Leben im AllGibt es wirklich 36 intelligente Zivilisationen in der Milchstrasse?
Gil Bieler, mit Material der dpa
21.6.2020 - 14:02
In der Milchstrasse könnte es gut drei Dutzend intelligente Zivilisationen geben, glauben britische Forscher. Ein Astrophysiker der ETH Zürich setzt allerdings ein Fragezeichen hinter solche Schätzungen.
Gibt es intelligentes Leben da draussen? Das fragen sich nicht nur Laien beim Blick in den Sternenhimmel, sondern auch Forscher. Letztere tun es eben etwas konkreter – so Tom Westby und Christopher Conselice von der Universität im englischen Nottingham.
Die beiden Wissenschaflter interessierten sich dafür, wie viele kommunizierende extraterrestrische Intelligenzen (CETI) es in der Milchstrasse wohl geben könnte, die sich im Prinzip durch ihre Funksignale aufspüren lassen könnten. Ihre Antwort: rund 36.
«Die Idee ist, die Evolution im kosmischen Massstab zu betrachten», erläuterte Conselice. «Unter der Annahme, dass es wie auf der Erde rund fünf Milliarden Jahre dauert, bis sich intelligentes Leben auf anderen Planeten entwickelt, sollte es zumindest ein paar Dutzend aktive Zivilisationen in unserer Galaxie geben», schreiben die Forscher im Fachblatt «The Astrophysical Journal».
Für ihre Schätzung betrachteten die Wissenschaftler den Anteil sonnenähnlicher Sterne in der Milchstrasse mit erdähnlichen Planeten in ihrer bewohnbaren Temperaturzone. Ausserdem setzten sie als mittlere Lebensdauer einer kommunizierenden Zivilisation 100 Jahre an: So lange existiert Funkkommunikation auf der Erde. Auf diese Weise kamen sie auf rund 36 aktive Zivilisationen in unserer Galaxie. Der mittlere Abstand zwischen diesen Zivilisationen betrage rund 17'000 Lichtjahre.
Wie die Schätzung zustande kam
Dr. Daniel Angerhausen vom Institut für Teilchen- und Astrophysik an der ETH Zürich sieht solche Berechnungen skeptisch. «Immer wieder setzen Wissenschaftler Zahlen in die sogenannte Drake-Equation ein, um somit – jedes Mal unter anderen Annahmen – die Anzahl der intelligenten Zivilisationen zu berechnen», erklärt er auf Anfrage von «Bluewin». «Und genau in diesen Annahmen steckt meiner Meinung nach der Haken.»
Im vorliegenden Beispiel macht ihn die Annahme stutzig, dass intelligentes Leben früher («strong Copernican») oder später («weak Copernican») auf jedem belebtem Planeten entstehe. «Das mag zwar intuitiv plausibel klingen, dazu gibt es aber keine soliden wissenschaftlichen Beweise», sagt Angerhausen. Er spricht allenfalls von einem «educated guess», einer begründeten Vermutung.
«Dass die Entstehung von hoher Intelligenz auf Planeten auch sehr rar sein könnte, wird von ihnen nicht berücksichtigt und ausgeschlossen.» Ein anschauliches Beispiel für diese Überlegungen seien die Dinosaurier: «Sie lebten Hunderte Millionen von Jahren auf der Erde, ohne sich am Ende zwangsläufig zur Hochintelligenz zu entwickeln. Sonst hätten sie vielleicht auch den Asteroiden überlebt.»
An Forscherinnen und Forschern, die nach Lebensspuren im All suchen, mangelt es nicht. Schliesslich möchte jeder der oder die erste sein, die Erfolge vermelden könnte.
«Es wäre der erstaunlichere Fall, wenn es im Kosmos kein anderes Leben gäbe», sagte die Astronomin Lisa Kaltenegger, Direktorin des Carl-Sagan-Instituts an der Cornell University in den USA, vor Kurzem in der «NZZ am Sonntag». Die Frage sei daher auch nicht, ob es andere Lebensformen gebe – sondern, ob diese zur Kommunikation fähig wäre.
Auf menschlicher Seite scheinen wir jedenfalls gerüstet zu sein: «Mit den neuesten Teleskopen und insbesondere der nächsten Generation von Missionen und Instrumenten haben wir durchaus die Technologie, Spuren von einfachen und auch intelligentem Leben zu finden», erklärt Daniel Angerhausen von der ETH Zürich. «Deswegen ist es eine sehr spannende Zeit, in diesem Feld zu forschen.»
Dennoch: Direkter Kontakt wäre allein schon wegen der Distanzen schwierig. «Wenn eine Zivilisation nur zehn Lichtjahre entfernt ist – kosmisch gesehen ein Katzensprung –, dann würden wir 20 Jahre auf eine Antwort warten müssen», erklärt Angerhausen. Ein Lichtjahr entspricht der Distanz, die das Licht – oder auch ein Funkspruch – in einem Jahr zurücklegen. «Das ist zumindest nichts für Ungeduldige.»
Ein weiteres Problem: Die sogenannten Exoplaneten, die um andere Sterne kreisen wie die Erde um die Sonne und auf denen wir nach Leben suchen, seien sehr leuchtschwach. «Die Sterne strahlen Millionen bis Milliarden mal heller als die Planeten, und mit unseren Teleskopen müssen wir zunächst das Licht des Sterns von dem des Planeten trennen», erklärt Angerhausen.
Er arbeite an der ETH gerade mit Kollegen an einem Konzept für ein Teleskop namens Life (Large Interferometer For Exoplanets), das dieses Problem lösen soll: Das Abgleichen von mehreren Weltraumteleskopen soll es erlauben, auf Exoplaneten in unserer galaktischen Nachbarschaft nach Spuren von Leben zu suchen.
Rückschlüsse auf unsere Existenz erhofft
Die Fahndung nach den Ausserirdischen in unserer weiteren kosmischen Umgebung könne uns auch Hinweise auf das Schicksal unserer eigenen Zivilisation liefern, meinen die Forscher Westby und Conselice. «Wenn wir feststellen, dass intelligentes Leben häufig ist, würde das aufzeigen, dass unsere Zivilisation deutlich länger als ein paar Jahrhunderte existieren kann», erläutert Conselice.
«Anderenfalls, wenn wir feststellen, dass es keine aktiven Zivilisationen in unserer Galaxie gibt, ist das ein schlechtes Zeichen für unsere eigene dauerhafte Existenz.»
Galerie: Mysteriöse Kreaturen gibt es auch auf der Erde
Ein Evergreen unter den monströsen Erscheinungen ist das Ungeheuer von Loch Ness (hier auf einem frühen Foto aus den 1930er Jahren) in Schottland. Angeblich wurde es erstmals im 6. Jahrhundert erwähnt, ist heute weltberühmt und wird mit gewisser Regelmässigkeit gesichtet - zuletzt sogar in England! Leider haben sich bis jetzt fast alle Bilder als mehr oder weniger gut gemachte Fälschungen erwiesen. In Zeiten der Möglichkeiten digitaler Bildbearbeitung wird Nessie, wie das Ungeheuer auch liebevoll genannt wird, jedenfalls mit grosser Sicherheit noch häufiger auftauchen.
Bild: Keystone
Der Kopf der kleinen Mumie aus der Wüste Atacama in Chile erinnert an typische Vorstellungen von Ausserirdischen. Weitere Funde von mysteriösen Wesen und Kreaturen zeigen wir in dieser Bilderstrecke.
Bild: Bhattacharya S et al./Cold Spring Harbor Laboratory/dpa
Puppe des sogenannten Roswell-Aliens im International Ufo Museum in Roswell, New Mexico: Das Wesen aus dem All soll 1947 in der Wüste New Mexicos mit einem Ufo geborgen worden sein und wurde anschliessend angeblich wissenschaftlich untersucht. Bei der fliegenden Untertasse, so meint ein offizieller Bericht, soll es sich jedoch lediglich um ein militärisches Fluggerät gehandelt haben, das getestet wurde. Der Alien selbst erlangte erst mit einem Film über die Ereignisse aus dem Jahr 1995 Berühmtheit und wurde dafür wohl lediglich aus Latex gefertigt - eine Existenz zuvor ist nicht verbürgt.
Bild: Getty Images
Ein TV-Bericht aus dem Jahr 1997 vermutet als Ursache für die Legende des Roswell-Aliens, ziemlich schlüssig, einen Dummy wie diesen hier, der über dem Gelände bei einem Experiment mit einem Fallschirm aus grosser Höhe abgeworfen wurde.
Bild: Keystone
Dieser angebliche Yeti-Skalp im Kloster von Pangboche im nepalesischen Khumbu - hier auf einer Aufnahme aus den 1970er Jahren - ist inzwischen aus ungeklärten Umständen verschwunden. (Archiv)
Bild: Getty Images
US-Forscher nahmen nun DNA-Proben von angeblichen Yeti-Überbleibseln unter die Lupe, darunter auch ein Stück behaarter Haut von einer Hand oder Pranke, die in einem Kloster aufbewahrt worden war und ein Stück Oberschenkelknochen, das in einer Höhle auf dem Tibetanischen Hochplateau in 4500 Metern Höhe gefunden wurde.
Bild: Getty Images
Das Geheimnis der weissen Hirsche in Hessen ist gelöst - es handelt sich um Rotwild mit einer besonderen Erbanlage. «Wir haben es geschafft, das Gen zu finden, und können genau sagen, wie hoch der Prozentsatz der Träger ist», erklärten Wissenschaftler von der Universität Giessen.
Bild: dpa
Die Tiere sind Gegenstand von Aberglauben: Wer einen weissen Hirsch tötet, stirbt innerhalb eines Jahres - das besagt das Jägerlatein. Im Bild: Weisse Rothirsche (Cervus elaphus) stehen am 24. Mai 2017 im Tierpark Sababurg im Reinhardswald (Deutschland).
Bild: dpa
Ein sehr seltsames Objekt lag im Dezember 2016 plötzlich am Strand beim neuseeländischen Auckland - das sogenannte «Muriwai Monster».
Bild: Getty Images
Das Ding war nicht nur ellenlang, sondern stank auch bestialisch. Melissa Doubleday, die den Hype um das Objekt auf Facebook mit ihrer Frage «Bin neugierig. Weiss jemand, was das ist?» losgetreten hatte, berichtete später: «Alles darauf ist inzwischen gestorben und es stinkt wirklich übel.»
Bild: Getty Images
Auf dem mysteriösen Fund klebten unzählige Entenmuscheln, dazwischen tummelten sich Heerscharen von Würmern. Was sich unter der krabbelnden Oberfläche verbarg, darüber wurde in einer lokalen Facebook-Gruppe fleissig gerätselt. Manche dachten an den Kadaver eines Wals, andere glaubten, es könne ein antikes Maori-Kanu sein. Besonders kreative Beiträger glaubten an eine Zeitkapsel von Aliens oder an einen «Strand-Weihnachtsbaum».
Bild: Getty Images
Jemand aus der Facebook-Gruppe wollte es dann doch genauer wissen und fragte bei den Experten der Neuseeländischen Meeresforschungsgesellschaft nach.
Bild: Getty Images
Dort hatte man dann doch eine etwas weniger aufregende Erklärung auf Lager. Die Experten meinten, es handle sich höchstwahrscheinlich um ein riesiges und mit Entenmuscheln übersätes Treibholz. Der halb verrottete Baum sei mitsamt seinen tierischen Bewohnern wahrscheinlich durch das starke Erdbeben im November in Bewegung gekommen und an den Strand gespült worden.
Bild: Getty Images
Als sichere Fälschung gilt der sogenannte Cardiff Giant: Der mysteriöse Riese wurde 1869 im Dorf Cardiff bei New York ausgegraben. Später stellte sich heraus, dass es sich um eine menschengemachte Statue handelte, mit der der Tabakpflanzer George Hull den Pfarrer des Ortes veralbern wollte.
Bild: Getty Images
Die sogenannten Cottingley Fairies (deutsch: Cottingley-Feen) wurden 1917 auf fünf Fotos der jungen Cousinen Frances Griffiths und Elsie Wright im englischen Cottingley dokumentiert. Die Fotos stellten sich später als Fälschungen heraus - die zeichnerisch begabte Elsie hatte sie aus einem Buch auf Karton abgezeichnet, ausgeschnitten, und vor sich in Szene gesetzt. Die unechten Feen gelten bis heute als einer der grössten Hoaxes des 20. Jahrhunderts.