Bei Chelsea entlassen Frank Lampard: Vom Helden zur Null innert sieben Wochen

Von Jan Arnet

25.1.2021

Frank Lampard ist nicht mehr Chelsea-Trainer.
Frank Lampard ist nicht mehr Chelsea-Trainer.
Bild: Getty

Chelsea reagiert auf die aktuelle Baisse und entlässt Trainer Frank Lampard. Obwohl dieser vor wenigen Wochen noch mit Lob überschüttet wurde. Ein Entscheid, der für viel Kopfschütteln sorgt.

Es ist der 5. Dezember, der 11. Spieltag in der Premier League. Chelsea fährt zuhause gegen Leeds United einen 3:1-Sieg ein und übernimmt vorübergehend die Tabellenführung. Nach einem mässigen Saisonstart scheinen die «Blues», die im Sommer durch Kai Havertz (80 Millionen Euro), Timo Werner (53 Mio.), Ben Chilwell (50 Mio.), Hakim Zyiech (40 Mio.), Edouard Mendy (24 Mio.) und Thiago Silva (ablösefrei) verstärkt wurden, auf eine rosige Zukunft loszustürmen. 

«Wenn ich momentan die Spiele gucke, dann sieht Chelsea für mich wie der Favorit aus», sagt Jürgen Klopp, Trainer von Titelverteidiger Liverpool, tags darauf und nennt die Londoner damit als heissesten Anwärter auf die Meisterschaft. Schliesslich hat sich Chelsea auch gerade souverän den Gruppensieg in der Champions League geholt und steht in den Achtelfinals.

Dass Frank Lampard sieben Wochen später entlassen wird, hätte zu diesem Zeitpunkt wohl keiner erwartet. Schliesslich wurde die Chelsea-Legende seit Amtsübernahme im Sommer 2019 stets mit viel Lob eingedeckt. Und das zurecht. Lampard führte die «Blues» gleich in seiner ersten Saison in die Champions League – obwohl der Klub wegen einer Sperre keine Transfers tätigen konnte und den Abgang von Superstar Eden Hazard zu verkraften hatte.



Vom Helden zur Null innert weniger Wochen

Doch die Resultate stimmen nach dem Klopp-Lob nicht mehr. Chelsea kann von den folgenden acht Ligaspielen nur deren zwei gewinnen. Nach dem 0:2 zuhause gegen Leicester rutschen die Londoner auf Rang 9 ab. Auf die Champions-League-Plätze fehlen zwar nur fünf Punkte. «Die jüngsten Ergebnisse und Leistungen entsprechen jedoch nicht unseren Erwartungen, so dass der Klub ohne klaren Weg zu einer nachhaltigen Verbesserung im Mittelfeld der Tabelle bleibt», erklärt Chelsea die Entlassung des Trainers.

Der Sieg am Wochenende im FA Cup (3:1 gegen Luton) hilft Lampard genauso wenig wie sein Status als Klublegende. Einmal mehr wird einem Trainer aufgezeigt, wie wenig es braucht und wie schnell es gehen kann, um vom grossen Hoffnungsträger zur Persona non grata zu werden. Letztlich sind wohl auch die teuren Neuzugänge mitverantwortlich, dass das Vertrauen in Lampard flöten ging. Werner und Havertz konnten ihren hohen Preis bislang nicht rechtfertigen und auch Zyiech hat noch nicht eingeschlagen. 

Englands Fussball-Legenden Gary Lineker und Michael Owen reagieren mit Kopfschütteln auf Lampards Entlassung. «Das ist äusserst lächerlich nach seinem ersten schlechten Lauf», twittert Lineker. Es brauche immer Zeit, so vielen Neuzugängen den Weg ins neue Team zu zeigen. «Geduld als Tugend wird in diesem Sport selten anerkannt. Sie lernen es nie.»

Owen bezeichnet den Rauswurf als «Wahnsinn» und «unglaubliche Entscheidung», nachdem Lampard das Team letzte Saison «entgegen aller Erwartungen in die Top 4 geführt und sich nun beeindruckend für die K.o-Runde der Champions League qualifiziert hat». Schockieren würde ihn die Entlassung aber nicht, so Owen weiter: «Weil es bei Chelsea schon immer so war. Es gibt eine mächtige Umkleidekabine mit Botschaften der Unzufriedenheit, die regelmässig in die Vorstandsetage durchsickern. Manche Dinge ändern sich nie.»

Tuchel soll Lampard beerben

Auch Gary Neville zeigt sich wenig überrascht von der Entscheidung der «Blues». «Es ist Chelsea. Da wird alle 12 bis 18 Monate der Trainer gewechselt, wenn die Dinge nicht so laufen wie sie sollen», so Neville, der auch Lampards Nachfolger keine lange Amtszeit prognostiziert, gegenüber «Sky». Laut dem TV-Sender soll Thomas Tuchel in London übernehmen. Neville: «Tuchel wird genau den gleichen Regeln ausgesetzt sein wie Frank, und wir werden in 18 Monaten oder zwei Jahren dasselbe über ihn sagen.»

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