Der Titelverteidiger Zug verhindert im Playoff-Final gegen die ZSC Lions mit dem ersten Sieg im vierten Spiel die Entscheidung. Die Zürcher geben sich gelassen. Noch?
Die Analysen nach dem Spiel gleichen sich bei Siegern wie Verlierern erstaunlich. Weiter machen wie bisher, lautet der Tenor. Und beide haben Recht. Zug war in den ersten drei Partien nicht die schlechtere Mannschaft, verlor aber dreimal in der Schlussphase mit einem Tor Differenz. Am Montag erhielten sie die Gewissheit, dass der Puck auch mal für und nicht gegen sie springt. Die Zürcher führen noch immer mit 3:1 Siegen, haben am Mittwoch die nächste Chance auf den Meistertitel und müssen sich wegen einer Niederlage nicht komplett hinterfragen.
Playoff-Final, Stand in der Serie (Best-of-Seven)
- Zug – ZSC Lions 1:3 (2:3, 1:2, 1:2, 4:1)
Ein bisschen Selbstkritik schimmert bei den Lions aber schon durch. «Wir haben heute Sachen gemacht, einen, zwei Fehler, die wir sonst nicht machen», stellte der Routinier Denis Hollenstein fest. Auch Chris Baltisberger sprach von diesen «ein, zwei Fehlern, die wir am Mittwoch abstellen müssen». Dabei waren die Zürcher gut gestartet und schon in der 5. Minute erstmals in dieser Finalserie 1:0 in Führung gegangen. «Danach nahmen wir ein paar dumme Strafen, die uns den Schwung raubten», ärgerte sich ZSC-Coach Rikard Grönborg. Allerdings nur kurz.
Geschichte spricht für den ZSC
Denn der Schwede betonte trotz des letztlich klaren 1:4 auch: «Es war kein riesiger Unterschied. Ich will das auch nicht überanalysieren. Zug hat einen guten Job gemacht und diesen Sieg verdient.» Grönborg bemerkte zurecht, dass in den ersten drei Spielen das Glück auch ein wenig auf Zürcher Seite gewesen sei und am Montagabend nun gefehlt habe.
Noch immer ist die Aussicht der Lions auf ihren zehnten Meistertitel rosig. Weder in der National League noch in der KHL wurde je in einem Playoff-Final ein 0:3-Defizit aufgeholt, ebenso wenig in den grossen nordamerikanischen Basketball- und Baseball-Ligen. Der einzige Präzedenzfall, der die Zuger Hoffnungen nährt, stammt aus der NHL und aus dem fernen Jahr 1942, als die Toronto Maple Leafs nach einem 0:3 noch den Stanley Cup gewannen. Auch deshalb darf Chris Baltisberger zuversichtlich sagen: «Wir haben eine gute Ausgangslage, das gibt uns positive Energie. Wir müssen uns daran erinnern, was wir in den ersten drei Spielen gut gemacht haben.»
Zugs Änderungen zahlten sich aus
In Spiel 4 machten die Zürcher nach dem guten Start den selben Fehler wie jeweils die Zuger mit der Führung im Rücken: sie wurden zu passiv und verloren ein wenig die Konsequenz im Abschluss. Gegen einen Gegner auf Augenhöhe mag es das nicht leiden. Die entscheidende Frage für die Lions lautet: Geschah der Rückschlag, weil mit dem möglichen Titelgewinn am Sechseläuten-Montag und dem damit verbundenen Abschied aus dem Hallenstadion nach 72 Jahren vielleicht zu viel Historie mitspielte? Oder weil der Zuger Coach Dan Tangnes den Schlüssel für eine nachhaltige Wende fand?
Der Norweger an der EVZ-Bande hatte noch nach der zweiten Niederlage versichert, er werde nun nicht alles über den Haufen werfen. Für Spiel 3 nahm er immerhin den erwarteten Wechsel auf einer Ausländer-Position vom Schweden Anton Lander zu dessen Landsmann Carl Klingberg vor – ohne Effekt. Nun aber sprang Tangnes über seinen Schatten und wirbelte seine Sturmreihen ordentlich durcheinander.
Einer der Profiteure war Dario Simion. Der Tessiner, der im letztjährigen Final am Laufmeter skorte, hatte neu neben Jan Kovar den Arbeiter Fabrice Herzog statt den Künstler Grégory Hofmann an der Seite, blühte richtiggehend auf und erlöste sich und sein Team im Schlussdrittel mit dem Tor zum 3:1. Beim Siegestreffer im mittleren Abschnitt hatten die Zuger auch das nötige Glück, als der Puck vom Arm des ZSC-Captains Patrick Geering ins Netz hüpfte. Die Zentralschweizer verdienten sich dieses Glück aber mit 39 Schüssen (gegenüber 21 des ZSC) aufs Tor.
Offene Fragen
Noch gibt es für die Löwen keinen Grund zur Beunruhigung. Für eine 3:1-Führung im Final gegen den Titelverteidiger und Qualifikationssieger hätten sie tausend Mal unterschrieben. Am Montag wurden allerdings drei wichtige Erkenntnisse aus den ersten drei Partien erschüttert: Goalie Jakub Kovar war erneut stark, aber mit viel Verkehr vor seinem Tor nicht mehr fast unüberwindbar. Die Paradelinie mit dem überragenden Denis Malgin kann nicht jeden Match fast im Alleingang entscheiden. Und die ZSC Lions gewinnen nicht jedes Mal, wenn es am Ende knapp wird. Zudem erschien Geering gegen Ende des Schlussdrittels nicht mehr auf dem Eis, eine mögliche Verletzung wäre ein harter Schlag.
Am Mittwoch müssen die Zürcher in Zug zeigen, dass sie die erste Niederlage nach neun Siegen in Folge nicht aus der Bahn wirft. Einen Sieger hat Baltisberger aber bereits ausgemacht. «Es ist eine coole, spannende Serie», stellte er fest. «Das ist schön fürs Schweizer Hockey.» In Zürich macht man sich (noch) keine Sorgen.