Wenn das bloss mal nicht ins Auge geht. Mit der Goaliefrage konfrontiert, will sich BVB-Coach Lucien Favre an der Pressekonferenz vor dem Revierderby partout nicht festlegen. Was ist da los in Dortmund?
Seit seinem Wechsel im Sommer 2015 ist Roman Bürki beim BVB die Nummer eins. Wehte ihm zu Beginn noch ein rauer Wind entgegen («Bürki wie ein Gürki»), so ist er längst unumstritten. Erst kürzlich verlängerte er frühzeitig seinen Vertrag bis Ende Juni 2023. Und nun dies: Sowohl gegen Hoffenheim als auch gegen Lazio Rom sass er zuletzt zweimal nur auf der Bank. An seiner Stelle spielte Marwin Hitz.
Gefundenes Fressen für Medienschaffende, eine Goaliediskussion zu entfachen. Und Lucien Favre? Anstatt mit dem Wasserwerfer das Feuer zu löschen, giesst er weiter Öl ins Feuer. Damit bietet er seinen Kritikern ordentlich Angriffsfläche. Dabei hätte der BVB-Coach gute Argumente, die Nichteinsätze von Bürki zu begründen.
Gesundheitliche Probleme bei Bürki
Das erste Pflichtspiel der Saison verpasst Bürki wegen Hüftproblemen, dann steht er zweimal im Kasten, ehe ihn ein Infekt ausser Gefecht setzt. Nach der Nationalmannschaftspause ist der 29-Jährige immer noch nicht zu hundert Prozent fit und sitzt deshalb gegen Hoffenheim auf der Bank. Unter der Woche in der Champions League gegen Lazio Rom setzt Favre erneut auf Hitz. Und schon brennt der Baum.
Denn an der Pressekonferenz vor dem Revierderby lässt Favre offen, wer am Samstag gegen Schalke im Tor stehen wird. «Ich habe das immer erklärt. Wir sehen das übermorgen, mehr kann ich momentan nicht sagen.» Auf Nachfrage, ob es an der Leistung oder der Gesundheit Bürkis liege, erklärt Favre, dass Bürki krank und verletzt war. Er sagt aber auch: «Marwin hat das auch gut gemacht. Es ist einfach so.»
In der Tat hat Dortmund mit Hitz im Tor sowohl die beiden Bundesliga-Spiele als auch das Cup-Spiel zu Beginn der Saison zu null gewonnen. Nur im Supercup gegen Bayern (2:3) und in der Champions League gegen Lazio (1:3) musste er hinter sich greifen. Nur bei einem dieser sechs Gegentreffer machte Hitz nicht die beste Falle (Video weiter unten). Dem gegenüber steht die eine oder andere Parade.
Angenommen, Favre spielt nicht mit dem Gedanken, am Nummer-eins-Status von Bürki zu rütteln, hätte er einfach sagen müssen: «Wir geben Bürki die nötige Zeit, sich gänzlich zu erholen. Denn mit Hitz haben wir einen starken Ersatz.» Die Goalie-Diskussion wäre vom Tisch gewesen. Weil er das nicht tut, droht er einmal mehr, von einer Welle der Kritik überrollt zu werden. Denn sollte Hitz spielen und sich auch nur den kleinsten Fehler erlauben, dann wäre es das grosse Thema. Sollte es dann gegen die in den letzten Monaten meist desolat aufspielenden Schalker auch noch eine Niederlage absetzen, dann wird die Luft für Favre wohl tatsächlich dünn.