Die Aufwärtskurve von João Cancelo zeigte bei Manchester City lange nur in eine Richtung: nach oben. Nun wechselt der Portugiese zu Bayern München. Der Grund für die überraschende Flucht soll ein Zerwürfnis mit Pep Guardiola sein.
Cancelo kam 2019 für 65 Millionen Euro von Juventus Turin zu Manchester City, während Danilo für 37 Millionen Euro den umgekehrten Weg einschlug. Der Plan: Der portugiesische Nationalspieler sollte sich auf der rechten Abwehrseite ein Duell mit Kyle Walker liefern.
Einen richtigen Konkurrenzkampf gab es danach lange nicht. Walker gab seinen Platz nicht her und blieb unumstrittener Stammspieler, während für den «teuersten Rechtsverteidiger der Welt» nur die ungeliebte Rolle als Ersatz blieb. In der lokalen Presse sprach man danach von einem Flop und spekulierte ein halbes Jahr später bereits wieder mit seinem Abgang.
Cancelo, dessen Fussball-Karriere aufgrund eines Schicksalsschlags einst am seidenen Faden hing – 2013 kam seine Mutter bei einem Autounfall ums Leben. Der damals 18-jährige Cancelo und sein jüngerer Bruder, er spielt heute im Nachwuchs von CS Marítimo – schliefen im Auto und wurden nur leicht verletzt, strafte aber alle seine Kritiker Lügen und mutierte zum unumstrittenen Stammspieler unter Pep Guardiola.
Kein Spieler stand letzte Saison mehr auf dem Platz – in wettbewerbsübergreifend 52 von 58 Partien kam der Portugiese zum Einsatz. Cancelo machte dabei nicht nur hinten dicht, sondern sorgte im linken Couloir auch offensiv für viel Power (und Skorerpunkte).
Auch in der aktuellen Spielzeit war Cancelo unter Pep Guardiola gesetzt. Mit der portugiesischen Nationalmannschaft ging es danach ab nach Katar. Nach den drei Gruppenspielen verbannte Coach Fernando Santos neben Cristiano Ronaldo auch Cancelo auf die Bank – im Viertelfinal gegen Marokko blieb es bei einem Teileinsatz.
Das angekratzte Selbstvertrauen nach dem missglückten WM-Abenteuer nahm Cancelo offenbar auch mit in den Klub. Seit seiner Rückkehr stand er nur in drei von zehn Spielen in der Startelf. Auf den Aussenpositionen kamen oft der gelernte Innenverteidiger Nathan Aké und das 18-jährige Talent Rico Lewis zum Zug (Kyle Walker laborierte lange an einer Leistenverletzung).
Im Vorfeld des FA-Spiels gegen Arsenal am letzten Freitag eskalierte gemäss einem Bericht der «Daily Mail» die Situation. Nachdem Guardiola Cancelo mitgeteilt haben soll, ihn im Kracher gegen die Gunners erneut nicht starten zu lassen, habe der bisherige Muster-Profi sich auf dem Trainingsgelände heftig mit dem Spanier gestritten.
Als Konsequenz des Disputs pochte Cancelo offenbar danach auf einen raschen Abgang. Als der 28-Jährige mit einem Angebot von Bayern in der Tasche bei den Citizens aufwartete, gab der Klub trotz eines laufenden Vertrags bis 2027 grünes Licht.
Der Wechsel soll zuerst leihweise über die Bühne gehen, danach können die Münchner im Sommer eine Kaufoption in Höhe von 70 Millionen Euro ziehen. Auf Instagram verabschiedete sich der Portugiese schon mal von City.
Guardiola ist dafür bereit, ohne Cancelo-Ersatz in die zweite Saisonhälfte zu steigen, zumal intern mit dem 22-jährigen Sergio Gomez sowie Aymeric Laporte zwei weitere Kandidaten auf der linken Abwehrseite spielen können. Theoretisch hat man mit Benjamin Mendy gar noch einen weiteren Profi mit dem gewünschten Profil im Kader. Der Franzose bleibt aber weiterhin suspendiert, obwohl ihn kürzlich ein Gericht in mehreren Fällen vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen hat. Am 26. Juni steht dazu ein neuer Prozess an, Mendys Vertrag läuft wenige Tage später bei den Citizens aus.
Ein Thema bei City im Sommer könnte dafür Chelseas Ben Chilwell werden. Der derzeit verletzte englische Nationalspieler hat bei den Blues aktuell Marc Cucurella vor der Nase.
Guardiola: «Spielt wie Philipp Lahm»
Der Bruch von Cancelo und Guardiola ist aus fussballerischer Sicht zu bedauern. Der Spanier verglich seinen einstigen Lieblingsschüler gar mit Philipp Lahm. Dieser sei für ihn in der Position zwischen Aussenverteidiger und defensivem Mittelfeld der beste Spieler gewesen, den er je gesehen hatte, betonte der 52-Jährige einst. Cancelo habe die gleiche Qualität und könne ebenso auf beiden Seiten spielen.
Ausserdem sei Cancelo privat «ein lustiger Typ», hielt Guardiola fest. «Er wird nicht nur von den Spielern, sondern auch von allen Mitarbeitern geliebt.» Diese Worte dürften wohl der Vergangenheit angehören. Zumindest aus der Perspektive des wichtigsten Mitarbeiters des Klubs.