Fragen und Antworten Beschleunigt der Omikron-Subtyp BA.2 die Pandemie?

uri

26.1.2022

Corona-Mutationen: Welche Virusvariante setzt sich durch?

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Alpha, Delta, Omikron und vielleicht bald Lambda, My und Deltakron? Wer blickt da noch durch? Wir beantworten die wichtigsten Fragen im Video.

19.01.2022

Der Subtyp BA.2 der Omikron-Variante breitet sich in Dänemark rasant aus. Auch in der Schweiz gibt es erste Fälle. Experten befürchten, dass er noch ansteckender ist als die bislang vorherrschende Variante.

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Der Höhepunkt der Omikron-Welle in der Schweiz ist laut den Experten des Bundes noch nicht erreicht. Dabei dürften sich bereits allein in der letzten Woche – inklusive der Dunkelziffer –  bis zu 950'000 Menschen infiziert haben, wie die Taskforce gestern auf der BAG-Medienkonferenz bekannt gab. Damit hätte sich in nur sieben Tagen rund jede zehnte Person in der Schweiz neu angesteckt. Nun gibt es Hinweise, dass ein weiterer Subtyp der Omikron-Variante sich womöglich noch bedeutend schneller verbreiten könnte. Auch in der Schweiz ist BA.2 bereits angekommen.

Was hat es mit dem Omikron-Subtyp BA.2 auf sich?

Die Weltgesundheitsorganisation WHO unterscheidet bislang nicht zwischen Omikron und seiner Sub-Variante BA.2 (alias B.1.1.529.2). Auch ist BA.2 nicht gänzlich neu. Der Subtyp wurde bereits am 18. November 2021 entdeckt. Es handelt sich dabei um eine «Schwester» der derzeit vorherrschenden Omikron-Subvariante BA.1, wie die an der Universität Bern forschende Epidemiologin Emma Hodcroft blue News erklärte.

Gegenüber BA.1 unterscheidet sich BA.2 allerdings durch mindestens zehn Mutationen an wichtigen Stellen des Spike-Proteins, wie der dänische Experte Anders Fomsgaard dem Nachrichtenmagazin «Spiegel» sagte. Damit weist das Virus Veränderungen an jenen Stellen auf, mit denen es an menschlichen Zellen andockt und auch in sie eindringt. «Man kann sagen, der Unterschied zwischen BA.1 und BA.2 ist ungefähr so wie beim Wildtyp und der Alpha-Variante», veranschaulicht Fomsgaard den qualitativen Unterschied der Varianten.

BA.2 wird zudem auch als «stealth variant» oder «getarnte Variante» bezeichnet, da hier eine Mutation fehlt, die bei PCR-Tests sofort auffiel. Durch gängige PCR-Tests kann der Subtyp also nicht wie etwa BA.1 leicht als Omikron-Variante erkannt werden. Dafür sind in diesem Fall aufwendigere Genom-Untersuchung nötig, was die Nachverfolgung des Subtyps nicht leichter machen dürfte. Wie der Basler Biophysiker Richard Neher «Spiegel» sagte, gibt es derzeit immerhin «keine Hinweise, dass es Unterschiede bezüglich der Nachweisbarkeit durch Antigen-Schnelltests gibt».

Wie verbreitet ist BA.2 in der Schweiz?

In der Schweiz hat sich BA.2 offenbar noch nicht breit durchgesetzt. Sie ist bislang zehnmal registriert worden, sagte Urs Karrer, Vizepräsident National Covid-19 Science Task Force, gestern. Laut Epidemiologin Hodcroft sind diese Fälle aber nicht an einem Ort konzentriert, sondern bereits über mehrere Kantone verteilt.

Wo zirkuliert der Subtyp noch?

BA.2. wurde bisher in annähernd 50 Ländern nachgewiesen. Das PANGO-Verzeichnis der Coronaviren weist Dänemark dabei als das am stärksten betroffene Land aus. Allein hier sind demnach bislang fast 80 Prozent der bis dato nachgewiesenen Fälle aufgetreten. Mit grossem Abstand darauf folgen Grossbritannien (6 Prozent der BA.2-Fälle), Indien (5 Prozent), Schweden (2 Prozent) und Singapur (2 Prozent).

Passant*innen am 22. Januar 2022 in London: Der Omikron-Subtyp BA.2 tritt in Grossbritannien bislang am zweithäufigsten auf – nach Dänemark. 
Passant*innen am 22. Januar 2022 in London: Der Omikron-Subtyp BA.2 tritt in Grossbritannien bislang am zweithäufigsten auf – nach Dänemark. 
Bild: Getty Images

Was ist über die Ausbreitungsgeschwindigkeit von BA.2 bekannt?

Zahlen des Statens Serum Instituts, dem Zentrallabor des dänischen Gesundheitsdienstes, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurden, lassen aufhorchen, was die Verbreitungsgeschwindigkeit angeht: «Die Subvariante BA.2 machte in Woche 52 20 Prozent aller Covid-19-Fälle in Dänemark aus und stieg in Woche 2 auf etwa 45 Prozent an», heisst es in einer Mitteilung des Instituts. Im gleichen Zeitraum sei zudem die relative Häufigkeit von BA.1 gesunken.

Expertinnen und Experten schlagen deshalb bereits Alarm. Der US-amerikanische Epidemiologe Eric Feigl-Ding etwa zeigte sich auf Twitter besorgt über die hohe Verbreitungsgeschwindigkeit in Dänemark. Aufgrund der Daten sei davon auszugehen, dass sich BA.2 entweder noch schneller verbreiten könne als BA.1 oder aber den Immunschutz besser umgehe. BA.2 habe hier lediglich einen Monat benötigt, um die bereits hochinfektiöse BA.1-Variante zu überholen, schreibt Feigl-Ding. Gemäss Modellierungen vermutet er, dass die Verbreitung von BA.2 sogar doppelt so schnell vor sich gehen könne wie bei BA.1

Auch in Grossbritannien, wo man in den ersten zehn Januartagen mindestens 400 durch den Subtyp infizierte Menschen registriert hat, wurde BA.2 bereits als «Variante unter Beobachtung» eingestuft. Das trifft üblicherweise Mutanten, die häufig irgendwann zu «besorgniserregenden Varianten» hochgestuft werden. Die am University College London forschende Christina Pagel sieht hier «sehr frühe» Indikatoren dafür, dass sich BA.2 gegen BA.1 durchsetzen könnte.

Ist BA.2 womöglich gefährlicher?

Generell weiss man momentan noch «sehr, sehr wenig über BA.2», wie Epidemiologin Hodcroft zu blue News sagte. Die Variante sei dem derzeit weltweit dominanten Subtyp BA.1 aber ähnlich, weshalb man davon ausgehe, dass er auch ähnliche Eigenschaften zeige. Aufgrund der Mutationen könne es aber auch weitere Unterschiede geben. Ob BA.2 für schwerere Krankheitsverläufe sorgt als BA.1 – oder womöglich sogar für leichtere – ist also noch nicht klar.

Der französische Epidemiologe Antoine Flahault, Leiter des Instituts für Globale Gesundheit der Universität Genf, sagte der Nachrichtenagentur AFP, angesichts der Ausbreitung von BA.2 sei Wachsamkeit angesagt, nicht jedoch Panik. Nach dem bisherigen Kenntnisstand verliefen Infektionen mit dem Subtyp nicht schwerer, so Flahault.

Geteilt wird die Einschätzung vom Virologen Tom Peacock vom Imperial College in London. «Sehr frühe Beobachtungen aus Indien und Dänemark deuten darauf hin, dass es keinen dramatischen Unterschied im Schweregrad im Vergleich zu BA.1 gibt», teilte er auf Twitter mit. Auch werde es «wahrscheinlich nur minimale Unterschiede in der Wirksamkeit des Impfstoffs gegen BA.1 und BA.2 geben», vermutet Peacock.

Kann BA.2 den Pandemieverlauf beeinflussen?

Auch hier ist es für eine abschliessende Beurteilung zu früh. Virologe Peacock wagt indes auf Twitter einen Ausblick: «Ich persönlich bin mir nicht sicher, ob BA.2 einen wesentlichen Einfluss auf die aktuelle Omikron-Welle der Pandemie haben wird», schrieb Peacock. «Selbst bei einer geringfügig höheren Übertragbarkeit handelt es sich absolut nicht um eine Veränderung wie von Delta zu Omikron, sondern wahrscheinlich um eine langsamere und subtilere», lautet seine Prognose.

Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa