Zwischen Wunsch und WissenschaftWaffen als Wettermacher: Was bringt die Hagelrakete wirklich?
SDA
9.8.2019
Wettermachen mit Waffen? In der Ostschweiz werden Hagelabwehrraketen am Himmel noch immer regelmässig eingesetzt.
Der 1. August ist abgefeiert, aber noch ist's nicht vorbei mit der Knallerei. Namentlich in der Ostschweiz wird regelmässig vor Gewittern in den Himmel geballert – mit Hagelabwehrraketen.
Einst in der ganzen Schweiz ein Knaller, wird diese Waffe gegen die siebente biblische Plage heute fast nur noch im Thurgau eingesetzt. Dort allerdings mit Inbrunst. Vielleicht, weil ein Sohn des Kantons die Hagelrakete (höchstwahrscheinlich) erfunden hat: der Kreuzlinger Pyrotechniker Karl Müller. «Wetterdiktator gestorben», hiess es 1942 in seinem Nachruf.
Wikipedia schreibt allerdings die Entdeckung der wettermachenden Wirkung des Silberiodids – dem Wirkstoff, den die Raketen in die Wolken hineintransportieren –, dem amerikanischen Nobelpreisträger Irving Langmuir zu und datiert sie auf 1946. Karl Müller, Seniorchef der pyrotechnischen Fabrik Müller in Kreuzlingen, hat aber schon anfangs der 1940er mit Silberiodid gefüllte Hagelraketen produziert.
Schuss in den Ofen
Mit dem Silberiodid werden Gewitterwolken «geimpft». Die Salzkristalle wirken als «Keime», an denen Wasserdampf kondensieren kann. Der Aufwind im Innern der Gewitterwolke transportiert die so entstandenen Tröpfchen in bis zu 15 Kilometer Höhe, wo sie gefrieren und dann herabfallen. Unten lagert sich weiteres Wasser an, und die Eiskristalle steigen erneut im Aufwind. Hagelkörner drehen wie in einem Paternosterlift bis zu fünf Runden, bis sie so schwer sind, dass sie ganz herunterfallen.
Das Silberiodid vermehrt die natürlichen Keime in der Wolke, so dass statt weniger grosser viele kleine Hagelkörner entstehen. Im besten Fall schmelzen sie, bevor sie auf den Boden auftreffen. Soweit die Theorie. Im Labor funktioniert sie auch. In der Realität aber ist sie ein Schuss in den Ofen, wie ihre Kritiker behaupten.
Endgültig den Umzug verhagelt hat den zahlreichen Hagelschützen-Vereinen im Land ein Experiment der ETH. Der sogenannte «Grossversuch 4», bei dem im Zeitraum von 1977 bis 1983 im Napfgebiet mit riesigen russischen «Oblako»-Hagelraketen auf Gewitterwolken geschossen wurde, verlief absolut wirkungslos. Aus den geimpften Wolken hagelte es genauso oft wie aus den nicht geimpften.
Einer der damaligen Leiter des Versuchs, der mittlerweile emeritierte ETH-Professor Albert Waldvogel, erklärte es in einem TV-Interview so: Mit einer Hagelrakete die Vorgänge in einer Gewitterwolke beeinflussen zu wollen, sei etwa dasselbe, wie mit einer Petarde zu versuchen, ein Stadion mit Rauch zu füllen – und zwar ein Stadion mit dem Volumen des Matterhorns.
Hagelschutz unter Beschuss
Für die Hagelschützenvereine, die seit den 1950ern wie Pilze aus dem Boden geschossen waren, war der «Grossversuch 4» fatal. Die Eidgenössische Kommission zum Studium der Hagelbildung und Hagelabwehr wurde danach aufgelöst. Sowohl der Bund wie Versicherungen lehnten aufgrund der Studie die weitere Finanzierung der Hagelabwehr ab.
Auch in den Gemeinden wuchs die Skepsis. 2017 musste die Schweizerische Vereinigung für Hagelbekämpfung dichtmachen, nachdem zwei ihrer drei letzten grossen Regionalverbände aufgegeben hatten.
Übrig geblieben ist diesseits der Saane nur der Hagelabwehrverband Ostschweiz HavOs, der von 41 Gemeinden getragen und finanziert wird. Er beruft sich auf eine Studie der österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) aus dem Jahr 2005, die unter anderem eine «deutliche Abnahme des Durchmessers der Hagelkörner» nach Impfung mit Silberiodid nachgewiesen haben will.
Die Grazer Studie basierte auf «Seeding» nicht aus Hagelraketen, sondern aus Flugzeugen, wie es auch in Bayern praktiziert wurde. Seit einem Jahr sponsert die Baloise-Versicherung einen solchen Hagelflieger auf dem Flugplatz Birrfeld (AG).
Hagelflieger können zwar Silberiodid-Ladungen gezielter unter der Aufwindsäule der Wolke platzieren als Raketen, nutzen tut das aber laut Experten nicht viel. «Dieser Hagelflieger ist eine Dummheit», wetterte Jürg Kachelmann in seinem Blog. «Das Geld für den Schwachsinn» solle man doch besser «direkt aus dem Flügerli werfen lassen. Es würde am Wetter nichts ändern, aber die Menschen hätten wenigstens etwas davon».
Kachelmanns Witz war nicht neu. Während des «Grossversuchs 4» in den 1970ern und 80ern im Napfgebiet war die Bevölkerung aufgerufen, Fundstellen von herabgefallenen Raketenhülsen auf der Gemeinde zu melden. Es winkte ein Finderlohn von 50 Franken pro Tipp. Auch damals hiess es: Das sei das einzige gewesen, was die Hagelraketen gebracht hätten.
Immer wieder gehen in der Schweiz und auf der ganzen Welt tausende Schüler und Schülerinnen für das Klima auf die Strasse. Aber was passiert da überhaupt mit unserem Klima? Wissen Sie Bescheid?
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In Europa gab es bis vor rund 250 Jahren noch eine kleine Eiszeit. Das Klima hat sich also immer schon gewandelt. Wo liegt das Problem?
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Menschgemachter Klimawandel ist ein Problem, weil er viel schneller passiert als der natürliche. Die Natur kann sich nicht so schnell anpassen. Deswegen kommt es zu immer extremeren Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Stürmen oder Erdrutschen, wie 2017 in Bondo im Tessin.
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Erdöl kommt ja auch aus der Natur. Warum ist es so schädlich für das Klima?
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Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Erdöl, Stein- und Braunkohle sowie Erdgas werden unnatürlich grosse Mengen CO2 ausgestossen. Zum Vergleich: Alle Vulkane auf der Welt stossen jährlich etwa 200 Millionen Tonnen CO2 aus, während unsere Automobil- und Industrieaktivitäten jedes Jahr weltweit rund 24 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen verursachen.
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Und weshalb ist CO2 so gefährlich für das Klima?
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In sehr kleinen Mengen produziert jeder Mensch CO2, wenn er ausatmet. Das Problem ist die Menge. Weil CO2 Wärme speichert, gilt also: Je mehr CO2 in der Atmosphäre, desto wärmer wird es auf der Erde. Solche Gase nennt man auch Treibhausgase.
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Was genau ist der Treibhaus-Effekt?
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Wie die Glasfassade beim Treibhaus lässt die Atmosphäre Sonnenstrahlen hinein, die dann in Wärme umgewandelt werden. Ohne diesen Effekt wäre es -18°C kalt auf der Erde. Prinzipiell braucht es den Treibhauseffekt also. Durch das viele CO2 in der Luft wird dieser Effekt aber zusätzlich verstärkt und es wird zu warm.
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Kann CO2 auch wieder aus der Luft herausgefiltert werden?
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Ja. Das Edelgas ist die «Nahrung» der Bäume. Diese nehmen CO2 auf und wandeln es in Sauerstoff um (Photosynthese). Heute wird aber viel mehr CO2 produziert, als die Bäume der Welt wieder abbauen können. Zudem werden auch immer mehr Wälder abgeholzt.
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Welche anderen wichtigen klimaschädlichen Gase gibt es neben CO2 noch?
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Zum Beispiel Methan (CH4). Es speichert 25 Mal mehr Wärme als CO2 und ist deshalb auch noch gefährlicher. Methan entsteht in grossen Mengen in der Fleischproduktion, nämlich durch die Verdauung der Kühe. Weiter ist Lachgas (N2O) problematisch. Es entsteht in überdüngten Feldern wenn der Stickstoffdünger nicht richtig von den Pflanzen abgebaut wird. Lachgas ist sogar 250 Mal stärker als CO2 in seiner Treibhausgaswirkung!
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Wieviel wärmer ist es schon geworden durch uns Menschen in den letzten 100 Jahren?
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Weltweit ist es durchschnittlich bereits 0.9°C wärmer geworden. In der Schweiz sogar ganze 1.4°C. Das ist so warm, dass wir unsere Gletscher mit Vlies abdecken müssen, damit sie etwas weniger schnell dahinschmelzen.
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