«Quantensprung» beim Bezahlen Neues System ermöglicht Überweisungen in Echtzeit

SDA/phi

19.2.2024 - 10:22

Bezahlen auch abends und am Wochenende: Ab August erwartet ein neues System die Schweizer Bankkunden.
Bezahlen auch abends und am Wochenende: Ab August erwartet ein neues System die Schweizer Bankkunden.
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Im Zahlungsverkehr bahnt sich eine Revolution an: Wer Geld überweisen will, kann dies bald rund um die Uhr und auch am Wochenende tun.

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  • SNB und SIX haben das Zahlungssystem «SIC5» eingeführt, das ab August auch von 50 Banken übernommen wird, die 98 Prozent aller Zahlungen in der Schweiz abwickeln.
  • Kernelement von «SIC5» sind die sogenannten «Instant-Payment-Services», die Überweisungen auch abends und am Wochenende ermöglichen.
  • Die Überweisungen und Zahlungen sollen in rund zehn Sekunden beim Empfangenden eintreffen.
  • Gebühren wie beim Online-Shopping dürften durch das neue System entfallen.

Überweisen, wann man will – und das Geld kommt in Echtzeit beim Empfänger an. Dies verspricht das neue Zahlungssystem mit dem Namen «SIC5». Laut Experten kommt die Revolution aber nicht über Nacht.

Mitte Januar haben die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Börsenbetreiberin SIX das System offiziell in Betrieb genommen. Nun führen es die Banken schrittweise ein.

Kernelement von «SIC5» sind die sogenannten «Instant-Payment-Services», kurz IPS. Damit werden innerhalb der Schweiz Geldüberweisungen in Echtzeit möglich – sprich elektronische Zahlungen rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche und in Sekundenschnelle.

Dies hat diverse Vorteile, wie die SIX betont. Eingegangene Gelder seien sofort verfügbar. Dies vereinfache das Geldmanagement, verringere das Abwicklungs- und Gegenparteirisiko und schaffe «mehr Spielraum für die Automatisierung von Prozessen».

Finanzen immer im Blick

Ein weiterer Vorteil sei, dass Firmen, Banken, aber auch Privatpersonen stets in Echtzeit einen Überblick über ihre Finanzen hätten. Ab August 2024 müssen grössere Banken Sofortzahlungen akzeptieren. Konkret sieht der Fahrplan vor, dass bis dann mindestens 50 Banken mitmachen. Diese kommen laut der SIX zusammen auf rund 98 Prozent aller Zahlungen in der Schweiz. Die restlichen Institute haben bis Ende 2026 Zeit.

«SIC5» bringt noch weitere Vorteile: So dürften über kurz oder lang kaum mehr Zahlungsgebühren etwa beim Online-Shopping anfallen, wie das Vergleichsportal Moneyland festhält. Denkbar sei zudem, dass Handwerker und Marktstandbetreiber noch direkter bezahlt werden könnten. Denn es werde grundsätzlich kein Bezahlterminal oder ein Umweg über eine App wie Twint mehr benötigt.

Experten gehen allerdings nicht davon aus, dass alle potenziellen Vorteile von «SIC5» umgehend zu spüren sein werden. Zwar handle es sich grundsätzlich um einen «Quantensprung», sagt Severin Pflüger, stellvertretener Geschäftsführer beim Handelsverband auf Anfrage. Der Zahlungsverkehr zwischen Unternehmen werde dadurch etwa enorm beschleunigt.

Nicht wirklich «instant»

Im August sei aber erst der Empfang von Instant-Payment-Zahlungen für alle Banken verpflichtend. «Bis auch alle solche Zahlungen senden können, wird es noch nach unserer Einschätzung etwas dauern», so Pflüger. Und für direkte Zahlungen im Detailhandel, sprich an der Kasse, dürfte es nach Einschätzung des Handelsverbands noch länger dauern. Denn im Moment gebe es noch keine funktionierende Anwendung.

Laut Pflüger fehlt dabei vor allem für das Problem noch eine Lösung, dass die versprochenen Instant-Payments nicht wirklich «instant» sind. Denn eine Überweisung könne bis zu 10 Sekunden dauern: «Für normale Banküberweisungen ist das sensationell», im Detailhandel aber je nach Situation eine halbe Ewigkeit. «Den Leuten in der Schlange an der Kasse wird es wie 10 Minuten vorkommen», sagt Pflüger.

Man sei beim Handelsverband aber «sehr zuversichtlich», dass auch dafür künftig eine Lösung gefunden werden kann. «Jedoch nicht per August 2024.»

Bei Twint hält man «SIC5» denn auch nicht für eine Gefährdung des Geschäftsmodells: «Die Menschen werden in Zukunft weiterhin twinten», gibt sich Sprecherin Demet Biçer auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP zuversichtlich. Man habe vor, die neue Überweisungsinfrastruktur zu nutzen und prüfe, ob daraus Folgeinnovationen hervorgehen könnten.