Depressive Symptome Die Pandemie schlägt auf die Psyche – besonders den Jungen

dpa/uri

8.6.2020

Nach ersten Ergebnissen eines internationalen Forschungsprojektes sind weit mehr Menschen mit schweren depressiven Symptomen belastet als vor der Pandemie. (Symbolbild)
Nach ersten Ergebnissen eines internationalen Forschungsprojektes sind weit mehr Menschen mit schweren depressiven Symptomen belastet als vor der Pandemie. (Symbolbild)
Bild: dpa

In der Corona-Krise leidet auch die psychische Gesundheit: Nach ersten Ergebnissen eines internationalen Projektes sind vor allem junge Menschen stark belastet. Das deckt sich mit einer Studie aus Basel.

Während der coronabedingten Einschränkungen hat sich die Belastung mit schweren depressiven Symptomen in der deutschen Bevölkerung nach ersten Ergebnissen einer Online-Befragung wohl merklich verstärkt. Vor allem für die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen sei ein Anstieg im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie zu beobachten, sagte Youssef Shiban, Professor für Klinische Psychologie an der Privaten Hochschule Göttingen (PFH). Das sei auch deshalb bedenklich, weil die Suche nach einem Psychotherapieplatz schon vor der Corona-Krise mit deutlichen Wartezeiten verbunden gewesen sei.

Ein ähnlicher Trend wie bei der Depressivität zeichnet sich nach Angaben von Shiban für andere Störungen ab. So sei bei Essstörungen ein deutlicher Zuwachs bei einer mittleren und schweren Symptombelastung zu erkennen.



Bisher nahmen rund 2'000 Menschen online an der Befragung teil. Geplant ist ein Vergleich zwischen Bundesländern sowie mit Norwegen und Kanada. Kooperationspartner sind die Universität Regensburg, die Inland Norway University of Applied Sciences und die Carleton University in Ottawa.

Vor allem junge Menschen fühlen sich einsam

Die Wissenschaftler verwenden den sogenannten ISR-Fragebogen – ein Instrument, mit dem Symptome für psychische Störungen erfasst werden. Gemäss der Normstichprobe des ISR wäre ein Anteil von schwerer Depressivität in der Allgemeinbevölkerung von einem Prozent zu erwarten, sagte Shiban. «In unserer Studie konnten wir hingegen einen Anteil schwerer Depressivität von fünf Prozent beobachten.» Es gebe Hinweise, dass solche Auswirkungen von Quarantänemassnahmen längerfristig bestehen bleiben könnten.

Zahlreiche Studien wie zum Beispiel das «COSMO»-Projekt untersuchen unter anderem das psychische Wohlbefinden der Menschen während der Corona-Pandemie. So empfanden Ende Mai 40,4 Prozent der für «COSMO» Befragten ihre persönliche Situation als belastend. 22,6 fühlten sich einsam. Vor allem junge Menschen und Singles bezeichneten sich als einsam – und Einsamkeit geht nach Beschreibung der Forscher mit «erheblichen Gesundheitsrisiken» einher. Zudem beklagte mehr als jeder Dritte eine geringe soziale Unterstützung – 2012 taten dies laut einer repräsentativen Studie nur 17 Prozent. Hintergrund könnten die Kontaktbeschränkungen sein, vermuten die Wissenschaftler.



Das «Covid-19 Snapshot Monitoring» («COSMO») ist ein Gemeinschaftsprojekt verschiedener deutscher Einrichtungen und dem Yale Institute for Global Health.

Zunahme von depressiven Symptomen in der Schweiz

Diese Studien decken sich in Teilen mit bereits früheren veröffentlichten Ergebnissen der noch laufenden Untersuchung «Swiss Corona Stress Study» für die Schweiz. Eine Umfrage der Universität Basel bei über 10'000 Personen aus der gesamten Schweiz hat hier für Anfang April ergeben, dass sich rund die Hälfte der Befragten während des Lockdowns gestresster fühlte, als vor der Corona-Krise.

Auch habe sich während dieser Phase die Häufigkeit von schweren depressiven Symptomen fast verdreifacht, berichtete die Uni Basel in einer Mitteilung. In der nicht repräsentativen Erhebung habe anderseits immerhin ein Viertel der Befragten angegeben, dass bei ihnen im Lockdown der Stress abgenommen habe.



Laut den Basler Forschern waren die Haupttreiber der Stresszunahme «Belastung durch Veränderungen bei der Arbeit/Ausbildung, Belastung durch das eingeschränkte Sozialleben und Belastung durch die Kinderbetreuung.» Bei 57 Prozent der Befragten hätten sich depressive Symptome verstärkt und die «Häufigkeit einer schweren depressiven Symptomatik» habe sich von 3,4 Prozent vor der Corona-Krise auf 9,1 Prozent im Lockdown erhöht. Nach diesen Ergebnissen waren die psychischen Folgen des Corona-Lockdowns jedoch unabhängig von Geschlecht, Alter, Religiosität oder Bildung.

Die anonyme Online-Umfrage läuft weiter, um nun zu untersuchen, wie sich die Lockerungen auf das psychische Befinden der Schweizer Bevölkerung auswirken.

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