Iberische Küste Orca-Angriffe stellen Forscher vor Rätsel

twei

10.10.2020

Orcas tragen zwar den Beinamen Killerwal, auf Menschen haben sie es für gewöhnlich aber nicht abgesehen. Doch zuletzt häuften sich vor der iberischen Atlantikküste Orca-Attacken auf Boote.
Orcas tragen zwar den Beinamen Killerwal, auf Menschen haben sie es für gewöhnlich aber nicht abgesehen. Doch zuletzt häuften sich vor der iberischen Atlantikküste Orca-Attacken auf Boote.
Bild: Keystone

Warum greifen Orcas vor den Küsten von Portugal und Spanien Boote an? Auf der Suche nach der Ursache fischen Forscher weiter im Trüben. Spanische Behörden haben sich nun zu einem radikalen Schritt entschieden.

Anfangs waren es nur vereinzelte Zwischenfälle, doch langsam aber sicher werden die Angriffe von Orcas auf Boote vor der iberischen Küste zum ernsten Problem. Mehr als 15 Attacken von Schwertwalen auf Boote hat es in den Sommermonaten gegeben, wie «Blick» schreibt. Allein: Die Gründe für die ungewöhnlich feindselige Einstellung der Meeresbewohner gegenüber Menschen bleibt rätselhaft.

Schliesslich halten sich die Tiere normalerweise von Booten fern – obwohl sie auch unter dem martialischen Beinamen Killerwale bekannt sind. Umso überraschter sind Forscher, dass Orcas im Juli und August unter anderem an der Strasse von Gibraltar, vor der portugiesischen Küste und vor Galizien auf Konfrontationskurs gingen.

Spanische Behörden verhängen Segelverbot

Wie hilflos die Forscher bei der Beobachtung des rätselhaften Phänomens sind, macht ein Statement von Juan Antonio Romero von der Stiftung Fundación Oceanográfic im Gespräch mit dem Online-Wissenschaftsmagazins «Hipertextual» klar. «Die einzige klare Antwort, die wir geben können, ist, dass wir keinen blassen Schimmer haben, was da gerade vor sich geht», so der Experte.

Die Experten haben keine Ahnung, wie sie das Verhalten der Orcas einordnen sollen.

Während die Wissenschaftler auf der Suche nach der Ursache für die Attacken der Schwertwale noch im Trüben fischen, entschlossen sich spanische Behörden nun zu rigorosen Massnahmen. Bereits seit einigen Tagen ist es Booten und Schiffen mit einer Länge unter 15 Metern untersagt, in den Bereichen zu segeln, in denen es Vorfälle gegeben hatte. Von dem Verbot erhofft sich das Verkehrsministerium in Madrid, dass sowohl Menschen als auch die Tiere geschützt werden.

Orcas auf Rachefeldzug?

Der Forscher Víctor Hernández vermutet derweil einen «Rachefeldzug» der Orcas hinter den Aktionen. Er begründet seine Theorie mit Harpunenschüssen, die im Juli zwei Weibchen verletzt haben sollen. Dennoch warb der Wissenschaftler dafür, die Tiere nicht zu verurteilen. Panik zu schüren sei laut Hernández kein probates Mittel.



Der Ansatz des Spaniers mag auf den ersten Blick abwegig klingen, aber auch der Meeresbiologe und Verhaltensforscher Karsten Brensing hält die Theorie für möglich. Gegenüber «RND» erklärte er: «Darüber mag man vielleicht lachen oder das als übertrieben ansehen, aber wenn man die kognitiven Fähigkeiten von Orcas bedenkt, wäre das absolut denkbar.»

Coronakrise als potenzielle Ursache

Zudem befürwortete Brensing das Vorgehen der spanischen Behörden. Das Segelverbot könne im Rahmen der Deeskalation helfen. Ausserdem befand der Experte es für sinnvoll, die Reize für mögliche weitere Attacken der Tiere möglichst gering zu halten.

Eine potenzielle Ursache für das aggressive Verhalten der Tiere könnte laut der Biologin María del Carmen Rodríguez auch die Corona-Pandemie sein. Der Lockdown könne bei den Orcas dazu geführt haben, dass sie sich «an die Ruhe gewohnt» haben, wie sie gegenüber dem spanischen Radiosender Cope mutmasste. «Als es im Sommer dann plötzlich wegen des zunehmenden Schiffsverkehrs wieder deutlicher lauter wurde, hat der Lärm die Tiere vielleicht gestresst und aufgebracht.»

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