Lehrermangel Lehrpersonenmangel im Kanton Glarus «sehr kritisch»

mafr, sda

7.7.2022 - 14:18

Dem Kanton Glarus fehlt es an Lehrpersonal. Für das kommende Schuljahr mussten alle drei Gemeinden Notszenarien anwenden. (Symbolbild)
Dem Kanton Glarus fehlt es an Lehrpersonal. Für das kommende Schuljahr mussten alle drei Gemeinden Notszenarien anwenden. (Symbolbild)
Keystone

Der Lehrermangel im Kanton Glarus spitzt sich immer weiter zu. Für das kommende Schuljahr mussten Notszenarien angewendet und Lehrpersonen eingestellt werden, die eigentlich keine sind. Eine neue Arbeitsgruppe des Kantons soll bald nach Lösungen suchen. Ziel ist es, Anstellungsbedingungen für ausgebildete Lehrpersonen attraktiver zu machen.

In Glarus Süd unterrichtet ein Schreiner das Schulfach Werken. Eine Künstlerin bringt den Kindern das Zeichnen bei. «Obwohl die angestellten Personen fachlich top sind, lasten soziale Probleme auf immer weniger Schultern», sagte Peter Zentner, Abteilungsleiter Schule und Familie bei der Gemeinde Glarus Süd auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Seit seinen zwölf Jahren in diesem Amt sei die Situation noch nie so schwierig gewesen wie jetzt. Für das kommende Schuljahr musste die Gemeinde ein Notszenario anwenden. Bei zwei Klassen habe man keine Lehrperson gefunden und musste sie deshalb zusammenlegen. «Bleibt diese Situation längerfristig so, könnten die Schulkinder vor allem in den sozialen Bereichen benachteiligt sein», so Zentner weiter.

Weniger Lehrpersonal – mehr Schulkinder

Ähnlich sieht die Situation in der Gemeinde Glarus Nord aus. Hier kommt erschwerend hinzu, dass die Schülerzahlen seit geraumer Zeit markant steigen. Innerhalb von drei Jahren besuchten in Bilten fast 30 Prozent mehr Kinder die Primarschule und den Kindergarten. Auch in Niederurnen wuchs die Schülerzahl innerhalb der letzten drei Jahre um 13 Prozent. Die Belegung in den Tagesstrukturen hat sich von 2018 bis 2021 mehr als verdoppelt.

Die Gemeinde prüft daher aktuell die Auswirkungen auf die Planung des Schulraumes. Weiter habe man bereits pensionierte Lehrpersonen dazu überredet, noch ein weiteres Jahr zu unterrichten, sagte Gemeindepräsident Thomas Kistler im Gespräch mit Keystone-SDA.

Attraktivität steigern

Eine neue Arbeitsgruppe soll Abhilfe schaffen. «Wir sind daran, eine solche in Zusammenarbeit mit den Gemeinden bis nach den Sommerferien aufzugleisen», sagte Andrea Glarner, Leiterin für Volksschule und Sport beim Kanton Glarus auf Anfrage.

Die Gruppe, bestehend aus Vertretungen der drei Gemeinden, der Lehrergewerkschaft und dem Kanton soll Wege suchen, wie dem Lehrpersonenmangel entgegengewirkt werden könnte. Anstellungsbedingungen sollen verbessert werden. «Wenn alle angehenden Lehrpersonen, denen wir die Lehrerausbildung finanzieren, später im Kanton unterrichten würden, hätten wir keinen Mangel mehr», so Glarner weiter.

Zentner steckt viel Hoffnung in das Projekt: «Durch unsere schlanken bürokratischen Strukturen im Kanton Glarus können wir flexibel und schnell reagieren.» Auch Kistler begrüsst das Projekt und die Unterstützung des Kantons.

Flexiblere Ausbildung

Das Problem des Mangels ist aber nicht nur auf kantonaler Ebene zu lösen. Die Ausbildungen an den Pädagogischen Hochschulen finden nur ausserhalb des Kantons Glarus statt. Auch dort passiert derzeit ein Wandel.

Die Ausbildungsstätte in Chur führt ab dem kommenden Semester auch einen Teilzeit- und kombinierte Studiengänge an. Mit Erfolg: Insgesamt hätten sich für die Bachelorstudiengänge Kindergarten-Primarschule, Primarschule, sowie Primarschule Teilzeit bereits mehr als 190 Studierende eingeschrieben. Die sei ein neuer Anmelderekord, sagte der Rektor der Pädagogischen Hochschule Graubünden Gian-Paolo Curcio gegenüber Keystone-SDA.

Schweizweit ist ein kongruenter Trend zu beobachten: Seit 2005 hat sich die Zahl der Studierenden an Pädagogischen Hochschulen mehr als verdoppelt, wie eine Auswertung des Bundesamts für Statistik zeigte.

Die Pädagogische Hochschule Schwyz bietet zusätzlich in gewissen Bereichen Online-Studientage an. Dies könne besonders auch für Studierende aus Glarus spannend sein, schrieb die Rektorin Silvia Herzog auf Anfrage.

Grundsätzlich halten aber beide Hochschulen je nach Studiengang an mindestens drei Präsenztagen die Woche fest. «Insbesondere in Fächern wie Sport, Musik oder Gestalten braucht es die Präsenz vor Ort», erklärte Curcio. «Der Lehrberuf erfordert ausgeprägte soziale Kompetenzen. Diese können nur über direkte Begegnungen gefördert werden», begründete Herzog ihren Studienaufbau.

mafr, sda