Patent vor 65 Jahren Legos Erfolg hat auch etwas mit der Schweiz zu tun

Von Philipp Dahm

28.1.2023

Vor 65 Jahren meldet Godtfred Kirk Christiansen das Patent für Lego-Bausteine an – und eine Erfolgsgeschichte nimmt ihren Lauf. Vor der Jahrtausendwende kommen 30 Prozent von ihnen aus der Schweiz.

Von Philipp Dahm

Es ist der 28. Januar 1958, als sich Godtfred Kirk Christiansen auf dem Weg zum Patentamt in Kopenhagen macht. Er hat zuvor mit seinem Bruder Karl Georg und Axel Thomson, dem Lego-Vertriebsleiter in Deutschland, über ein Problem geredet: Die Kundschaft beschwert sich darüber, dass die Steine nicht gut halten.

Doch Godtfred Kirk Christiansen hat eine Lösung für das Problem gefunden und aufgezeichnet: Hohle Säulen innerhalb des Steins machen das Lego nicht nur stabiler. Nun kann man mit den Steinen auch Überhänge machen, ohne dass etwas verrutscht.

Lego-Zeichnung fürs Patentamt
Lego-Zeichnung fürs Patentamt
Europäisches Patentamt

Das Patent, das er vor 65 Jahren einreicht, ist der Grundstein, der Lego heute zum umsatzstärksten Spielwaren-Hersteller der Welt macht. Sein Produkt ist sowohl aus Kinderzimmern als auch aus so mancher Erwachsenen-Vitrine nicht mehr wegzudenken. Es gibt sogar Arm- und Beinprothesen aus Lego-Steinen.

Angefangen hat Lego ganz klein. Godtfred Kirk Christiansens Vater Ole Kirk Christiansen erfindet die Lego-Steine, doch die ersten Spielzeuge des Tischlers sind aus Holz. Ole heiratet, das Paar bekommt vier Kinder – doch 1932, als Goftfred 12 Jahre alt ist, stirbt seine Mutter. Im selben Jahr gründet Witwer Ole die Firma Lego.

Godtfred Kirk übernimmt den Familienbetrieb

Das Problem der Christiansens sind die immer wiederkehrenden Feuer. 1924 sind es Gotfred und Karl Georg, die es verursachen. 1942 löst ein Kurzschluss einen Brand aus, der die gesamte Fabrik, Lagerbestände und Baupläne vernichtet. 1944 steht zwar wieder eine neue Fabrik mit Fliessband, doch es ist nachvollziehbar, dass sich Lego ab 1947 von Holz auf Plastik verlegt.

1949 kommen die ersten Klemmbausteine auf den Markt, die damals noch Automatic Binding Bricks hiessen und sich an den Self-Locking Building Bricks des britischen Konkurrenten Hilary Page orientieren. Weil die Steine, die ab 1953 Lego Bricks heissen, innen hohl sind, ist das mit ihnen Gebaute jedoch nicht stabil – bis Godtfred seinen Geistesblitz hat.

Hilary Fisher Pages Interlocking Building Cubes von 1939 waren nur in Grossbritannien patentrechtlich geschützt. Lego kauft 1981 die Designrechte auf.
Hilary Fisher Pages Interlocking Building Cubes von 1939 waren nur in Grossbritannien patentrechtlich geschützt. Lego kauft 1981 die Designrechte auf.
Commons/Chas Shaunter

Er wird 1957 leitender Direktor und sein Vater wird zwar die Patent-Anmeldung noch erleben, stirbt aber wenige Wochen später: Nach Oles Tod am 11. März 1958 übernimmt Godtfred in seiner Heimatstadt Billund die Führung der Firma, dessen Name auf das Dänische «Leg godt» – also «Spiel gut» – zurückgeht.

Erste Lego-Fabrik ausserhalb Dänemarks in Baar ZG

Nachdem 1960 mal wieder ein Warenhaus in Flammen aufgeht, stellt Lego komplett auf Plastikspielzeug um und bringt 1969 Duplo – von duplus, Lateinisch für «doppelt» – auf den Markt. Das System mit den zweifachen Maassen ist mit den klassischen Steinen kompatibel.1968 eröffnet in Billund der erste Lego-Themenpark.

Der weitere Aufstieg der Firma lässt sich gut an den Lego-Figuren festmachen. 1974 erscheinen die ersten Figuren nur mit einem drehbaren Kopf und ohne Gesicht. Ab 1978 lässt sich die Hüfte beugen und auch die Arme kann man nun drehen. Die Figuren bekommen ein Standard-Gesicht. Ab 1989 erscheinen Figuren mit individuellen Gesichtszügen und Sonnenbrillen.

Ab 1968 produziert Lego auch in der Schweiz: Zuerst nur in Baar ZG, wo die erste Lego-Fabrik ausserhalb Dänemarks entsteht. Bald wird ausgebaut, Teile der Firma werden nach Steinhausen ZG ausgelagert, ein Betrieb in Au SG eröffnet und 1993 in Willisau LU eine weitere Fabrik hochgezogen. 1995 stirbt Godtfred Kirk Christiansen und sein Dohn Kjeld Kirk übernimmt das Ruder.

Krise kostet: Das Ende der Lego-Produktion in der Schweiz

Doch Lego kommt in den Folgejahren vom Kurs ab: Die Gewinne sinken. Im Jahr 2000 liegt das Unternehmen 20 Prozent unter den budgetierten Zielen und fährt einen Verlust von 200 Millionen Franken ein. Die Umstrukturierungen, die folgen, treffen die Schweiz hart, die bis dato rund 30 Prozent aller Lego-Artikel fertigt.

Die frühere Fabrik «Lego Lättich» in Baar ZG.
Die frühere Fabrik «Lego Lättich» in Baar ZG.
Commons/FFA P-16

Die Firma entlässt Mitarbeiter und schliesst ihre Standorte in den USA, der Schweiz und Deutschland. Ab 2005 geht es finanziell wieder bergauf. «Star Wars»-, «Indiana Jones»- und «Lego Ninjago»-Sets machen wieder Boden beim Kunden gut, so dass auch der Einstieg in die Welt der Filme und Games gelingt.

2018 belegt Lego auf der Forbes-Liste der wertvollsten Marken der Welt Platz 97. Kein Spielwaren-Hersteller macht mehr Umsatz, beim Gewinn liegt Lego unter den besten drei Unternehmen on der Branche. Heute gibt es Sets, die mehr als 10'000 Teile haben – wie der Eiffelturm oder die Lego-Weltkarte. Und Abkürzungen wie ELF – Erwachsener Lego Fan – oder AFOL – Adult Fan of Lego – sind etabliert.

Hier spielt wohl kein Kind: ein Lego Room in Clifton Heights, Pennsylvania, im Jahr 2011.
Hier spielt wohl kein Kind: ein Lego Room in Clifton Heights, Pennsylvania, im Jahr 2011.
Commons/Joe Miserendino

65 Jahre nach der Patent-Anmeldung ist ein Ende dieses Lego-Booms nicht in Sicht.