Die Schweiz eliminiert Weltmeister und EM-Topfavorit Frankreich und steht sensationell im Viertelfinal. Es ist ein Sieg für die Geschichtsbücher und ein Spiel, an das sich jeder Nati-Fan noch Jahre erinnern wird. Mehr Drama geht nicht.
Bewertungsschlüssel
6 Sackstark
5 Gut
4 Genügend
3 Schwach
2 Sehr schwach
1 Unterirdisch
Torhüter
Torhüter
Yann Sommer
Sommer hält den alles entscheidenden Penalty von Superstar Kylian Mbappé und hext die Schweiz ins Viertelfinale. «Ich bin mega stolz auf die Mannschaft», sagt er nach dem Spiel. Und wir sind mega stolz auf dich. Bereits in der Verlängerung zeigt er zwei richtig starke Paraden, bei den Gegentreffern ist er machtlos. Ein Sommer-Märchen halt. Und bestimmt hat auch sein Baby zu Hause ordentlich rumgeschrien bei Papas Paraden …
Verteidiger
Innenverteidiger (rechts)
Nico Elvedi
Dass die Franzosen zur einen oder anderen Chance kommen werden, das war klar. Aber über weite Strecken ist Elvedi, der es oft mit dem pfeilschnellen Mbappé zu tun bekommt, Herr der Lage. Obwohl er bereits in der 32. Minute Gelb sieht, wirkt er nicht gehemmt und geht weiter in die Zweikämpfe. Ein starker Auftritt von Elvedi.
Innenverteidiger
Manuel Akanji
Akanji gewinnt viele Zweikämpfe und strahlt Souveränität aus. In der 108. Minute mäht er Paul Pogba um und sieht dafür Gelb. Er ist der dritte Penaltyschütze der Schweiz, läuft an, hüpft und verlädt Hugo Lloris. Er ist übrigens der einzige Schweizer Penaltyschütze, der über die volle Distanz auf dem Platz steht – Gavranovic, Schär, Vargas und Mehmedi wurden erst im Verlauf des Spiels eingewechselt.
Innenverteidiger (links)
Ricardo Rodriguez
Es ist der falsche Moment, um einen Spieler in die Pfanne zu hauen. Fussballspiele gewinnt und verliert man als Team. Aber sein in der 55. Minute verschossene Elfmeter hat die Schweizer in eine Schockstarre versetzt. Statt 2:0 steht es vier Minuten später 2:1 für Frankreich. In der 87. Minute wird er ausgewechselt.
Mittelfeldspieler
Rechter Aussenläufer
Silvan Widmer
Widmer muss viel nach hinten arbeiten, steht dabei auch das eine oder andere Mal etwas im Schilf. Aber gegen die Weltstars aus Frankreich lässt sich das kaum vermeiden. Kämpferisch wie all seine Teamkollegen makellos. In der 69. Minute hat er Glück, dass er nach einem Missverständnis mit Sommer den Ball nicht ins eigene Tor köpft.
Zentraler Mittelfeldspieler
Remo Freuler
Wie so oft ist Freuler nicht der Mann, der aus der Masse heraussticht. Doch das ist auch seiner Rolle geschuldet, die er richtig gut ausfüllt. Löcher stopfen, Bälle erobern, einfache Pässe spielen. Und Griezmann dürfte noch eine Weile mit einem blauen Fleck herumlaufen.
Zentraler Mittelfeldspieler
Granit Xhaka
Xhaka macht ein starkes Spiel, kämpft um jeden Ball und sein Pass auf Gavranovic in der 90. Minute ist Weltklasse. Er tritt auf wie man es sich von einem Leader wünscht. Erstaunlich ist, dass er beim Penaltyschiessen nicht antritt, weil Erinnerungen an seinen verschossenen Elfer gegen Polen (EM-Achtelfinal 2016) hochkamen, wie er nach dem Spiel selbst sagt. Es zeigt aber auch, dass er seinen Teamkollegen vertraut und die Grösse hat, sich nicht um jeden Preis in den Vordergrund zu spielen. Schade, dass er in der 76. Minute Gelb für Meckern sieht, denn damit ist er im Viertelfinal gegen Spanien gesperrt.
Linker Aussenläufer
Steven Zuber
In der 6. Minute segeln ein paar Teamkollegen unter dem Ball durch, doch Zuber ist zur Stelle und verhindert so den möglichen Führungstreffer durch Benzema. Der 29-Jährige, der in der abgelaufenen Saison bei Frankfurt kaum zum Zug kam, setzt aber vor allem auch in der Offensive Akzente. Er geht ins Dribbling und provoziert so Fouls und nach den drei Assists gegen die Türkei kommt ein weiterer hinzu. Seine Flanke nach einem Übersteiger verwertet Seferovic in der 15. Minute eiskalt. Zuber ist es auch, der den Elfmeter herausholt, den Rodriguez verschiesst. In der 79. Minute macht er Platz für Fassnacht.
Angreifer
Stürmer (rechts)
Breel Embolo
Wenn Embolo den Turbo zündet, dann ist er oft nur noch mit einem Foul zu stoppen. In dieser «Disziplin» macht ihm so schnell keiner was vor. Dafür fehlt ihm oftmals noch der Killerinstinkt. Da legt er sich den Ball etwas zu weit vor oder kontrolliert ihn nicht gut genug und schon ist eine Torchance futsch. Aber einen Mitspieler wie Embolo hat man gerne im Team. In der 79. Minute wird er, wohl leicht angeschlagen, ausgewechselt.
Hängende Spitze
Xherdan Shaqiri
Ob die Franzosen alle Schweizer Nati-Spieler kennen, das wissen wir nicht. Dass sie auf Shaqiri aufpassen müssen, das war ihnen aber sehr wohl bewusst. Vielleicht kann er sich auch deshalb kaum entfalten. Aber hey, es muss ja nicht jedes Mal Shaqiri sein, der uns in einem schwierigen Spiel den Sieg schenkt. In der 73. Minute wird er beim Stand von 1:2 ausgewechselt. Vielleicht ist er ja dann im Viertelfinal wieder die ganz grosse Figur.
Stürmer (links)
Haris Seferovic
Wie schon gegen die Türkei eröffnet Seferovic das Skore. Und als kaum noch einer an ein Weiterkommen der Schweizer glaubt, da bringt er in der 81. Minute die Hoffnung mit seinem zweiten Kopfballtor an diesem Abend zurück. In der 97. Minute ist er platt – und weil inzwischen fast nur noch Offensivspieler auf dem Platz stehen, wechselt Petkovic für den Stürmer Seferovic Verteidiger Schär ein.
Eingewechselte Spieler
Ab 73. Minute für Widmer
Kevin Mbabu
Er kommt in der 73. Minute beim Stand von 1:2 für Widmer. Zack, und schon steht es 1:3. Doch Mbabu ist nicht gekommen, um zu verlieren. In der 81. Minute zirkelt er eine perfekt getimte Flanke zur Mitte und schon steht es 2:3. Hut ab auch, wie er in der 97. einen Ball erobert und dann den hochgelobten Kanté umkurvt – das haben in diesem Jahr noch nicht viele geschafft.
Ab 73. Minute für Shaqiri
Mario Gavranovic
Seine Einwechslung hat eine Systemumstellung zur Folge und zunächst scheint der Plan nicht aufzugehen – kaum auf dem Platz versetzen die Franzosen der Nati den vermeintlichen K.o.-Schlag. Denkste! In der 85. Minute schiesst er sich mit einem Abseitstor warm, um dann fünf Minuten später sensationell zum 3:3 einzunetzen. Herrlich wie er seinen Gegenspieler umkurvt und dann den Ball flach ins weite Eck spediert. Auch im Penaltyschiessen übernimmt er Verantwortung, tritt als erster Schütze an und verwandelt souverän.
Ab 79. Minute für Zuber
Christian Fassnacht
Ein Super-League-Spieler soll es richten, manch einer dürfte die Nase gerümpft haben. Und dann dies: Fassnacht erobert gegen Coman den Ball und passt auf den freistehenden Mbabu, der die Flanke zum 2:3 zur Mitte schlägt. Und Xhaka haben wir für seinen Pass vor dem 3:3 gelobt. Einen Ball, den der Captain nicht hätte spielen können, hätte Fassnacht zuvor nicht das «Spielgerät» erobert.
Ab 79. Minute für Embolo
Ruben Vargas
Vargas fügt sich gut ins Spiel ein und holt zwei Ecken heraus, vielleicht waren es auch mehr, aber auf alle Fälle zwingt er die Franzosen zu mehr Defensivarbeit als denen lieb ist. Aber auch hinten hilft er aus, so feiern wir selbst wenn er in der 112. Minute den Ball einfach wegspediert und wir kurz durchatmen können. Und der 22-Jährige übernimmt auch im Elfer-Krimi Verantwortung. Als vierter Schweizer Schütze läuft er an, Lloris ist noch dran, doch der Ball zappelt am Ende im Netz. So muss es sein.
Ab 87. Minute für Rodriguez
Admir Mehmedi
Drei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit kommt Mehmedi ins Spiel und kurz darauf darf er jubeln. In der Verlängerung fällt er weder gross auf noch ab, doch im Penaltyschiessen lastet ordentlich Druck auf seinen Schultern. Acht Spieler vor ihm haben getroffen, wenn er verschiesst, dann haben die Franzosen einen Matchball. Doch er trifft und schiebt den ganzen Druck auf Mbappé. Und der Weltstar zerbricht daran.
Ab 96. Minute für Seferovic
Fabian Schär
Schär kommt, um die Defensive zu stabilisieren. Und er kommt, um einen Penalty zu schiessen. Hätte er verschossen, man würde über den kurzen Anlauf meckern und könnte ihm eine gewisse Nonchalance vorwerfen. Aber weisst du was: Dieser Elfmeter ist einfach grossartig getreten. Trotz aller Euphorie bleiben wir unserer Linie treu und bewerten nur Spieler, die ein paar Minuten mehr abgespult haben als Schär.
Telegramm
Frankreich – Schweiz 3:3 (3:3, 0:1) n.V., 4:5 i.P.
Nationalstadion, Bukarest. – 22'642 Zuschauer. – SR Rapallini (ARG). – Tore: 15. Seferovic (Zuber) 0:1. 57. Benzema (Mbappé) 1:1. 59. Benzema (Griezmann) 2:1. 75. Pogba 3:1. 81. Seferovic (Mbabu) 3:2. 90. Gavranovic (Xhaka) 3:3. – Penaltyschiessen (Schweiz beginnend): Gavranovic 0:1, Pogba 1:1; Schär 1:2, Giroud 2:2; Akanji 2:3, Thuram 3:3; Vargas 3:4, Kimpembe 4:4; Mehmedi 4:5, Mbappé (Sommer hält).
Frankreich: Loris; Varane, Lenglet (46. Coman/111. Thuram), Kimpembe; Pavard, Kanté, Pogba, Rabiot; Griezmann (88. Sissoko); Benzema (94. Giroud), Mbappé.
Schweiz: Sommer; Elvedi, Akanji, Rodriguez (87. Mehmedi); Widmer (73. Mbabu), Freuler, Xhaka, Zuber (79. Fassnacht); Shaqiri (73. Gavranovic); Embolo (79. Vargas), Seferovic (97. Schär).
Bemerkungen: Frankreich ohne Dembélé, Digne und Koundé (alle verletzt). 55. Lloris hält Foulpenalty von Rodriguez. 85. Tor von Gavranovic wegen Offside aberkannt. 90. Lattenschuss Coman. Verwarnungen: 30. Varane (Foul). 32. Elvedi (Foul). 62. Rodriguez (Foul). 76. Xhaka (Reklamieren/im Viertelfinal gesperrt). 88. Coman (Unsportlichkeit). 91. Pavard (Foul). 108. Akanji (Foul).