Krankhafte TiersammlerWenn Tierliebe quält: So gefährlich ist Animal Hoarding
DPA
2.8.2019
Gegen das Treiben krankhafter Tiersammler vorzugehen, ist schwierig. Diese Menschen leben mit einer psychischen Störung und sehen das Leiden ihrer Tiere nicht.
Die Täter sind tierliebe Menschen, und doch quälen sie ihre Tiere – manchmal sogar bis zum Tod. Animal Hoarder halten eine unglaublich hohe Zahl an Tieren. So viel, dass sie diese kaum oder gar nicht mehr versorgen können. Die Lebensumstände sind fürchterlich. Animal Hoarding, so wird das Horten von Tieren genannt. Am häufigsten betroffen sind Katzen, gefolgt von Hunden. Auch Nutztiere und sogar Wildtiere werden auf diese Weise gehalten.
Erst im März haben Polizei und Thurgauer Veterinäramt in Müllheim TG 18 Katzen, zwei Hunde, vier Kaninchen, sieben Hühner und vier Wüstenrennmäuse beschlagnahmt. Neben den lebenden Tieren fand das Veterinäramt in einem Privathaushalt 21 tote Katzen in einem Gefrierschrank, zusammen mit Lebensmitteln. Brisant dabei: Gegen die Tierhalterin war bereits in der Vergangenheit ein Teiltierhalteverbot verhängt worden.
Bündner Behörden hatten im selben Monat in einem Einfamilienhaus in Misox mehrere Dutzend exotische Tiere beschlagnahmt. Amtstierärzte und die Kantonspolizei fanden stark geschwächte, unterernährte und nicht betreute exotische Heim- und Wildtiere, darunter verschiedene Schlangenarten, Grünleguane, Bartagame, Geckos und Webspinnen, «in einer dramatischen Situation» vor.
Inbesondere dieser Fall «war eine besondere Herausforderung für die beteiligten Behörden, da Unterbringung und Weitervermittlung von Reptilien sehr anspruchsvoll ist und viel Fachwissen erfordert», antwortet Helen Sandmeier vom Schweizer Tierschutz STS auf Bluewin-Anfrage. «Man hört immer mal, dass die Fälle tendenziell mehr werden», so Sandmeier weiter. Allerdings werde keine Statistik zu Animal Hoarding-Fällen in der Schweiz geführt.
Symptom einer psychischen Störung
Gegen das Animal Hoarding erfolgreich und vor allem nachhaltig vorzugehen, ist schwierig. Zwar können die Halter bestraft und ihnen kann ein Tierhaltungsverbot auferlegt werden, doch damit ist die Wurzel des Übels nicht erreicht. Denn Animal Hoarding ist das Symptom einer psychischen Störung, die nur mit einer Therapie heilbar ist.
«Es ist noch nicht als eigenständiges psychisches Krankheitsbild anerkannt. Deshalb ist es auch nicht leicht, Unterstützung für Betroffene zu gewährleisten», erläutert Henriette Mackensen vom Deutschen Tierschutzbund. Zudem gehört zu den Symptomen, dass die Betroffenen überhaupt nicht erkennen, wie die Tiere leiden und sich in der Regel weigern, Hilfe anzunehmen.
«Sie haben keinen Leidensdruck und keine Einsicht», erklärt auch Hans Onno Röttgers, leitender Psychologe des Universitätsklinikums in Marburg. Allerdings kennt auch er keinen Betroffenen persönlich – schliesslich gehen die meisten nicht zum Therapeuten, weil sie hierfür keinen Grund sehen.
Störung beginnt schon im Jugendalter
Da es nur relativ wenige solcher Tiersammler gibt, existieren bislang weltweit kaum Studien zu diesem Thema. Zudem ist es unter den Psychologen umstritten, wie sie das Animal Hoarding überhaupt einordnen sollen. «Es gilt eigentlich als eine Zwangsstörung. Aber Patienten mit einer solchen Störung handeln meist aus Angst – und das passt nicht zum Animal Hoarding», äussert auch Röttgers Zweifel an der gängigen Theorie.
Die Störung beginnt im Jugend- oder dem frühen Erwachsenenalter, überwiegend sind Frauen betroffen. Sie haben Bindungsstörungen und leben mit ungelösten Konflikten, wenden sich ab von den Menschen. Die Tiere werden ihr Trost. Dies muss noch nicht krankhaft sein.
Doch durch eine Lebenskrise wie eine Scheidung oder Arbeitslosigkeit kann die Situation ausser Kontrolle geraten. Dann vermehrt sich die Zahl der Tiere rasant, schnell leben viel zu viele Tiere auf zu kleinem Raum. Die meisten Animal Hoarder sind zwischen 40 und 60 Jahre alt.
Auch die Menschen sind Opfer
Forscher in den USA haben die Betroffenen in mehrere Gruppen aufgeteilt. So hat der «Retter» zunächst aus Tierschutzgründen angefangen, Tiere aufzunehmen. Er kümmert sich ebenso wie der «Pfleger» gern, doch irgendwann läuft es aus dem Ruder. Die Tiere vermehren sich rasant, zudem nimmt der Erkankte immer mehr Tiere bei sich auf. Der «Züchter» beginnt meist aus kommerziellen Gründen mit der Haltung von mehreren Tieren, gibt den Nachwuchs jedoch nicht ab.
«Meist wird nur gesehen, dass es den Tieren schlecht geht. Aber auch die Menschen sind Opfer», erklärt die Psychologin und Tierschutzexpertin Prof. Andrea Beetz. Schliesslich sind sie psychisch krank, sie verwahrlosen und leben unter solch katastrophalen Verhältnissen, dass Rettungskräfte sich manchmal nur mit Atemmasken in die Wohnungen trauen. Die Tiere sind trotz allem ihr Halt. Wird ihnen dieser genommen, droht Suizidgefahr.
Hilfe anbieten, aber auf keinen Fall drohen
Doch wenn niemand von aussen eingreift, hört das Leiden der Tiere erst mit ihrem Tod auf. Die Experten raten, bei einem entsprechenden Verdacht zunächst vorsichtig das Gespräch mit dem Betroffenen zu suchen. «Man kann Hilfe anbieten, Vorschläge machen und sollte auf keinen Fall drohen», empfiehlt Beetz. Nutzt dies nichts oder wird der andere aggressiv, sollten der Tierschutz, das Veterinäramt oder die Polizei verständigt werden. Für diese ist das weitere Vorgehen nicht ganz ungefährlich, denn manche Animal Hoarder können gewalttätig werden.
Für den Tierschutz ist die Auflösung eines Animal-Hoarding-Bestands auf jeden Fall immer eine immense Belastung. Auf einen Schlag müssen die Tierheime eine grosse Zahl an kranken und verhaltensauffälligen Tieren aufnehmen, die zudem nicht immer weitervermittelt werden können.
Tierquälerei: Haustiere werden oft halbtot ins Tierhaus abgeschoben
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In extrem schlechtem Zustand landen Haustiere immer öfter im Zürcher Tierhaus: Diese Katze war unter ihrem usrprünglich verfilzten Fell nur noch Haut und Knochen.
Bild: Zürcher Tierschutz
Dieser Hund litt unter massivem Zahnstein. Zahnfleischentzündungen und Schmerzen sind häufig die Folge.
Bild: Zürcher Tierschutz
Nur dank sofortiger Einweisung in die Tierklinik und tagelanger intensiver medizinischer Betreuung konnte die diabeteskranke Katze Lily überleben.
Bild: Zürcher Tierschutz
Völlig verfilzt kam dieses Kaninchen ins Zürcher Tierhaus. Beim Scheren kam die massiv entzündete Haut zum Vorschein.
Bild: Zürcher Tierschutz
Ein Meerschweinchen mit überlangen Krallen. Es konnte kaum mehr gehen.
Bild: Zürcher Tierschutz
Manche Katzen die ins Tierhaus kommen sind so verfilzt, dass sich massive «Pelzplatten» auf ihren Rücken bildeten.
Bild: Zürcher Tierschutz
Dieser Zwerghamster konnte kaum mehr fressen, da sein oberer Nagezahn viel zu lang war.
Bild: Zürcher Tierschutz
Bei diesem Kaninchen wurde die Fellpflege komplett vernachlässigt.
Bild: Zürcher Tierschutz
Ein falsch strukturiertes Gehege führte bei diesem Kaninchen zu derart langen Krallen.
Bild: Zürcher Tierschutz
Zahnfleisch und Zähne dieser Katze waren so entzündet, dass sich bei den Backenzähnen schon Eiter bildete.
Bild: Zürcher Tierschutz
Diese Katze hatte so starken Schnupfen, dass sie vor lauter Schleim nicht mehr durch die Nase atmen konnte.
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