Das Beraterteam von Lionel Messi soll dem FC Barcelona 2020 mehrere exorbitante Forderungen für eine Vertragsverlängerung gestellt haben, wie eine spanische Zeitung enthüllt. Die Katalanen wehren sich heftig gegen den Bericht.
Im Sommer 2021 passierte das Unvorstellbare: Die Wege von Lionel Messi und dem FC Barcelona trennten sich nach 21 Jahren. Der siebenfache Weltfussballer verliess seinen Herzensklub ablösefrei in Richtung Paris. Der unerwartete Abgang zerstörte bei vielen Barça-Fans die Hoffnung, das Karriereende ihres langjährigen Messias in seiner Wirkungsstätte mitzuerleben.
Aus finanzieller Sicht muss der Abschied des Argentiniers etwas anders berwertet werden. Die spanische Zeitung «El Mundo» (zahlungspflichtig) veröffentlichte diese Woche Dokumente, welche Messis Forderungen – beziehungsweise diejenigen seines Beraterteams sowie seines Vaters Jorge Messi – 2020 an die Klubleitung um den damaligen Präsidenten Josep Maria Bartomeu stellten.
Die Wunschliste von Messis Team
- Vertrag bis 2023 mit (einseitiger) Option auf Verlängerung
- 10 Millionen Euro Prämie für die Vertragsverlängerung
- Eine Privatloge im Campou für seine und Luis Suarez' Familie
- Streichung der Ausstiegsklausel in Höhe von 700 Millionen Euro auf symbolischen Betrag von 10'000 Euro
- Lohn mit Steuerschutz
- Rückzahlung der Corona-Lohnkürzungen mit Zinsen
- Ein Privatflugzeug, um Weihnachten in Argentinien zu verbringen
- Weiterbeschäftigung des persönlichen Assistenten Pepe Costa
- Provision für seinen Bruder Rodrigo
Unverschämt oder marktgerecht?
Bedingungen wie die Vertragsverlängerung oder Unterschriftprämie dürften im Fussball bei Ausnahmespielern wohl Alltag sein. Eine eigene Loge im Nou Camp ist ebenfalls eine «normale» Forderung.
Mehr aus dem Rahmen fällt dabei die zusätzliche Loge für Kumpel Suarez. Vielleicht wollte Messi seinem langjährigen Sturmpartner noch ein versöhnliches Abschiedsgeschenk machen – der Uruguayer wurde damals trotz seiner sportlichen Verdienste zu Atlético abgeschoben. Ebenfalls ein skurriler Wunsch ist das Privatflugzeug, um in der Winterpause in die Heimat fliegen zu können.
Doch auch solche extravagante Sachen sind beileibe keine Ausnahme im Spitzenfussball. Dieser Punkt dürfte den Barça-Bossen also gar nicht allzu grosse Kopfschmerzen bereitet haben, während seine Lohnvorstellungen sicher für Verstimmung sorgten.
Denn die aufgrund der Corona-Krise vorgenommene Saläreinbusse (30 Prozent) sollte in naher Zukunft wieder rückgängig gemacht werden – inklusive eines Zinsaufschlags in Höhe von drei Prozent. Des Weiteren wollte sich das Lager von Messi gegen unliebsame Überraschungen vorbereiten und verlangte vom Klub, dass sie allfällige höhere Steuerforderungen des Staates ausgleichen.
Die Reduzierung der Ausstiegsklausel von 700 Millionen Euro – in Spanien sind solche astronomische Summen keine Seltenheit – auf 10'000 Euro war wohl auch als Druckmittel gegenüber dem Klub gedacht, da «la Pulga» sich zuvor lange Zeit über die – in der Tat wenig umsichtige – Klubleitung ärgerte. So hätte Messi einfach leicht den Notausgang nehmen können, wenn ihm zukünftige Vorgänge im Verein nicht passen würden.
Eine Weiterbeschäftigung eines Angestellten sowie die Provision für Messis Bruder – der selbst als Agent für Teamkollege Ansu Fati agierte – waren wiederum Nebenschauplätze.
Unter dem Strich sind es zweifellos sehr hohe Erwartungen, welche das Lager von Messi für eine Vertragsverlängerung an seinen Arbeitgeber stellte. Doch offenbar waren sie nicht realitätsfern. So habe sich Barça grösstenteils einverstanden erklärt mit den Wünschen, heisst es im Bericht. Nicht akzeptiert worden sei hingegen die Reduzierung der Ablösesumme sowie das Handgeld von zehn Millionen Euro.
Andererseits hat die Klubleitung um Bartomeu zuvor für Spieler wie Antoine Griezmann, Philippe Coutinho oder Ousmane Dembélé auch locker Beträge über 100 Millionen Euro ausgegeben. Dass man dann nicht mit der kleinen Kelle anrührt, ist irgendwie auch logisch. Solche Transfergeschichten zeigen schlicht exemplarisch, wie bei den Katalanen lange gehaushaltet wurde.
Am Ende scheiterten die Verhandlungen. Unter Bartomeus Nachfolger Joan Laporta gab es einen tränenreichen Abschied. Der Superstar beteuerte öffentlich: «Ich wollte bleiben.» Der Grund für die Trennung seien nicht unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Klub und dem Spieler, hielt auch der Verein fest. Eine (finanzielle) Übereinkunft sei durchaus gefunden worden, aber die Reglemente der spanischen Profiliga würden einen solchen Vertrag aus wirtschaftlichen und strukturellen Gründen nicht zulassen.
Marca berichtete demgegenüber, dass die weitere Zusammenarbeit in den Verhandlungen zwischen dem Spieler und dem Klub aufgrund von Messis Lohnforderungen gescheitert sei. Dabei sei Messi gemäss Bericht auch bereit gewesen sein, auf die Hälfte des Salärs zu verzichten. Doch die Regeln des Financial Fairplays hätten eine Weiterbeschäftigung unmöglich gemacht. Die Auflagen sind den Katalanen immer noch ein Dorn im Auge, auch diese Saison gab es schon vermehrt Unstimmigkeiten zwischen der Liga und Barça aufgrund der unterschiedlichen Interpretation des Regelwerks.
Folgen noch mehr Enthüllungen?
Die Enthüllungen von «El Mundo», welche unter dem «Barça Leaks, the Club's secret files part 1» veröffentlicht wurden, sind offenbar nur die Spitze des Eisbergs. So will die Zeitung noch mit weiteren Geschichten rund um den Klub aufwarten.
Der FC Barcelona hat derweil ein offizielles Statement herausgegeben und schreibt, man sei «empört über die absichtliche Weitergabe von Informationen, die Teil eines Gerichtsverfahrens sind.» Der Klub bedauere, dass sich das betreffende Medium damit brüste, «Zugang zu einer grossen Anzahl von Dokumenten und E-Mails zu haben, die Teil der Barçagate-Untersuchung sind» (Anm.d.Red.: Bei «Barcagate» wird Bartomeu beschuldigt, eine PR-Firma heimlich für die Online-Arbeit des Vereins bezahlt zu haben – die notabene teilweise gegen die eigenen Spieler hetzte).
Die illegal veröffentlichten Dokumente seien «ein Affront gegen den Ruf und die Integrität des Klubs». Man behalte sich deshalb rechtliche Massnahmen vor, heisst es in der Mitteilung.