5 harte Fakten zu Weihnachten Wie sage ich meinem Kind, dass Jesus vor Christus geboren wurde?

Philipp Dahm

24.12.2022

Oh du Fröhliche....  Altbekanntes Fest im neuen Licht: Jesus kam wohl sieben Jahre früher zur Welt. Sein Geburtstag am 25. Dezember ist auch eher eine politisch motivierte Wahl. Und dann gibt es da ja auch noch die moderne Folklore ...
Oh du Fröhliche.... Altbekanntes Fest im neuen Licht: Jesus kam wohl sieben Jahre früher zur Welt. Sein Geburtstag am 25. Dezember ist auch eher eine politisch motivierte Wahl. Und dann gibt es da ja auch noch die moderne Folklore ...
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Wie erkläre ich meinem Buben, warum mal das Christkind und mal der Weihnachtsmann Geschenke bringt? Soll ich ihm sagen, dass Jesus sieben Jahre vor Christus geboren wurde, und gar nicht am 25. Dezember?

Philipp Dahm

Wie widersprüchlich das Fest der Feste eigentlich ist, fällt einem aber erst auf, wenn man einen Vierjährigen hat, dem man Weihnachtsbücher vorliest. Wieso bringen hier Christkind und Weihnachtsengel Geschenke, aber dann taucht auch noch der Weihnachtsmann auf?

Weihnachtsmann? Also, Samichlaus? Aber wieso mit Engel statt mit Schmutzli? Dieser Schnappschuss aus Zürich von 1999 bringt die weihnachtliche Verwirrung auf den Punkt.
Weihnachtsmann? Also, Samichlaus? Aber wieso mit Engel statt mit Schmutzli? Dieser Schnappschuss aus Zürich von 1999 bringt die weihnachtliche Verwirrung auf den Punkt.
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Was wird der Knabe erst sagen, wenn man ihm weismacht, dass Jesus Christus weder im Jahr 0 geboren worden ist noch am 25. Dezember? Und wem das nicht kompliziert genug ist, wird spätestens kapitulieren, wenn man dem Kind beibringen muss, dass Jesus die Fleischwerdung Gottes ist, der sich von den Menschen kreuzigen lassen und dann wieder auferstehen wird ...

Es wäre vermessen, dem Lesenden für den letztgenannten Fall eine Lösung anzubieten. Und auch die anderen Fragen mögen für Kinder etwas zu kompliziert sein – was aber nicht heisst, dass man sie nicht für Erwachsene leicht nachvollziehbar beantworten kann. Hier deshalb fünf Aspekte des Weihnachtsfestes, derer du dich an Heiligabend besinnen kannst.

Jesus hat beim Geburtsjahr geschummelt

Er ist der Sohn eines Prominenten – und er hat sich einfach jünger gemacht: Wenn Eitelkeit eine Sünde wäre, sähe Jesus Christus alt aus. Obwohl: Ist Eitelkeit nicht eine Sünde? Egal, das Jahr 0 jedenfalls hält wissenschaftlichen Überprüfungen nicht stand.

Es ist der Stern von Bethlehem, der die Diskrepanz so klar werden lässt wie der Himmelskörper, der den Heiligen Drei Königen den Weg zu dem Stall weist, in dem Gottes Sohn zur Welt gekommen sei. Der Stern von Bethlehem ist aber nur alle 805 Jahre zu sehen – als Kombination aus Saturn und Jupiter im Sternzeichen Fische.

Das Bild «Anbetung der Könige» von Giotto di Bondone mit dem Stern von Bethlehem.
Das Bild «Anbetung der Könige» von Giotto di Bondone mit dem Stern von Bethlehem.
Bild: Gemeinfrei

So ist es dann auch dem Astronomen Johannes Kepler zu verdanken, dass aufgeflogen ist, dass sich Jesus sieben Jahre jünger gemacht hat: Eigentlich wurde der Heiland demnach im Jahr 7 vor Christus geboren.

Das erste schriftlich erwähnte Weihnachtsfest...

... hat am 25. Dezember vor 1686 Jahren, also anno 336, stattgefunden. Das schreibt zumindest Furius Filocalus, dessen Name aus einem «Asterix»-Comic kommen könnte: Ein reicher, christlicher Aristokrat namens Valentinus beauftragt den Schreiber, einen Kalender für ihn anzufertigen.

In diesem «Chronograph von 354» beschreibt er, wie 18 Jahre zuvor erstmals Christen die Geburt Jesu Christi gefeiert haben. Dieses Werk ist der einzige vollständige römische Kalender aus dem 4. Jahrhundert. Darin wird allerdings kaum das Prozedere besprochen, sondern eher das Datum vermerkt.

«Unser Calender von 354 ist bereits ein christlicher», schreibt Historiker Josef Strzygowski 1888 über den «Chronograph». «Es ist natürlich, dass sich derselbe mit der Zeit dahin ändern musste, dass sich die fünf noch bildlich angedeuteten, heidnischen Feste verschwinden und Typen Platz machen musste, die vom Christentume neu geschaffen wurden.»

Für die einen ist es das Gemälde «Venusfest» von Peter Paul Rubens, für die anderen das heidnische Treiben, das durch Ostern ersetzt worden ist.
Für die einen ist es das Gemälde «Venusfest» von Peter Paul Rubens, für die anderen das heidnische Treiben, das durch Ostern ersetzt worden ist.
Bild: Gemeinfrei

Sprich: Die christlichen Feste wurden kurzerhand auf heidnische Feiertage gelegt, um sie zu überstrahlen. «Auf den 6. Januar wurde das Fest der Epiphanie [alias Dreikönigsfest] verlegt, an Stelle der Februa [des römischen Fests der rituellen Reinigung] traten die Fasten, dem Venusfeste im April entspricht das Osterfest, dem Isiaca im November wurde der Advent, dem fröhlichen Saturnalien im Dezember endlich das heitere Weihnachtsfest entgegengesetzt.»

Die Saturnalien waren Festtage zu Ehren des römischen Gottes Saturn, die in der zweiten Monatshälfte im Dezember gefeiert wurden.

Darstellung Saturns, des Gottes des Ackerbaus, im «Chronograph von 354».
Darstellung Saturns, des Gottes des Ackerbaus, im «Chronograph von 354».
Bild: Gemeinfrei

Fragwürdiges Geburtstagsdatum

Wann könnte der Sohn Gottes geboren worden sein? Die frühen Christen haben den Geburtstag an verschiedenen Daten gefeiert: am 6. Januar, weil am Dreikönigstag alias Epiphaniasfest die Erscheinung des Herrn begangen wird. Andere gedachten Jesu Christi am 19. oder 20. April, am 20. Mai oder 18. November.

Schliesslich wurde der 25. Dezember für das Fest auserwählt: Die Geburt von Gottes Sohn bringt Sonne in die Welt der Menschen. Da passt es doch, wenn Weihnachten Sol Invictus ersetzt. Am Tag der Wintersonnenwende, wenn die Tage wieder länger werden, haben die Römer die Geburt des unbesiegbaren Sonnengottes Sol gefeiert, der früher Mithras hiess.

Mash-up der Kulturen: Jesus auf einem römischen Mosaik aus dem späten 3. Jahrhundert. Christus wird hier als Repräsentant des Sonnengottes Helios alias Sol Invictus dargestellt. 
Mash-up der Kulturen: Jesus auf einem römischen Mosaik aus dem späten 3. Jahrhundert. Christus wird hier als Repräsentant des Sonnengottes Helios alias Sol Invictus dargestellt. 
Bild: Gemeinfrei

An jenem Feiertag wurden auch Ungläubige dazugeladen, und die Christen haben offenbar daraus gelernt. Später wird das Datum damit gerechtfertigt, dass Jesu Empfängnis genau am Jahresanfang war – was im damaligen Kalender dem 25. März entspricht. Addiert man dazu neun Monate, landet man am 25. Dezember.

Nach dem Lukas-Evangelium lässt sich das Datum jedoch relativ gut voraussetzen. Wegen der Geschichte von Zacharias, dessen Familie Abija laut Chronik 24,10 das achte Los hat. Das heisst, er hat acht Wochen nach dem Pessah-Fest Tempeldienst.

Seine Frau Elisabeth wird schwanger, und als Maria die Geburt Jesu Christi prophezeit wird, ist Elisabeth im fünften Monat. Die Formel lautet also: Tempeldienst + 150 Tage [fünfter Monat Elisabeth] + 270 Tage [neun Monate Schwangerschaft] = Geburtstag von Jesus. Der Tempeldienst dürfte in der Mitte des Monats Juni gelegen haben, und die Empfängnis war dann Anfang Dezember.

Laubhütten in Zürich: Das Fest erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten.
Laubhütten in Zürich: Das Fest erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten.
Archivbild: KEYSTONE

Somit landete der Geburtstag eher in der Zeit des jüdischen Laubhüttenfests und müsste irgendwo zwischen Ende September und Ende Oktober taxiert werden.

Tannenbaum und Bescherung

Während Festessen, Geschenke und Kerzen von den Saturnalien inspiriert sein könnten, dürfte der Brauch, zur Wintersonnenwende etwas Grünes auszustellen, von den Germanen kommen: Somit sollten offenbar Fruchtbarkeit und Kraft demonstriert werden. Erstmals schriftlich wird das Aufstellen eines Tannenbaums erst im 16. Jahrhundert erwähnt.

Heiligabend in Heiligeland im Emmental anno 1956.
Heiligabend in Heiligeland im Emmental anno 1956.
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Der heidnische Brauch war im Elsass übernommen worden, die Bäume wurden im Wohnzimmer ausgestellt und zum Zeichen des persönlichen Wohlstands geschmückt: bei den einen mit Nüssen und Äpfeln an ein paar Tannenästen, bei den anderen mit gläsernem Schmuck an den damals raren stattlichen Tannen. Der Adventskranz mit Tannengrün wird erst 1860 erfunden.

Die Basis für Christkind und Weihnachtsmann ist der Samichlaus. Dass der Kinder befragt, ob sie brav gewesen sind, geht auf zwei Gleichnisse zurück, die am 6. Dezember auf der kirchlichen Leseordnung stehen. Bald kamen Geschenke hinzu – und die Reformation, die die Verehrung von Heiligen wie Nikolaus ablehnte.

Schöne Bescherung: Der heilige Nikolaus wirft einen Klumpen Gold und rettet so drei Jungfrauen vor dem Bordell. Die Darstellung stammt vom dreiteiligen Altar von 1521 aus der Dorfkirche St. Nicolaus in Oberbobritzsch in Sachsen.
Schöne Bescherung: Der heilige Nikolaus wirft einen Klumpen Gold und rettet so drei Jungfrauen vor dem Bordell. Die Darstellung stammt vom dreiteiligen Altar von 1521 aus der Dorfkirche St. Nicolaus in Oberbobritzsch in Sachsen.
Bild: Commons/Jörg Blobelt

In der Schweiz wurde die Kinderbescherung bis ins 19. Jahrhundert auf den Neujahrstag verschoben, in Luxemburg gibt es dagegen immer noch Bescherung am 6. Dezember. Doch wohl von Martin Luther angestossen, setzte sich im 16. Jahrhundert nach und nach die Bescherung am 25. Dezember durch.

Christkind vs. Weihnachtsmann

Als Samichlaus, Engel oder Tannenbaum Verkleidete fahren am 4. Dezember 2016 auf ihren Vespas durch die Zürcher Innenstadt.
Als Samichlaus, Engel oder Tannenbaum Verkleidete fahren am 4. Dezember 2016 auf ihren Vespas durch die Zürcher Innenstadt.
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Neben eines neuen Datums musste auch ein neuer Bescherer her: Die Protestanten ersetzten den Samichlaus mit dem «heiligen Christ», der sich die Idee des Christkinds als Gnadenbringer anlehnt, aber ursprünglich Jesus Christus meinte. Die Tatsache ging dann aber mit den Jahren unter – das geschlechts- und selbstlose Kind setzte sich durch.

In der Schweiz hiess das Christkind entsprechend der Bescherung am Neujahrstag dann auch Neujahrskind. Andererseits mutierte der Samichlaus, wurde säkularisiert und bekam Anfang des 19. Jahrhunderts Elfen, Schlitten, Rentiere und Rauschebart. Den endgültigen kommerziellen Siegeszug in der weltweiten Weihnachtskultur erlebt er ab 1931, als Coca-Cola Santa Claus für seine Werbung nutzt.

Kunstfigur Weihnachtsmann: So berichtet Coca-Cola selbst über die Erschaffung dieses Produkts.

Weihnachten, das muss ich zu guter Letzt einsehen, ist deutlich komplizierter, als ich es meinem Vierjährigen heute vermitteln kann. Statt Erklärungen muss ich wohl mit der Standardausrede aufwarten, die der Anlass Gott sei Dank gleich mitliefert:

Es passieren wundersame Dinge an Weihnachten!

Frohes Fest!

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