Phantom-Spiel Deshalb wird Rekordspieler Beat Gerber eine Partie «geklaut»

dom, sda

4.10.2024 - 08:11

Berns legendäre Nummer 2 Beat Gerber beendete nach der Saison 2022/23 seine Karriere,
Berns legendäre Nummer 2 Beat Gerber beendete nach der Saison 2022/23 seine Karriere,
Bild: Keystone

Das Wembley kennt sein Phantom-Tor und das Schweizer Eishockey seit Kurzem das Phantom-Spiel von Beat Gerber. Dem Noch-Rekordspieler der National League wird ein Match aus der Statistik annulliert.

Beat «Bidu» Gerber hat den SC Bern zwei Jahrzehnte lang geprägt. Er ist sechsfacher Schweizer Meister und hält mit 1270 Spielen in der National League einen Liga-Rekord – so zumindest lauten die Zahlen, als der ehemalige Verteidiger im Frühling 2023 nach 20 Profisaisons seine Schlittschuhe an den Nagel hängt.

Schon nächste Woche dürfte Gerber vom Davoser Kultstürmer Andres Ambühl als Rekordspieler abgelöst werden. «Büehli» wird dannzumal ebenfalls mit 1270 Partien zum alleinigen Rekordhalter aufsteigen. Dahinter steckt eine kuriose Geschichte.

Saison 2001/02 im Fokus

Zahlen lügen nicht, sagt der Volksmund. Trotzdem lohnt es sich, gewisse Statistiken genauer unter die Lupe zu nehmen. Als sich die Nachrichtenagentur Keystone-SDA im August daran macht, die Liste des 1000er-Klubs (mit allen Spielern mit 1000 und mehr Partien in der National League) wegen des sich anbahnenden Rekords von Ambühl auf Vordermann zu bringen, stösst sie auf ein Kuriosum: Bei der Liga wird Gerber mit 1270 Spielen ausgewiesen, in der eigenen Statistik erscheint der stille Chrampfer, der nie das Rampenlicht gesucht hat, jedoch mit «nur» 1269 Matches an der Spitze.

Eine erste Analyse zeigt: Die Saison 2001/02 macht den Unterschied. Damals trug Gerber noch das Trikot seines Jugendklubs SC Langnau, über Weihnachten spielte er mit der Schweiz an der U20-WM in Tschechien, in einem Team mit ... Andres Ambühl. In der öffentlich zugänglichen und in Eishockey-Kreisen weitherum bekannten Statistik-Plattform «elitesprospect.com» wird Geber mit 39 Qualifikationsspielen für Langnau geführt. In einer anderen Statistik von Urs Keel sind es nur 38. Keel war früher der offizielle Statistiker des Eishockey-Verbandes, Keystone-SDA beliefert er noch heute mit wertvollen Daten.

Alte Telegramme in den Zeitungen durchforsten

Keystone-SDA beauftragt Keel damit, die Zahl zu überprüfen, und bittet zugleich den pensionierten Sportjournalisten Werner Haller, sein Archiv zu durchstöbern. Der «Statistik-Papst aus dem Emmental» lässt ausrichten, er sei die damals aus der Berner Zeitung ausgeschnittenen Telegramme der Saison 2001/02 durchgegangen und sei zu folgendem Ergebnis gekommen: Beat Gerber wurde in 44 Qualifikationsspielen 28-mal eingesetzt, zehnmal war er im Aufgebot und auf dem Matchblatt, wurde aber nicht eingesetzt. Im Gegensatz zum Fussball oder Basketball erscheint im Eishockey das Spiel als solches in der Statistik, auch wenn ein Spieler keine einzige Sekunde zum Einsatz kommt. Im Handball ist die Handhabung gleich.

Haller bestätigt also die 38 Spiele. Daraufhin konfrontiert Keystone-SDA die National League mit den Fakten. Die Kommunikationsabteilung richtet aus, dass man den Zahlen von «eliteprospect.com» vertraut und deshalb an den 1270 Spielen festhalten wolle. Die 1999 gegründete englische Plattform würde ihre Daten von der Liga beziehen, hiess es. Ein Wechselspiel, das heute funktioniert – aber ob es das auch vor über 20 Jahren tat?

Keystone-SDA ist skeptisch, schreibt «eliteprospect.com» an, erläutert den Fall mit allen Details, erhält bis heute aber keine Antwort. Doch dann die Überraschung: Die Statistik-Plattform hat ihre Zahlen im Profil von Beat Gerber mittlerweile nach unten korrigiert. Von 39 auf 38 und entsprechend von 1270 auf 1269.

Liga lenkt im zweiten Anlauf ein

Nun liegt der Ball wieder bei der National League. Und diesmal lenkt die Liga ein. Nach internen Abklärungen entscheidet man, die Anzahl der Spiele von Beat Gerber anzupassen. Dem langjährigen SCB-Verteidiger wird also ein Spiel «geklaut». Wie das Phantom-Spiel den Weg in die Statistik-Bücher gefunden hat, kann sich die National League nicht erklären. Sie bestätigt aber, dass alles, was vor 2007 geschehen ist, an externe Daten angebunden sei, hauptsächlich an solche von Keel. Die Liga will deshalb ihre Daten zu einem späteren Zeitpunkt genauer überprüfen.

Vorerst gehört die Bühne aber Andres Ambühl. Und die Sache mit dem «Spiel-Klau» hat zumindest für den Bündner und den HCD auch etwas Gutes. Statt am 12. Oktober mit einem Auswärtsspiel in Pruntrut gegen Ajoie wird der «ewige Büehli» sein Rekordspiel nun am Donnerstag im Heimspiel gegen den SC Bern bestreiten können. Gegen den ehemaligen Klub des aktuellen Rekordhalters. Immer unter dem Vorbehalt, dass sich Ambühl nicht verletzt, krank wird oder sich eine Sperre einhandelt.

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