Für den HC Ajoie ist das Playout gegen den Vorletzten im Kampf um den vorzeitigen Ligaverbleib vorprogrammiert. Dennoch schöpft das Schusslicht der National League Hoffnung nach dem Trainerwechsel.
Sportchef Julien Vauclair (43), die jurassische Eishockey-Legende mit zwei Meistertiteln, einem NHL-Spiel (Ottawa) sowie einer WM-Silbermedaille im Palmarès als Spieler, hatte schon im letzten Februar das Traineramt beim damaligen Aufsteiger übernommen.
Seinerzeit gab es trotzdem noch eine weitere Niederlage, ehe der National-League-Negativrekord von 19 verlorenen Spielen am Stück beendet werden konnte. Mittlerweile sind es auch schon wieder deren 14, die letzte unter Vauclair. «Erneut gilt es, Selbstzweifel zu bekämpfen und die Negativspirale zu stoppen», sagt der langjährige Schweizer Nationalverteidiger gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Vauclair spricht von drei Phasen in der bisherigen Saison, in welcher die Jurassier zu Beginn gar Tabellendritter waren. «Wir gewannen Spiele, die vom Verlauf her nicht zwingend auf unsere Seite kippen hätten müssen. Dann gab es Spiele, in denen wir sehr gut spielten, teilweise dominierten. Aber irgendwann noch einbrachen. In der dritten Phase fand das Team nicht mehr in eine gute Richtung. Und eine Korrektur wurde notwendig.»
Neues Selbstvertrauen könne der Klub durchaus aus der Tatsache gewinnen, dass der Kanton Jura nun im Bundesrat vertreten ist. «Ich habe Elisabeth Baume-Schneider schon bei früheren Gelegenheiten kennenlernen dürfen», so Vauclair. Doch Ajoie will auch ohne seine prominenteste Persönlichkeit im Kanton aus der Baisse finden.
Vauclair will in Rücksprache mit den Assistenten Petteri Nummelin und Ivano Zanatta die Eiszeiten und die Verantwortung noch ausgewogener verteilen. Nummelin, als Spieler ein Powerplay-Spezialist von Weltklasse-Format, ist vorwiegend für das Überzahlspiel zuständig. «Er erkennt Möglichkeiten im Offensivbereich, die anderen verborgen bleiben», so Vauclair. Der als Headcoach über KHL-Erfahrung verfügende Zanatta wiederum ist für das Boxplay zuständig.
Auf dem Eis ist nun die Umsetzung gefordert. Beim 3:5 vom Dienstag in Kloten verschliefen die Jurassier den Start. Nach 21 Minuten lagen sie im Duell der Aufsteiger der beiden vergangenen Saisons bereits mit 1:4 zurück. Sie erzielten da zwar in Unterzahl einen Treffer, kassierten aber auch zwei Gegentore im Boxplay. «Es gab individuelle Fehler und falsches Positionsspiel», sagt Vauclair.
Näher bei den Gegenspielern, bessere Kommunikation, mehr Defensivarbeit. Das sind die Stellschrauben, an denen es fürs Erste zu drehen gilt. Den Gegner aber nicht zu unüberlegt unter Druck zu setzen. «Es gab Situationen, in denen zu zweit angegriffen wurde und sich dem Gegner dadurch mehr statt weniger Spielraum eröffnete.»
Goalie Tim Wolf
Eine Schlüsselrolle bei Ajoies Kampf gegen den Abstieg wird Goalie Tim Wolf zukommen. Der mittlerweile 30-jährige Keeper kann in Sachen Titel innerhalb von gut zwei Jahren nicht so schnell übertrumpft werden. Zwischen Februar 2020 und April 2022 wurde er Cupsieger mit Ajoie sowie Swiss-League-Meister und Aufsteiger mit den Jurassiern und Kloten (als Leih-Goalie). «In Ajoie durften wir aufsteigen, in Kloten ging es darum, dem Erwartungsdruck standzuhalten. Der Cupsieg mit Ajoie in Lausanne kreierte dann noch Emotionen, die ich wohl nie mehr erleben werde», mutmasst der Zürcher.
Wolf fühlt sich sehr wohl im Jura. «Es ist enorm familiär. Der Kanton steht zusammen. Wir sind eins mit den Fans. Trotz den Niederlagen stehen sie hinter uns.»
Für das Team ist nun aber die Umsetzung der Positivität auf dem Eis gefordert. «Wir konnten zu Saisonbeginn mit unserem Tempo überraschen. Doch die Konkurrenz machte rasch Fortschritte.»
Der verlorene Sohn
Stand heute könnt es Ajoie im Abstiegs-Playoff mit eigentlichen Hochkarätern wie Lugano oder Lausanne zu tun bekommen, die zusammen mit den SCL Tigers unmittelbar vor den Jurassiern klassiert sind. Brisant wären die Affichen gegen die «Grossen» allemal: Gegen die Tessiner würden die beiden früheren Bianconeri-Klublegenden Julien Vauclair und Nummelin sowie der einstige Lugano-Headcoach Ivano Zanatta in die Resega zurückkehren. Jenes Lugano, das erst zum Saisonauftakt gegen Ajoie (1:0) Vauclairs Trikot unter das Stadion gezogen hatte. Und wo Vauclair erst vor zweieinhalb Jahren seine Spieler-Laufbahn beendete.
Bei einem Duell Ajoie gegen Lausanne würde es zum Aufeinandertreffen mit Ajoies «verlorenem Sohn» Marco Pedretti kommen. Der wohl beste jurassische Spieler seit Julien Vauclair schaffte einst bei Ambri-Piotta den Durchbruch in der National League und war letzte Saison Playoff-Finalist mit den ZSC Lions. Bei seinem letzten Auftritt mit Lausanne im Pruntrut (6:5 n.V. für Lausanne) wurde Pedretti aber auf dem Eis seines Heimatvereins nach Spielende ausgepfiffen. Dies, weil er zum besten Lausanner der Partie gewählt wurde – als Doppeltorschütze für die Waadtländer. Pedretti mit Lausanne gegen Ajoie – das würde nochmals für Zunder sorgen.
Im nächsten Spiel treffen nun aber Ajoie und Ambri-Piotta in Pruntrut aufeinander. Für Ajoie ein gutes Omen, denn am 28. Oktober feierte man mit dem 5:3 in der Leventina den fünften und letzten Sieg in der laufenden Meisterschaft. Ajoie steht aktuell um einen Punkt besser da als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres, Ambri um zwei Zähler.
rst, sda