Die Adria kocht über Italienische Fischer kämpfen ums Überleben

tgab

5.8.2024

Wenn «Meeresrotz» Netze und Schiffsschrauben verstopft, gehen die Fischer auf der Adria leer aus. (Symbolbild)
Wenn «Meeresrotz» Netze und Schiffsschrauben verstopft, gehen die Fischer auf der Adria leer aus. (Symbolbild)
IMAGO/Joerg Boethling

Italienische Fischer haben Schwierigkeiten, sich an das warme Meer mit eingewanderten neuen Fischarten anzupassen. Dazu macht Ihnen Algenschleim das Leben schwer.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Hohe Wassertemperaturen und an der Meeresoberfläche treibender Algenschleim bedrohen die Lebensgrundlagen der Fischer an der Adria.
  • Blockierte Schiffsschrauben und verstopfte Netze machen das Fischen unmöglich.
  • Neue Fischarten, die sich in dem wärmeren Wasser wohlfühlen, zwingen die Fischer dazu, sich umzustellen.

An mehreren Tagen im Juli erreichte die Meerestemperatur entlang der italienischen Adriaküste, die sich von Triest im Norden bis Capo d’Otranto im Süden erstreckt, Rekordwerte von 30 °C und übertraf diesen Wert in einigen Gebieten sogar leicht.

«Das Wasser fühlt sich sehr heiss an, fast wie ein Bad», sagt Daniele Montini, ein Einheimischer aus dem Küstenort Fano, dem «Guardian». In 50 Jahren habe sich viel verändert. «Ich erinnere mich, dass das Meer viel welliger war, jetzt ist es grösstenteils flach.» Und seine Frau Alfreda fügt hinzu: «Auch die Menge der Fische hat sich verändert und die Arten, manche existieren gar nicht mehr.»

Das hängt mit den gestiegenen Wassertemperaturen zusammen. Die Adria wird tropisch. Fischarten wandern ein, die es vorher dort nicht gab, wie zum Beispiel der Schwertfisch, während verschiedene Arten von Weissfischen, wie zum Beispiel der Steinbutt, fast ausgestorben sind. Die Fischer müssen sich umstellen.

Tropische Wassertemperaturen produzieren «Meeresrotz»

Darüber hinaus haben die warmen Wassertemperaturen und die schwachen Strömungen dazu beigetragen, dass in diesem Sommer, insbesondere in den nördlichen und zentralen Gebieten der Adria «Meeresrotz» die Meeresoberfläche bedeckt – eine dicke, schleimige, weiss-gelbe Substanz aus verschiedenen Mikroalgen, die sich bei den wärmeren Temperaturen explosionsartig vermehrt haben.

Das letzte Mal trat das Phänomen im Jahr 1989 vergleichsweise stark in Erscheinung, vor allem in den Gewässern vor den Küstenorten der Region Emilia-Romagna, was die Strandbesucher in die Flucht schlug und die Fischer vor Probleme stellte – und nun abermals ihre Lebensgrundlage bedroht.

Denn während die meisten Fischarten dem Schleim entkommen können, laufen Schalentiere wie Muscheln Gefahr, zu ersticken. Ausserdem verstopft die Mucillagine, wie das Ereignis auf Italienisch heisst, die Schiffsschrauben der Fischerboote und blockiert die Fischernetze.

Wenn das passiere, sei es «unmöglich zu fischen», erklärt Alessandro Ciavaglia der britischen Tageszeitung. Seit 40 Jahren arbeitet er als Fischer auf der Adria. Er sagt, er habe noch nie so hohe Meerestemperaturen und so viel Schleim erlebt. «Wir sprechen von 30 Grad, sogar draussen auf dem offenen Meer.».

Fischer konnten einen Monat lang nicht arbeiten

Ciavaglia kommt über die Runden, aber kleineren unabhängigen Fischern weiter oben an der Küste, etwa in Pesaro oder im benachbarten Cattolica in der Emilia-Romagna, geht es deutlich schlechter. Anna Franchini, die eine Genossenschaft für Kleinfischer vertritt, sagt dem «Guardian»: «Die Fischer hier konnten seit einem Monat nicht arbeiten. Die Wut ist gross, auch wegen der hohen Kosten und der ausufernden Bürokratie, mit denen die Menschen zu kämpfen haben.»

Fischereiverbände in den am stärksten betroffenen Regionen, darunter Venetien, Emilia-Romagna, Marken und Abruzzen, haben die Regierung aufgefordert, den Ausnahmezustand auszurufen, damit Massnahmen schnell durchgesetzt werden können, die zum Überleben der Fischer beitragen könnten.

Denn die Adria – ein Teil des Mittelmeers – und die Meere rund um Sizilien sind Italiens grösste Fischproduzenten. Und dabei hat das Meer seine Höchsttemperatur noch gar nicht erreicht, die tritt normalerweise erst etwa Mitte August auf.