Neuer Ronaldo?Bruno Fernandes macht Manchester United unschlagbar
Von Patrick Lämmle
2.7.2020
Seit der Verpflichtung von Bruno Fernandes im Januar beeindruckt Manchester United auf ganzer Linie. Seit der Portugiese im Mittelfeld die Fäden zieht, haben die Red Devils kein einziges Spiel mehr verloren.
Fussball ist ein Mannschaftssport und dennoch können einzelne Spieler den Unterschied ausmachen. Bruno Fernandes scheint eines dieser raren Exemplare zu sein. Seit Fernandes Ende Januar für 55 Millionen Euro (inklusive Boni bis zu 80 Mio. Euro) von Sporting Lissabon zu ManUtd stiess, ging keine einzige Partie verloren. In seinen acht Ligaspielen hat Fernandes bereits fünf Tore erzielt und drei weitere vorbereitet. In der Europa League steht ManUtd nach dem 5:0 im Hinspiel auswärts bei LASK so gut wie im Viertelfinal und im FA Cup machte man vergangene Woche den Halbfinaleinzug perfekt. Der Portugiese hat grossen Anteil am Höhenflug.
Fernandes hat es nicht nur auf Anhieb in die Startelf geschafft, er hat auch die Herzen der Fans im Sturm erobert. «Bruno, Bruno, Bruno! Came from Sporting like Cristiano. He goes left, he goes right, makes defences look shite. He’s our Portuguese magnifico!» sangen die ManUtd-Anhänger bereits vor der Corona-Pause. Darauf angesprochen reagiert er zwar verlegen, dass er die Textzeile sehr wohl kennt, beweist er dann aber mit einer kleinen Gesangseinlage. Ja, auch Cristiano Ronaldo wechselte einst von Sporting Lissabon zu Manchester United und entwickelte sich dort zwischen 2003 und 2009 vom Talent zum Superstar.
Was zeichnet den 25-jährigen Portugiesen aus?
Ist er wirklich ein «neuer» Cristiano Ronaldo? Tatsächlich scheint es einige Parallelen zu geben, auch in Bezug auf die Charaktereigenschaften. So soll Fernandes nach seiner Vertragsunterzeichnung etwa einen Fitnesstrainer des neuen Vereins um eine kleine individuelle Trainingseinheit gebeten haben. Topfit soll er gewesen sein – und dies am Ende eines langen und aufregenden Tages. Aber auch in Sachen Skorerpunkte muss sich Ronaldos Nationalmannschaftskollege nicht verstecken.
In Lissabon erzielte Fernandes in 137 Spielen 63 Tore und bereitete 52 vor, in Manchester bewegt er sich bereits in ähnlichen Sphären. Fernandes ist aber weit mehr als (bloss) ein offensiver Mittelfeldspieler mit überragenden Skorerqualitäten. Der 25-Jährige ist ein geborener Leader. Er ist einer, der Missstände gnadenlos anspricht. Bei ihm hat das nichts Divenhaftes, denn er geht mit gutem Beispiel voran, arbeitet hart an sich und reisst die Mitspieler mit.
Trainer Ole Gunnar Solskjaer lobte den Portugiesen kürzlich für dessen Einsatz und die Bereitschaft, Risiken einzugehen. Fernandes habe den Mut, Fehler zu machen, so Solskjaer – glücklich darüber, dass es ein Ungleichgewicht zwischen genialen Aktionen und Fehlern gibt. Denn Fernandes weiss den Ball zu behaupten und ist äussert passsicher. Gepaart mit seiner Kreativität ist er so stets in der Lage, mit einem Geistesblitz ein Spiel zu entscheiden.
ManUtd nimmt Kurs auf die Champions League
Aktuell ist Manchester United im fünften Rang klassiert, punktgleich mit den ebenfalls stark aufspielenden Wolverhampton Wanderers (6.), aber nur zwei Punkte hinter Chelsea, respektive drei hinter dem schwächelnden Leicester City. Sollte die Champions-League-Sperre gegen das zweitklassierte Manchester City Bestand halten, dann würde ManUtd auch Platz fünf zur Teilnahme an der Königsklasse berechtigen. Der Weg könnte auch über die Europa League führen, dafür müsste man den Wettbewerb gewinnen. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn mit Fernandes hat ManUtd bekanntlich noch kein Spiel verloren …
Fernandes und die Nationalmannschaft
Bloss in der Nationalmannschaft konnte der 25-jährige Rechtsfuss bislang noch nicht sein ganzes Potenzial ausschöpfen. 2017 debütierte er für Portugal, seither kommt er auf 19 Einsätze. Stammspieler ist er erst seit dem Final-Four-Turnier im vergangenen Jahr, das die Portugiesen gewinnen konnten. In der folgenden EM-Quali stand er in fünf von sechs Spielen in der Startelf. Und sie ahnen es, nur ein Spiel ging verloren, jenes gegen die Ukraine, in dem Fernandes zunächst auf der Bank sass und beim Stand von 0:2 eingewechselt wurde, Endstand 1:2. Noch ist Fernandes kein Ronaldo, er ist aber auf bestem Weg, dereinst in die Fussstapfen des 35-Jährigen zu treten.