Zinédine Zidane wurde lange mit dem Job als französischer Nationaltrainer in Verbindung gebracht, Didier Deschamps bleibt aber im Amt. Nun sorgte Verbandspräsident Noël Le Graët mit einem Interview für rote Köpfe – danach attackiert Kylian Mbappé gar seinen Chef.
Lange war über Deschamps Zukunft spekuliert worden. Immer wieder war sein früherer Teamkollege Zinédine Zidane als möglicher Nachfolger gehandelt worden, der mit Real Madrid unter anderem drei Triumphe in der Champions League gefeiert hatte. Zidane, der seit seinem Abschied von Real 2021 frei ist, soll auch Interesse an dem Job gehabt haben.
Doch am Samstag endeten die Spekulationen, als Deschamps – selbst wie Zidane als Spieler Welt- und Europameister – seinen Vertrag als Nationaltrainer bis 2026 verlängerte. Verbandspräsident Noël Le Graët lobte die «aussergewöhnliche Bilanz» Deschamps, der die Mannschaft seit 2012 trainiert.
2018 führte der 54-Jährige Les Bleus zum WM-Sieg. Bei der Weltmeisterschaft in Katar erreichten die Franzosen wieder den Final, welchen sie aber dramatisch im Elfmeterschiessen gegen Argentinien verloren. Neben den WM-Endspielen 2018 und 2022 führte Deschamps die Équipe Tricolore 2016 auch in den EM-Final (Niederlage gegen Portugal). 2021 gab es den Sieg in der Nations League. Aktuell ist Frankreich in der FIFA-Weltrangliste hinter Brasilien und Argentinien Dritter.
Verbandsboss hält Deschamps die Treue
Während die Resultate also für Deschamps sprechen, finden viele Fans die Art und Weise, wie der Baske seine talentierten Stars Fussball spielen lässt, eher ernüchternd und uninspirierend. Auch mit seiner Sturheit können viele Kritiker nichts anfangen. Und immer wieder gab es auch teamintern Zoff, zuletzt trat Weltfussballer Karim Benzema nach Misstönen nach der WM zurück.
Kein Wunder, hing Zidane wie ein Damoklesschwert über Deschamps. Denn der zweifache Weltfussballer fand in seiner Zeit bei den Königlichen stets den richtigen Draht zu den Spielern, seine Aura strahlt bis heute ungebrochen. Folglich wurde sein Name auch bei anderen grossen Fussball-Verbänden und Top-Klubs ins Spiel gebracht. Zuletzt war Zidane offenbar bei der brasilianischen Nationalmannschaft im Gespräch.
Wenig empfänglich für die Magie der früheren Nummer 10 ist offenbar Le Graët. In einem Interview mit RMC meinte der 81-Jährige, dass er sich «einen Dreck» um die zukünftigen Karrierepläne von Zidane schere und ihm nicht geantwortet hätte, wenn er angerufen worden wäre. Man habe nie an eine Trennung von Deschamps gedacht, so Le Graët, der ihn selbst 2012 als Trainer installierte.
Mbappé und Ribéry stehen für Zidane ein
Die kritischen Worte gegenüber Zidane kamen bei vielen Landsleuten nicht gut an. Und auch seine Angestellten reagierten. So schrieb Superstar Kylian Mbappé auf Twitter: «Zidane ist Frankreich. Man lässt es an einer Legende nicht an Respekt fehlen» und fügte gar ein Facepalm-Emoji hinzu. Der frühere Nationalspieler Franck Ribéry empfahl Le Graët in den sozialen Medien spöttisch einen Arztbesuch.
Auch Zidanes ehemalige Arbeitgeber Real Madrid hielt in einer offiziellen Mitteilung fest: «Real bedauert diese unglücklichen Äusserungen gegenüber einer der grössten Legenden des Sports. Das ist ein Mangel an Respekt».
Noël Le Graët ist in der Heimat sowieso unter Beschuss. Das Sport-Ministerium hat aufgrund eines Artikels von «So Foot» Ermittlungen gegen den Verband (FFF) einleiten lassen. Gemäss dem Bericht hat der mächtige Fussball-Funktionär unangemessene Nachrichten an Kolleginnen verschickt. Le Graët bestreitet die Anschuldigungen.
Zidane selbst hat sich noch nicht zu Le Graët geäussert. Die Job-Absage schmälert sein Ansehen nicht – die Interessenten stehen Schlange. «Zizou» soll hochkarätige Angebote von Brasilien, Portugal und den USA abgelehnt haben. Vielleicht zieht es den 50-Jährigen wieder in den Klub-Fussball.
Zidanes Traum vorerst geplatzt – Rückkehr zu Juve?
Juventus Turin will seinen früheren Schützling – er spielte bei der Alten Dame von 1996 bis 2001 – gemäss Medienberichten unter Vertrag nehmen. Der italienische Rekordmeister, dessen Führung kurz vor Jahresende komplett ausgetauscht wurde, könnte einen Fussball-Fachmann wie Zidane sicher gut gebrauchen.
Klar ist: Solange Le Graët im Amt ist, wird Zidane seinen Traum, eines Tages die französische Nationalmannschaft zu coachen, nicht erfüllen können. Dabei schwärmte der 108-fache Internationale vor einem halben Jahr in einem Interview mit «L'Équipe»: «Meine tiefe Sehnsucht ist da. Das französische Team ist das Schönste, was es gibt.»
Update: Le Graët entschuldigt sich
«Diese unangenehmen Bemerkungen haben zu einem Missverständnis geführt. Ich möchte mich persönlich für diese Bemerkungen entschuldigen, die weder meine Gedanken noch meine Wertschätzung für den Spieler, der er war, und den Trainer, der er geworden ist, widerspiegeln.»
Nun darf Deschamps bei der kommenden EM 2024 in Deutschland versuchen, das talentierte Team zum Titel führen – und er wird auch bei der WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada das Kommando haben. Zumindest bis dann läuft sein Vertrag mit dem französischen Fussballverband.