Nach dieser peinlichen 1:6-Pleite im Achtelfinal gegen Portugal gibt es wenig überraschend einige Baustellen zu beleuchten. Die Nati-Spieler in der Einzelkritik.
Bewertungsschlüssel
6 Sackstark
5 Gut
4 Genügend
3 Schwach
2 Sehr schwach
1 Unterirdisch
Torhüter
Torhüter
Yann Sommer
Sommer, der gegen Serbien krank passen musste, steht wieder zwischen den Pfosten. Als er in der 7. Minute in aller Seelenruhe mit Xhaka hinten raus kombiniert, da wird uns warm ums Herz. Doch dann schlägt es in der 17. Minute ein erstes Mal hinter ihm ein, in der 33. Minute ein zweites Mal. In der 43. Minute verhindert mit einer bärenstarken Parade das 0:3 und hält die Schweiz vermeintlich im Spiel. In der zweiten Halbzeit kassiert er vier weitere Gegentreffer und doch wird niemand auf die Idee kommen, Sommer die Schuld an der Niederlage zu geben.
Verteidiger
Rechter Aussenverteidiger
Edimilson Fernandes
Fernandes rückt für den erkrankten Widmer in die Startelf. Und er tut sich richtig schwer, sein Stellungsspiel lässt zu wünschen übrig. Besonders ärgerlich ist aber sein Verhalten vor dem 0:2, denn das hat rein gar nichts damit zu tun, ob er auf seiner bevorzugten Position spielt oder nicht. Beim Eckball lässt er Pepe einfach ziehen und schon schlägt es ein. Ein Lichtblick ist seine gefährliche Hereingabe in der 38. Minute, doch das ist dann zu wenig, um uns glücklich zu stimmen.
Innenverteidiger
Fabian Schär
Etwas überraschend steht Fabian Schär in der Startelf. Überraschend deshalb, weil Elvedi wieder fit ist und Schär am Wochenende wegen einer Erkältung ein Training sausen lassen musste. Aber klar, gegen Serbien hat er seine Sache gut gemacht – und dann spielt er in der 11. Minute ja auch noch diesen herrlichen Diagonalball auf Fernandes, ein Markenzeichen von Schär.
Doch danach geht es steil bergab. Beim 0:1 steht er nicht nah genug bei Torschütze Ramos (Video unten), ein paar Minuten später steht er erneut im Schilf. Seine Rettungstat mit dem Kopf in der 32. Minute ist zwar toll, doch nach der folgenden Ecke trifft Portugal trotzdem. Kurz vor der Pause kassiert Schär noch eine Gelbe Karte und kehrt nach dem Pausentee nicht zurück aufs Feld.
Innenverteidiger
Manuel Akanji
Zumindest in den Startminuten zeigt Akanji, was ihn auszeichnet. In der 3. Minute antizipiert er goldrichtig und luchst dem Portugiesen den Ball ab, in der 9. Minute umdribbelt er stilsicher den Gegenspieler und passt ins Mittelfeld. Wenn die gegnerische Mannschaft sechs Tore schiesst, dann kannst du als Innenverteidiger aber kaum alles richtig gemacht haben. Aber Akanji ist einer der wenigen, die an diesem vermaledeiten Dienstagabend einigermassen auf der Höhe sind. Und so dürfte es auch kein Zufall sein, dass ausgerechnet er nach einer Ecke goldrichtig steht und auf 1:4 verkürzt.
Linker Aussenverteidiger
Ricardo Rodriguez
Gegen Serbien hat Rodriguez einen starken Auftritt hingelegt und die Offensive belebt wie lange nicht mehr. Gegen Portugal ist davon nichts zu sehen, erst nach dem Pausentee tritt er zwei-, dreimal auch in der gegnerischen Platzhälfte in Erscheinung. In der Defensive erledigt er seinen Job aber gar nicht mal so schlecht. In der 17. Minute klärt er in höchster Not und bei den Gegentoren steht er eigentlich nie im Epizentrum.
Mittelfeldspieler
Zentraler Mittelfeldspieler
Remo Freuler
Freuler unterlaufen zu viele Fehlpässe, er kommt oft einen Schritt zu spät und zieht bei umkämpften Bällen meist den Kürzeren. In der 39. Minute wird sein Kopfball noch vor der Linie geklärt. Immerhin eine Szene, die unseren Puls in die Höhe schnellen liess und uns an eine mögliche Wende glauben liess. Es kam dann bekanntlich anders. In der 54. Minute wird Freuler ausgewechselt.
Zentraler Mittelfeldspieler
Granit Xhaka
Auch vom Captain kommt in diesem ach so wichtigen Spiel viel zu wenig. Dass er beim Stand von 1:5 in der Nachspielzeit nicht mehr mit letzter Konsequenz verteidigt, das kann man ihm verzeihen. Es gelingt ihm aber nie, die Kontrolle zu übernehmen und das Spiel zu dirigieren. Auch schafft er es nicht, das Mittelfeld zusammenzuhalten – Mal für Mal rollt eine portugiesische Lawine auf die bemitleidenswerten Abwehrspieler zu.
Zentraler Mittelfeldspieler
Djibril Sow
Sow lamentiert in der 17. Minute, dass der Schiedsrichter nicht auf Foul entscheidet und stattdessen die Portugiesen einen Einwurf kriegen. Die führen diesen schnell aus und schon schlägt es hinten ein. Sow tut sich, so wie seine Mittelfeldkollegen auch, schwer ins Spiel reinzufinden. Vielleicht auch deshalb, weil das System umgestellt wurde und die Automatismen nicht mehr greifen. Zwar gewinnt er die Hälfte seiner Zweikämpfe und trägt dem Ball Sorge, allerdings hat er den nicht allzu oft in den Füssen. Schön ist seine sanfte Kopfballverlängerung auf Fernandes in der 38. Minute. In der 54. Minute wird Sow ausgewechselt, für ihn kommt mit Haris Seferovic ein Vollblutstürmer.
Angreifer
Rechter Flügel
Xherdan Shaqiri
Shaqiri spielt in der ersten Halbzeit überall. Mal ist er am rechten Flügel anzutreffen, mal am linken, mal in der Sturmspitze, mal im zentralen Mittelfeld. Er scheint vom Coach alle Freiheiten zu bekommen für dieses Spiel, doch er kann davon nicht profitieren und sich kaum einmal in Szene setzen. So ist seine gefährlichste Aktion dann auch ein Freistoss aus rund 30 Metern. Immerhin glückt der Schweiz nach einem Shaqiri-Eckball, den Pepe noch mit dem Kopf verlängert, der Ehrentreffer.
Mittelstürmer
Breel Embolo
Embolo kämpft unermüdlich und hat einige gute Aktionen, auch wenn es nie wirklich gefährlich wird. Sein Schuss in der 5. Minute wird zur Ecke geklärt und sein Fallrückzieher in der 80. segelt weit am Tor vorbei. Aber Embolo powert und er wird auch immer genau dann gefoult, wenn er mal Fahrt aufnimmt. Die Portugiesen verstehen es hervorragend, die Gefahr im Keim zu ersticken. Embolo verlässt den Platz in der 89. Minute beim Stand von 1:5.
Linker Flügel
Ruben Vargas
Vargas kommt nie richtig ins Spiel, bleibt oft an den Gegenspielern hängen. Der arme Kerl weist denn auch die schlechteste Zweikampfquote aller Spieler auf dem Platz auf, dabei hat er doch ein riesiges Kämpferherz. In der 51. Minute wird er vor dem dritten Gegentreffer im eigenen Sechzehner stehen gelassen und kann die Hereingabe auch mit einem Tackling nicht mehr verhindern. In der 64. Minute wird Vargas beim Stand von 1:4 ausgewechselt.
Eingewechselte Spieler
Ab 46. Minute für Schär
Eray Cömert
In der 50. Minute verpassen die Portugiesen der Schweiz mit dem 3:0 den K.o-Schlag. Cömert sieht dabei leider nicht gut aus, steht er doch nicht nah genug bei Ramos. Es gibt noch weitere brenzlige Situationen, bei denen Cömert eine unglückliche Figur abgibt, wobei die Schweizer gegen Portugal oft auch schlichtweg im Kollektiv versagen. In der 59. Minute sieht Cömert noch den gelben Karton.
Ab 54. Minute für Freuler
Denis Zakaria
Kaum auf dem Platz schiesst Portugal das 4:0. Ja, nach der Einwechslung Zakarias wird das Spiel der Schweizer weder besser noch schlechter. In der 70. Minute zieht er einfach mal aus der Distanz aus und holt immerhin einen Eckball heraus.
Ab 54. Minute für Sow
Haris Seferovic
Seferovic kommt zeitgleich mit Zakaria ins Spiel und soll dafür sorgen, dass die Schweiz noch die wundersame Wende schafft. Doch das Spiel läuft komplett an Seferovic vorbei, er kommt gerade mal auf acht Ballkontakte. Aber auch mit einem Haris Seferovic in überragender Form hätte die Schweiz das Spiel kaum noch gedreht.
Ab 66. Minute für Vargas
Noah Okafor
Wir verschonen Okafor vor einer Benotung. Er kommt beim Stand von 1:4 ins Spiel, eine Minute später steht es 1:5. Danach ist die Luft endgültig draussen, fast ein Ding der Unmöglichkeit da noch etwas zu bewirken.
Ab 89. Minute für Embolo
Ardon Jashari
Jashari darf beim Stand von 1:5 rein und so immerhin noch ein paar WM-Minuten als Spieler auf dem Platz erleben. Das hat wahrscheinlich nicht wahnsinnig viel Spass gemacht, zumal die Schweiz in der Nachspielzeit noch einen Gegentreffer kassiert, und trotzdem ist es eine schöne Geste von Trainer Murat Yakin, dass er dem 20-Jährigen immerhin noch das WM-Debüt ermöglicht.