Knall in Zürcher Regierung Mario Fehr kehrt «nach links abdriftender» SP den Rücken

aru/tjb

18.6.2021

Mario Feht tritt aus der SP aus – sein Amt in der Zürcher Kantonsregierung will er als Parteiloser weiterführen.
Mario Feht tritt aus der SP aus – sein Amt in der Zürcher Kantonsregierung will er als Parteiloser weiterführen.
Bild: Keystone/Walter Bieri

Die Spannungen wurden zu gross: Der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr tritt aus der SP aus. An einer kurzfristig anberaumten Medienkonferenz erklärt er, er wolle als Parteiloser weiter regieren.

aru/tjb

18.6.2021

Der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr hat genug: Nach fast vier Jahrzehnten tritt er aus der Sozialdemokratischen Partei aus, wie er an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz in Zürich bekannt gibt. «Als Regierungsrat kann ich so nicht länger arbeiten, ohne unglaubwürdig zu werden», sagte Fehr zur Begründung.

«Die seit Längerem spürbaren Spannungen mit der zunehmend ideologischen und nach links abdriftenden Führung der SP der Stadt und des Kantons Zürich haben für mich die Zusammenarbeit immer mühevoller gestaltet, ja zunehmend verunmöglicht.»

Immer wieder war es zwischen Fehr und Exponenten seiner Partei zu  Meinungsverschiedenheiten gekommen. Insbesondere Exponet*innen der Jungsozialisten haben immer wieder Kritik am Kurs des Zürcher Sicherheitsdirektor geübt. In seiner Erklärung bemängelte der Regierungsrat, dass sich der Stil seiner einstigen Partei markant verändert habe. Andere Meinungen würden immer weniger toleriert. 

«Die 170'000 Menschen, die mich gewählt haben, verdienen Ehrlichkeit von mir.»

Besonders die Anzeige der Jungsozialist*innen im Jahr 2015 ging nicht spurlos an Fehr vorbei. Damals wurde publik, dass die Kantonspolizei Zürich mit Fehrs Segen eine Überwachungssoftware angeschafft hatte, woraufhin Oliver Heimgartner von den Juso Strafanzeige einreichte. Im vergangenen Jahr wurde Heimgartner zum Co-Präsidenten der Stadtzürcher SP.

«Mir ist kein vergleichbarer Fall in Mitteleuropa bekannt, bei dem jemand, der Strafanzeige gegen den eigenen Regierungsvertreter einreicht, zum Parteipräsidenten wird», so Fehr.

«Das ist das Ende eines langen und schmerzhaften Prozesses», sagt Mario Fehr bei der Medienkonferenz. Der Austritt aus der SP sei ihm nach 39 Jahren in der Partei nicht leicht gefallen. «Ich bin mir bewusst, dass ich dank der SP für viele anspruchsvolle Ämter kandidieren konnte», fährt der Zürcher Regierungsrat fort.

SP überrumpelt

Die Zürcher SP zeigt sich auf Twitter überrascht von Fehrs Ankündigung. Eigentlich sei vereinbart worden, dass dies Ende der Sommerferien kommuniziert werden solle. Die Partei schreibt weiter: «Ein Austritt tut immer weh – auch wenn er wie hier eine Folge unüberbrückbarer Differenzen ist.» Sie bedankt sich dennoch bei Fehr für sein «langjähriges Engagement» in der Partei. 

Fehr will als Parteiloser weitermachen: «Ich gründe weder eine eigene Partei, noch trete ich einer anderen Partei bei.» Er werde seiner sozial-liberalen Haltung treu bleiben. Er habe bislang stets mit allen Fraktionen im Zürcher Kantonsrat zusammenarbeiten können. «Ich gehe davon aus, dass dies auch weiterhin mit der SP möglich sein wird.»

Ob Fehr bei den nächsten Wahlen in die Zürcher Regierung im Jahr 2023 nochmals antreten wird, lässt er offen. Er betont zugleich seine Leistungen – etwa, dass er 2019 mit dem besten Resultat aller Regierungsmitglieder wiedergewählt wurde. «Die 170'000 Menschen, die mich gewählt haben, verdienen Ehrlichkeit von mir.»