Die Schweiz holt zum Auftakt gegen Wales einen Punkt – angesichts der Spielanteile und Torchancen zu wenig. Die Nati-Spieler in der Einzelkritik.
Bewertungsschlüssel
6 Sackstark
5 Gut
4 Genügend
3 Schwach
2 Sehr schwach
1 Unterirdisch
Torhüter
Torhüter
Yann Sommer
Der 32-Jährige lenkt in der 15. Minute den Kopfball von Kieffer Moore stark über die Querlatte. In der 74. Minute lässt der inzwischen mit Turban spielende Moore dem Schweizer Schlussmann keine Chance. Sommer wird im gesamten Spiel nur selten gefordert, löst die wenigen Aufgaben aber souverän.
Verteidiger
Innenverteidiger (rechts)
Nico Elvedi
Leistet sich keine Aussetzer, hält sich aber im Spielaufbau zurück und bleibt deshalb insgesamt unauffällig. Stark, wie er Sekunden vor Schluss das Duell an der Seitenlinie gegen Gareth Bale gewinnt und so eine möglicherweise letzte Wales-Chance im Keim erstickt.
Innenverteidiger
Fabian Schär
Schär hat seinen Glanzmoment, wird dafür aber nicht belohnt. In der 20. Minute scheitert er nach einer Ecke mit seinem Hackentrick am stark reagierenden Schlussmann. Zuvor und danach unterlaufen ihm aber zu viele Fehlpässe und beim Gegentor verliert Schär seinen Gegenspieler aus den Augen – prompt schlägt es ein. In der 30. Minute wird er für sein ungestümes Einsteigen gegen James verwarnt. Dass das Feintuning in vielen Situationen noch nicht stimmt, kann kaum überraschen, hat doch Schär in den letzten Monaten aufgrund einer Verletzung und einer beim Comeback eingehandelten Rotsperre kaum gespielt.
Innenverteidiger (links)
Manuel Akanji
Man sieht, dass der Dortmund-Söldner mit viel Selbstvertrauen in die Nati eingerückt ist. Ihm unterläuft kein einziger unnötiger Fehler, er antizipiert gut und gewinnt wichtige Zweikämpfe, so zum Beispiel in der 90. Minute gegen Bale. In der 61. Minute lenkt er ein Geschoss von Davies mit der Brust zur Ecke. Weiter so.
Mittelfeldspieler
Rechter Aussenläufer
Kevin Mbabu
Mbabu erhält den Vorzug gegenüber Widmer und er ist ein Aktivposten. Er traut sich etwas zu, geht auch Mal ins Eins-gegen-Eins und beschäftigt so seine Gegenspieler. Auch defensiv macht er einen ordentlichen Job. Leider bleibt auch die in der 52. Minute kläglich vergebene Torchance haften. Trifft Mbabu dort zum 2:0, es wäre wohl die Vorentscheidung gewesen. Wie Schär geht auch Mbabu gelb-vorbelastet ins Italien-Spiel.
Zentraler Mittelfeldspieler
Granit Xhaka
Der Nati-Captain trägt dem Ball viel Sorge und spielt kaum einen Fehlpass. Klar, er bevorzugt den Sicherheitspass, doch er versteht es auch das Spiel zu verlagern oder einen Ball in die Tiefe zu spielen. Für Gefahr im letzten Drittel sorgt er selbst aber nicht, sein einziger Abschlussversuch (24.) fliegt am Ziel vorbei. Vom Taktgeber hätte man sich aber auch erhofft, dass er ein bisschen mehr aufs Tempo drückt und seinen Mitspielern einheizt.
Zentraler Mittelfeldspieler
Remo Freuler
Freuler ist nur selten ein Spektakelspieler und wird deshalb oft unterschätzt. Auch gegen Wales fällt er kaum auf, das bedeutet aber nicht, dass er einen schlechten Job macht. Er stellt Räume zu und hält Mitspielern den Rücken frei. Typisch Freuler: Nach einer Schweizer Ecke kann Wales einen Konter lancieren, Sekunden später klärt der 29-Jährige als hinterster Mann, weil er die Situation früh erkennt und blitzschnell umschaltet. Eine Frage lässt sich nur schwer beantworten: War es wirklich nötig, dass er den Ball vor dem Gegentor zur Ecke köpft.
Linker Aussenläufer
Ricardo Rodriguez
Es gab grosse Fragezeichen, ob Rodriguez in der Stammelf stehen würde, hat er doch beim FC Turin in den letzten Monaten kaum einmal gespielt. Doch in der Nati ist er seit Jahren eine feste Grösse und deshalb erhält der 28-Jährige das Vertrauen. Defensiv lässt er sich nichts zuschulden kommen, doch in der Offensive läuft nur wenig über seine linke Seite. Hat Rodriguez in der gegnerischen Platzhälfte den Ball, dann wird es kaum gefährlich. Fast immer dreht er sich ab und spielt die Kugel hintenrum. Gerne hätte man gesehen, dass er auch mal einen Gegenspieler anläuft und versucht, den Ball zur Mitte zu bringen. «Safety first» ist gut und recht, aber den Unterschied machst du so nicht.
Angreifer
Rechter Stürmer
Breel Embolo
Kurz vor der Pause meldet sich der zuvor unauffällige Embolo zum Dienst und legt Seferovic den Ball pfannenfertig auf, doch der verfehlt das Ziel. Nach dem Pausentee explodiert er dann förmlich. In der 49. Minute tankt er sich gegen zwei Waliser unwiderstehlich durch und scheitert mit seinem Knaller am sensationell reagierenden Schlussmann. Doch den darauf folgenden Eckball zirkelt Shaqiri in Richtung Embolo, der entledigt sich seines Gegenspielers und nickt eiskalt zum 1:0 ein. Nur drei Minuten später nimmt er erneut Fahrt auf und spitzelt den Ball zu Mbabu, der die Topchance liegen lässt. Und der 24-Jährige powert einfach weiter, in der 65. schlenzt er den Ball nach einem Übersteiger haarscharf am rechten Pfosten vorbei. Danach lässt die Schweiz nach, das gilt aber nicht für Embolo, der in der 85. Minute Gavranovic (Tor vom VAR aberkannt) mit dem Kopf den Ball auflegt und in der 90. Minute wird sein Kopfball, wie bei seinem Treffer nach einer Ecke, vom Torhüter sackstark pariert.
Hängende Spitze
Xherdan Shaqiri
Das Genie im Schweizer Team hat sich die Geniestreiche hoffentlich für die kommenden Spiele aufbewahrt. Für seine Verhältnisse spielt er eine unauffällige Partie, doch eins muss man ihm lassen. All seine Eckbälle zirkelt er präzis und mit ordentlich Schmackes in die Gefahrenzone, so kommt Schär zu einem Topabschluss und Embolo zum Torerfolg. In der 66. Minute wird er beim Stand von 1:0 ausgewechselt, was ihm nicht zu schmecken scheint. Doch wir alle wissen, wie verletzungsanfällig Shaqiri ist, deshalb sollte man die Entscheidung Petkovics einfach akzeptieren und sich freuen, wenn der Liverpool-Bankdrücker auch in der nächsten Partie gegen Italien von Beginn an mitwirken kann.
Linker Stürmer
Haris Seferovic
In der ersten Halbzeit ist er der auffälligste Offensivspieler, doch leider hat er das Visier noch nicht richtig eingestellt. In der 27. Minute nimmt er den Ball mit dem Rücken zum Tor an und zirkelt ihn aus der Drehung knapp am Tor vorbei, eine starke Aktion. Auch bei seinem Distanzschuss mit dem schlechteren rechten Fuss fehlt ihm die letzte Präzision. Unmittelbar vor der Pause vergibt er dann auch seine dritte Torchance, aus bester Position verfehlt er das Ziel. Als hätte er Angst davor, noch weitere Chancen zu vergeben, taucht er in der zweiten Halbzeit völlig ab.
Eingewechselte Spieler
Ab 66. Minute für Shaqiri
Denis Zakaria
Wer das Spiel auf «SRF2» geschaut hat, der «weiss» jetzt, dass die Zakaria-Einwechslung der Anfang vom Ende war, dass der 24-Jährige vor dem Gegentor seinen Gegenspieler aus den Augen verloren hat. Doch in einer Wiederholung ist gut zu sehen, dass er sich vor der Ecke mit Schär abspricht und Zakaria eben nicht für Torschütze Moore zuständig ist. Auch kommt er in einer Phase ins Spiel, wo die Schweizer bereits den Fuss vom Gaspedal nehmen. Schwierig, unter diesen Umständen zu glänzen. Weder Top noch Flop.
Ab 84. Minute für Seferovic
Mario Gavranovic
Kaum auf dem Platz, da donnert er das Leder unwiderstehlich in die Maschen. Wahnsinn! Aber dann schaltet sich der VAR ein und das leider zu Recht, Gavranovic steht einen Tick zu weit vorne, Abseits, Tor zählt nicht. Auch Gavra macht das, was man sich von einem Joker-Stürmer erhofft, er bringt neuen Schwung ins Spiel und setzt sich noch zwei weitere Male gut in Szene. Vielleicht bekommt er im nächsten Spiel ja ein paar Minuten mehr Einsatzzeit.
Wales – Schweiz 1:1 (0:0)
Olympiastadion, Baku. – 8000 Zuschauer. – SR Turpin. – Tore: 49. Embolo (Corner Shaqiri) 0:1. 74. Moore (Morrell) 1:1.
Wales: Ward; Connor Roberts, Rodon, Ben Davies, Mephan; Morrell, Allen, Ramsey (93. Ampadu); Bale, Moore, James (75. Brooks).
Schweiz: Sommer; Elvedi, Schär, Akanji; Mbabu, Freuler, Xhaka, Rodriguez; Shaqiri (66. Zakaria); Embolo, Seferovic (84. Gavranovic).