweiz 1:0 (Nations League, 27.10.2023)
- Schweiz – Spanien 1:7 (Nations League, 31.10.2023)
Aber Grings glaubt weiter an ihren Plan, bei dem die Entwicklung junger Spielerinnen im Vordergrund steht, um mit diesen dann an der EM 2025 im eigenen Land anzugreifen. Sie werde sich jetzt «intensiv mit einigen Spielerinnen unterhalten» und dann werde man beim nächsten Zusammenzug «sicherlich neue Gesichter sehen». Schon wieder neue Gesichter.
Möglichst lange die Null halten, war Teil des Matchplans. Doch schon in der 4. Minute schlägt es ein erstes Mal ein, weil die Zuteilung bei einem Eckball überhaupt nicht stimmt. Dies obwohl man intensiv darüber gesprochen habe, wie sie sich bei Standardsituationen organisieren sollten. «Wenn dann die Zuteilung nicht stimmt, ist es brutal ärgerlich, aber irgendwann halt nicht mehr zu entschuldigen», wird Grings deutlich.
In der 11. Minute schraubt Alexia Putellas nach starker Vorarbeit von Salma Paralluelo das Skore auf 2:0 hoch. Das Defensivverhalten lässt dabei zu wünschen übrig. «Beim zweiten Tor spaziert sie zwischen zwei Spielerinnen (Crnogorcevic und Calligaris, Anm.d.Red.) durch. Das ist dann einfach auch zu einfach.»
In der Folge fangen sich die Schweizerinnen und halten bis zur Pause gut dagegen, kommen auch zu zwei Top-Chancen. Zudem wird der Schweiz in der 15. Minute ein Elfmeter verwehrt. Es sei nicht alles schlecht gewesen, meint auch Grings. «Aber sobald eine meinte, anders denken zu wollen, auch wenn man es vielleicht immer gut meint, dann funktioniert das gegen eine Weltklasse-Mannschaft einfach nicht».
In der zweiten Halbzeit werden den Spielerinnen von Inka Grings die Grenzen dann noch einmal brutal aufgezeigt. Fünf weitere Gegentreffer lässt die Nati zu. Immerhin lässt sich nach sechs Spielen wieder einmal eine Schweizerin in die Torschützenliste eintragen. Alayah Pilgrim trifft in der 69. Minute nur drei Minuten nach ihrer Einwechslung zum zwischenzeitlichen 1:4. Immerhin darüber haben sich alle ein bisschen gefreut.
Schweizer Spiele in der Nations League
- 22. September: Schweiz – Italien 0:1
- 26. September: Spanien – Schweiz 5:0
- 27. Oktober: Schweden – Schweiz 1:0
- 31. Oktober: Schweiz – Spanien 1:7
- 1. Dezember: Schweiz – Schweden
- 5. Dezember: Italien – Schweiz