Corona-AbsturzSchweizer Wirtschaft erholt sich – und stagniert wieder
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1.12.2020 - 15:49
Die Schweizer Wirtschaft kommt bislang verhältnismässig glimpflich durch die Krise. Ein sattes Wachstum im dritten Quartal macht den Absturz im Frühling fast wett. Sorgen bereitet den Ökonomen die zweite Welle.
Die Schweizer Wirtschaft hat sich im dritten Quartal vom Corona-Absturz im Frühling sehr gut und schneller als erwartet erholt. Mit der zweiten Welle und neuen Restriktionen dürfte das Wachstum allerdings im vierten Quartal bereits wieder zum Stillstand gekommen sein.
In der Periode von Juli bis September 2020 stieg das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 7,2 Prozent. Vor allem die Binnennachfrage und Teile des Dienstleistungssektors haben sich nach der schrittweisen Lockerung der Corona-Massnahmen ab dem Frühsommer deutlich erholt, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Dienstag mitteilte.
Nachholbedürfnis hilft der Wertschöpfung
«Die Binnenwirtschaft und der private Konsum haben im Vergleich zu unseren Erwartungen im Sommer sicher positiv überrascht», sagte Ronald Indergand, beim Seco zuständig für die Konjunkturprognosen, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. So liege der private Konsum nach einem Wachstum von 11,9 Prozent im dritten Quartal nur noch etwa 1,5 Prozentpunkte unter dem Vorkrisenniveau. Viele Bereiche hätten von Nachholeffekten nach den Lockerungen profitiert.
Sehr starke Gegenbewegungen zu den Einbrüchen der zwei Vorquartale gab es etwa im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (plus 62 Prozent) sowie im Gastgewerbe (plus 73 Prozent). Die Öffnung von Sport-, Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie der gastronomischen Betriebe habe die Wertschöpfung sprunghaft ansteigen lassen, so das Seco.
Aussenhandel schwächelt weiter etwas
Etwas schwächer steht derweil der Aussenhandel da. Zwar erholten sich die Exporte nach Asien, aber die Dienstleistungsexporte litten weiter unter den ausbleibenden Touristen. «Es kommen weiterhin nur wenige Ausländer in die Schweiz für Ferien», so Indergand.
Mit der Erholung im dritten Quartal hat die hiesige Wirtschaft aber rund drei Viertel des Einbruchs im ersten Halbjahr wettgemacht, womit das BIP gemäss den Seco-Zahlen nur noch gut zwei Prozent unter dem Vorkrisenniveau von Ende 2019 liegt. Die Schweiz sei bislang verhältnismässig glimpflich durch die Corona-Krise gekommen, meinen die Bundesökonomen.
Der starke Aufschwung kommt zwar nicht ganz überraschend, war aber doch stärker als angenommen. «Da die Einkommen dank der Kurzarbeitsentschädigung nur wenig gelitten haben, konnten die Konsumenten nach der Wiedereröffnung der Geschäfte Gas geben», analysiert Alexander Koch von Raiffeisen Schweiz.
Alessandro Bee von der UBS ergänzt: «Die Schweizer Wirtschaft konnte sich dank der frühen Öffnung und den relativ milden Massnahmen wesentlich besser erholen als andere europäische Wirtschaften.» Das sieht auch Claude Maurer von der Credit Suisse so: «Die Schweiz steht im internationalen Vergleich gut da.»
Stagnation im vierten Quartal
Die starke Erholung aus dem dritten Quartal ist vorerst zu einem Halt gekommen. Die neuen Massnahmen im In- und Ausland aufgrund der zweiten Corona-Welle wirken sich auf die Wirtschaft aus und haben den Aufschwung zum Stillstand gebracht. Ein vom Seco neu geschaffener Index zur Berechnung der wöchentlichen Wirtschaftsaktivität mit Echtzeitdaten etwa aus Banktransaktionen oder dem Stromverbrauch, zeigt in den vergangenen Wochen eine Seitwärtsbewegung der hiesigen Wirtschaft.
Eine Abschwächung der Erholung habe man zwar erwartet, auch ohne eine zweite Corona-Welle, meinte Ronald Indergand vom Seco. Nun sei eine schwarze Null beim BIP-Wachstum im vierten Quartal «zwar nicht ausgeschlossen», die Risiken gegen unten überwögen aber ganz klar.
Allzu dramatisch wird das aber nicht gesehen. «Das BIP wird zwar im vierten Quartal wohl schrumpfen, aber deutlich weniger als in den Zeiten das Lockdowns im Frühling», sagte CS-Ökonom Maurer.