Kaum ein Unternehmen war im Schweizer Fussball-Sponsoring-Geschäft so breit aufgestellt wie die Credit Suisse. Was bedeutet die Übernahme jetzt für die Liga und die Nati? Ein Experte schätzt ein.
Man kann der Credit Suisse in den letzten Monaten und vielleicht sogar Jahren vieles vorwerfen, nicht aber ihre verlässliche Partnerschaft in der Sportwelt. Auch in den schwierigen Coronajahren profitierten zahlreiche Athleten, Veranstalter und Verbände noch von Millionensummen und konnten sich damit über Wasser halten.
Als die Welt 2020 einer ungewissen Zukunft entgegenblickte, trat die CS als Titelsponsorin der Schweizer Fussball-Liga ein. Ein Engagement, das sich die Grossbank rund 32 Millionen Franken über fünf Jahre kosten liessen. Und auch bei Roger Federer demonstrierte die Grossbank trotz seines Rücktritts Solidarität. «Langjährige und nachhaltige Engagements stehen bei uns im Vordergrund», sagte eine Sprecherin damals. «Die Partnerschaft zwischen Roger Federer und der Credit Suisse ist langfristig ausgelegt und wird über seine Tenniskarriere hinaus bestehen.»
Den schlimmstmöglichen Fall verhindert
Dieses Versprechen steht nun auf wackligen Beinen. Nicht nur im Fall der Schweizer Fussball-Liga und Roger Federer. Schliesslich engagierte sich die CS auch tatkräftig im Breitensport und unterstützt schon seit Jahrzehnten die Fussball-Nationalmannschaften der Männer und der Frauen bis tief in die Nachwuchsabteilungen. Und mit der Stiftung Schweizer Sporthilfe wurden auch Athlet*innnen in Randsportarten gefördert.
Mit dem schlimmstmöglichen Fall sind die Sportler jetzt zum Glück nicht konfrontiert. Bei einer Insolvenz hätte man davon ausgehen müssen, dass die Verträge abrupt geendet hätten. Die Ansprüche der Verbände und Vereine wären weit unten auf der Liste der Finanzabwicklungen gestanden.
Durch die Übernahme ist die UBS nun aber juristisch verpflichtet, die bestehenden Kontrakte weiterzuführen. Das Geld fliesst weiter für eine bestimmte Übergangszeit. Trotzdem sind die Werbeträger mit unzähligen Fragen konfrontiert, die sich aktuell gar nicht so einfach beantworten lassen. Es geht um Ausstiegsklauseln, vor allem aber um Neuverhandlungen, bei welchen man sich von der UBS nicht dasselbe Engagement verspricht.
Eine Chance zur Image-Korrektur?
Zwar hat auch die UBS in der Sportwelt schon ihre Spuren hinterlassen. Diese beschränken sich aber primär auf die Leichtathletik-Szene wie Weltklasse Zürich oder Athletissima. Fussball wäre für die UBS quasi Neuland und trotzdem auch eine Chance, wie Christian Lang, Leiter Sportmanagement der Uni St. Gallen, findet.
«Gerade in einer Zeit, in der das Image des Schweizer Bankenplatzes etwas gelitten hat, kann es durchaus Sinn machen, mit einem solchen Sponsoring das Vertrauen in die Marke und die gesamte Branche wieder zu stärken», so Lang zu blue Sport. Auch weil die CS in der Schweizer Sportlandschaft einen sehr guten Ruf als verlässliche Partnerin hatte. Natürlich müsse das Sponsoring aber trotzdem irgendwie ins Portfolio passen. Wie die UBS die Situation abwägt, kann auch Lang nur erahnen, er geht aber davon aus, dass die UBS das Engagement jetzt erst einmal weiterführt.
Wer könnte ein möglicher Nachfolger sein?
Letzten Endes braucht es gemäss Lang für eine «Zukunft aber auch Herkunft». Und diesbezüglich verbindet man Fussball eben doch eher mit der CS. Lang: «Ob die UBS oder eine andere Nachfolgeorganisation aktiv in diese Assoziation investieren möchte, ist sehr fraglich.» Daher ist der Fussball-Verband wohl nicht schlecht beraten, sich nach neuen Sponsoren umzuhören. «Allzu wählerisch darf man dabei im Moment wohl nicht sein», glaubt Lang. Dass sich ein anderer Grosskonzern für ein Sponsoring finden lässt, hält er aber für durchaus realistisch. «Vielleicht auch ein Unternehmen wie Swissquote.»
Generell sei die CS-Übernahme vielleicht auch ein Weckruf an das gesamte Sport-Sponsoring. Viel zu lange seien Partnerschaften in der Sportwelt entstanden, weil die Geschäftsführer mit irgendwelchen Veranstaltern oder Klubs verbandelt waren. «Hier macht es Sinn, sich von diesen emotionalen Entscheiden zu lösen und ein Engagement anzustreben, das am Ende auch den Kunden einen Mehrwert bietet.»
Wenn aus der Credit Suisse Super League jetzt die UBS Super League wird, ist das aus Sicht von Lang gut und recht. Wirklich spürbar wird sie deswegen aber noch nicht. Aktuell ist das aber wahrscheinlich auch nicht die grösste Sorge der neuen Mega-Bank.