Referenzzinssatz steigt erstmals – Kostenschub für Mieter
Der sogenannte hypothekarische Referenzzinssatz steigt zum ersten Mal überhaupt. Dies ist wohl der Startschuss für eine Erhöhung der Mietzinsen in der Schweiz auf breiter Front.
01.06.2023
Das Bundesamt für Wohnungswesen BWO hat den Referenzzinssatz auf 1,5 Prozent erhöht. Damit dürften auch die Mietpreise anziehen. Nun hat das BWO zu den Folgen informiert. Die Details findest du im Stream.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Erstmalig wird der Referenzzinssatz für Wohnungsmieten per 2. Juni von 1,25 auf 1,50 Prozent angehoben.
- Bei der Einführung im Jahr 2008 er noch bei 3,5 Prozent gelegen und sank dann schrittweise. Im März 2020 erreichte er mit 1,25 Prozent sein Rekordtief.
- Für Mieter dürfte die Anhebung des Referenzzinssatzes bedeuten, dass auch die Mieten ansteigen.
- Das Bundesamt für Wohnungswesen hat die Medien zu den Folgen des Zinsentscheids informiert.
Die erstmalige Erhöhung des Referenzzinssatzes RZS durch das Bundesamt für Wohnungswesen führt zu einer neuen Situation, mit der dessen Verantwortliche keine Erfahrung haben. Wie viele Vermieter*innen ihre Mietzinse nun erhöhen, lasse sich zwar abschätzen, eine absolute Zahl kann Direktor Martin Tschirren nicht nennen.
Unklar ist auch, wie sich die Teuerung auf die Mieten auswirkt. Zwar sei es erlaubt, 40 Prozent der Teuerung auf die Mieten zu überwälzen. In der Praxis sei das aber kompliziert und lohne für die Vermietenden den Aufwand oft nicht. Sollte die Teuerung deutlich ansteigen, könnte das aber anders aussehen.
Mit den Prognosen gewisser Banken, dass die Referenzzinsen in den nächsten Jahren weiter kräftig ansteigen werden, will Tschirren nicht mitgehen. Er stellt einzig in Aussicht, dass es gut möglich sei, dass der Referenzzins auch im kommenden Winter erhöht werden könnte. Das wären voraussichtlich weitere 0,25 Prozent, sodass die Mieten insgesamt um 6 Prozent steigen könnten. Bei einer Miete von 2000 Franken wären das 120 Franken im Monat und 1440 Franken im Jahr.
Flächendeckend dürften die Mieten verzögert reagieren, dies weil nur jene Mieten erhöht werden dürfen, die auf dem davor geltenden RZS basieren. Sei es, weil die Verträge erst nach März 2020 abgeschlossen wurden, oder weil die Vermietenden die Senkungen weitergegeben und die Miete ebenfalls reduziert haben. Dass die Mieten generell steigen, ist aber so gut wie sicher, nicht zuletzt wegen der Knappheit an Wohnraum.
Homegate hat schon im März bekannt gegeben, dass die auf dem Immobilienportal ausgeschriebenen Mieten 2022 gegenüber dem Vorjahr um 2,8 Prozent gestiegen seien. So stark wie noch nie seit Beginn der Statistik 2009.
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9.46 Uhr
Das Mediengespräch ist beendet
Wir danken für das Interesse.
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9.44 Uhr
Wie viele wären ungefähr betroffen?
Tschirren sagt, gut 3,9 Millionen ständige Wohnhaushalte müsste man auf den Mieteranteil runterbrechen, der bei 64 Prozent liege und davon wiederum gehe es um die Hälfte. Er sei aber ein schlechter Rechner und könne deshalb keine absoluten Zahlen präsentieren. Zudem werde es noch komplizierter, denn die Frage der «Überwälzung», also wie das nach unten weitergegeben werde, unterscheide sich regional stark.
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Woher der Unterschied zwischen Senkung und Erhöhung der Miete
Eine Journalistin will wissen, warum bei Erhöhung des RZS um 0,25 Prozent eine Mieterhöhung um 3 Prozent erlaubt, die Senkung aber von 0,25 Prozent zu nur 2,91 Prozent.
Tschirren rechnet vor: Bei einer Miete von 1000 Franken und einer RZS-Erhöhung um 3 Prozent führe zu 1030 Franken Miete. Um bei Senkung um 0,25 Prozent wieder zurück auf 1000 brauche es mathematisch eine Senkung um 2,91 Prozent.
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9.40 Uhr
Kostenmiete von Genossenschaften
Alvarez weist darauf hin, dass Genossenschaften im öffentlichen Besitz verpflichtet seien, eine Kostenmiete anzubieten.
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9.38 Uhr
Müssen auch Genossenschaften Mieten erhöhen?
Tschirren antwortet, dass dies von der Situation abhänge, wie die Genossenschaft finanziert sei, wie der Zustand der Wohnungen sei. Im Prinzip gelte das Gleiche wie für alle anderen Vermietenden. Die Erhöhung sei nicht obligatorisch und kein Automatismus.
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9.34 Uhr
Gibt es Erfahrungen, wie viele Vermietende die Teuerung weitergeben?
Alvarez führt aus, dass die Erhöhungen mit dem Element der Teuerung eher selten sei, denn der Aufwand sei hier zu gross. Er ergänzt für die Deutschschweiz gebe es noch die berühmte «Unterhaltungskostenteuerung». Diese werde mit einem halben Prozent in der Regel noch abgedeckt. In der Westschweiz werde das aber nicht anerkannt.
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9.33 Uhr
Teuerung und Mieten
Eine Journalistin will wissen, mit wie viel Mietzinserhöhung das BWO rechne, auch aufgrund der Teuerung. Tschirren antwortet, dass 40 Prozent der Teuerung überwälzt werden dürfe, also bei 5 Prozent Teuerung wären das 2 Prozent. Hinzu kämen die 3 Prozent wegen des RZS.
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9.30 Uhr
Nettorendite und Referenzzinssatz RZS
Tschirren spricht auf die zulässige Nettorendite, die sich ebenfalls nach dem Referenzzinssatz richtet. Es sei eine Motion hängig im Ständerat, die diesen Mechanismus genauer regeln will.
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9.25 Uhr
Rechtliche Aspekte
Cipriano Alvarez, Leiter Bereich Recht des BWO, erinnert daran, dass schon früher die Erhöhungen viel mehr zu reden gegeben hätten als die Senkungen.
Der Hypothekarzins eines Vermieter spiele bei der Höhe der Miete keine Rolle, betont Alvarez.
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9.24 Uhr
Neue Situation
In der Vergangenheit seien ungefähr 20 Prozent der Vermieter*innen den Senkungen des Referenzzinssatzes gefolgt und hätten ihre Miete gesenkt. Mit Erhöhung habe das BWO keien Erfahrung, wiederholt Tschirren. In einem Jahr werde man klarer sehen, was die Folgen sind.
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9.21 Uhr
Wer wehrt sich angesichtes der Wohnungsnot gegen Mietzinsen?
Ein Journalist will wissen, wie das BWO dies sieht. Tschirren antwortet, darum orientierten das BWO über die Möglichkeiten der Mietenden, Mietzinsen anzufechten. Darüber, wie viele es wagen, davon Gebrauch zu machen, sagt Tschirren nichts.
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9.19 Uhr
War es nötig, jetzt den Referenzzins zu erhöhen?
Tschirren erklärt, dass das keine freiwillige Massnahme war, sondern im Gesetz so geregelt ist. Wenn die Zinsen der Banken steigen, muss der Referenzzins folgen.
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9.17 Uhr
Keine Erfahrung mit steigenden Referenzzinsen
Aufgrund der Markterwartung und weil viele Hypotheken zu festen Zinsen bestehen, erwartet das BWO laut Tschirren nicht unmittelbar breite Mieterhöhungen. Aber mit zeitlicher Verzögerung werde es dennoch dazu kommen.
Langfristige Hypotheken hielten die Mieten aktuell unter Kontrolle, schliesst Tschirren.
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9.15 Uhr
Mietende können die Rechtmässigkeit der Mieterhöhung überprüfen lassen
Die Mietenden hätten verschiedene Möglichkeiten, sich zu informieren, ob in ihrem Fall eine Mieterhöhung gerechtfertigt ist, so Tschirren. Die Informationen seien auf der Website des BWO abrufbar.
Sie können die Erhöhung auch überprüfen lassen, bei Beratungsorganisationen und Schlichtungsstellen, die dies tun.
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9.13 Uhr
Unter welchen Umständen können Vermieter*innen die Miete erhöhen?
Das BWO geht davon aus, dass nur die Hälfte der Mietverträge auf den aktuellen Referenzzinssatz ausgestellt sind. Nur dann kann die Erhöhung auf die Mieten überwälzt werden.
Auch die Teuerung könne zu Mieterhöhungen führen.
Vermietende, die den Mietzins erhöhen wollen, erklärt Tschirren, könnten Mietzinserhöhungen erst nach Ablauf der Kündigungsfrist, in der Regel drei Monate, geltend gemacht werden.
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9.09 Uhr
Martin Tschirren vom Bundesamt für Wohnungswesen ergreift das Wort
Der Direktor des Bundesamts für Wohnungswesen BWO, Martin Tschirren, rekapituliert, dass die Erhöhung des Referenzzinssatzes ab dem 2. Juni gilt.
Das sei das erste Mal, dass der Zinssatz steigt.
Die Konsequenzen der Erhöhung für die Mietenden: 0,25 Prozent Erhöhung erlaubt die Mietzinserhöhung um 3 Prozent – wenn die Senkungen ebenfalls weitergegeben worden sind.
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9.05 Uhr
Sprecherin Eva van Beek eröffnet das Mediengespräch
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8.55 Uhr
Die Medienkonferenz beginnt um 9 Uhr
Der Referenzzinssatz für Wohnungsmieten steigt erstmals. Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) erhöht den hypothekarischen Referenzzinssatz laut einer Mitteilung vom Donnerstag per 2. Juni von 1,25 auf 1,50 Prozent. Auf viele Mieter kommen nun höhere Kosten zu.
Bei der Ermittlung des Referenzsatzes stützt sich das BWO auf den vierteljährlich erhobenen Durchschnittszinssatz der inländischen Hypothekarforderungen von Schweizer Banken. Dieser ist den Angaben zufolge gegenüber dem Vorquartal von 1,33 auf 1,44 Prozent gestiegen.
Eine weitere Erhöhung ist laut dem BWO angezeigt, wenn der von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) berechnete Durchschnittssatz auf über 1,62 Prozent steigt. Die nächste Publikation des Referenzsatzes ist für Anfang September 2023 geplant.
Von 3,5 auf 1,25 Prozent
Der Referenzzinssatz wurde im Herbst 2008 eingeführt. Er ersetzte die damals in einzelnen Kantonen massgebenden Zinssätze für variable Hypotheken. Der Referenzzinssatz ist die wichtigste Richtgrösse für die Höhe der Wohnungsmieten.
Bei seiner Einführung 2008 hatte der Referenzsatz noch bei 3,5 Prozent gelegen, danach sank er schrittweise. Im März 2020 erreichte er mit 1,25 Prozent sein Rekordtief, das er nun wieder verlässt.
Mieten dürften anziehen
Für die Mieter ist die Anhebung eine schlechte Nachricht. Denn bei einer Anhebung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte dürfen die Vermieter den Mietzins um 3,0 Prozent anheben – sofern sie auch die vorherigen Senkungen weitergegeben haben.
Experten gehen davon aus, dass nun die Mieten auf breiter Front steigen werden. Wegen des Referenzzinssatzes, aber auch wegen der Teuerung und «allgemeiner Kostensteigerungen», welche zeitgleich an die Mieterschaft überwälzt würden.
SDA