Jets im WartemodusLufthansas neue Premium-Sitze werden zur finanziellen Belastung
twei
19.12.2024
Von den neuen «Allegris»-Kabinen erhofft sich die Lufthansa eine Antwort auf die Kritik an fehlendem Komfort. Doch die Sitze machen Probleme. Wann und ob überhaupt die Zulassung kommt, ist derzeit fraglich – fabrikneue Jets hin oder her.
twei
19.12.2024, 21:39
20.12.2024, 04:35
Julian Weinberger
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Mit den neuen «Allegris»-Kabinen reagierte die Lufthansa auf Kritik an fehlendem Flugkomfort.
Wann sich Passagiere auf die neuen Sitze freuen können, ist aber aktuell unklar. Die US-Flugsicherheitsbehörde FAA lässt mit der Zulassung derzeit auf sich warten.
Starten dürfen die fabrikneuen Jets zwar trotzdem – die «Allegris»-Kabinen müssen aber unbesetzt bleiben. Die Folge: finanzielle Einbussen für die Fluggesellschaft.
Endlich neue Innenausstattung für die Lufthansa-Jets: Um der Unzufriedenheit vieler Reisenden mit dem Kabinenequipment entgegenzuwirken, hat die Fluggesellschaft schon seit Längerem ein Facelift seiner Jets angekündigt. Dank der neuen «Allegris»-Kabinen sollen Beschwerden über fehlenden Komfort in Lufthansa-Flugzeugen bald der Vergangenheit angehören.
Die Vorfreude auf die neuen Sitze weicht derzeit aber gehörigem Ärger, wie der «Spiegel» berichtet. Zwar hat Flugzeugbauer Boeing im US-amerikanischen Charleston bereits 13 fertige Jets des Typs Boeing 787 gelagert, sechs samt «Allegris»-Kabinen, wann diese aber in die Luft gehen können, ist noch völlig unklar.
Denn aktuell befinden sich die neuen Sitze im Visier der US-Flugsicherheitsbehörde FAA – und die hat etwas an den Modellen des Herstellers Collins Aerospace auszusetzen. Weil eine Zulassung der Sitze aktuell auf sich warten lässt, befindet sich auch die Auslieferung der Flugzeuge im Wartemodus.
Der Lufthansa bleibt ein Schlupfloch
Die Zulassung hängt unter anderem an einem Crashtest, der sicherstellen soll, dass die Sitze auch bei einem Unfall Sicherheit für die Passagiere garantiert. Dafür müssen sie Belastungen von bis zum 16-fachen der Erdanziehungskraft aushalten.
Wie es nun weitergeht, weiss man selbst bei der Lufthansa nicht genau. Offenbar scheint auch nicht ausgeschlossen, dass die Sitze gar keine Zulassung bekommen. So oder so: Vor Sommer 2025 dürften die Flugzeuge nicht verkehrsbereit sein.
Für die Lufthansa bleibt nur ein Schlupfloch: Die Flugzeuge dürfen starten, wenn die in der Businessclass befindlichen «Allegris»-Kabinen frei bleiben. Die Sitze der Economyclass und der Premium Economy könnten indes vollbesetzt werden. Für die Lufthansa würde das allerdings finanzielle Einbussen bedeuten. Zwar fliessen Entschädigungszahlungen, diese wiegen aber nicht die prophezeiten Mehreinnahmen mit den neuen Sitzen auf.
«Allegris»-Kabinen machen auch bei der Swiss Probleme
Von den «Allegris»-Kabinen erhofft sich die Lufthansa, den Businessclass-Bereich für Langstreckenflüge aufzuwerten. Obwohl nach der Umrüstung weniger Plätze in der Businessclass verbleiben, rechnet die Fluggesellschaft dank höherer Preise mit einem Mehr an Einnahmen. Der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa, Carsten Spohr, plant darüber hinaus eine Erweiterung der beliebten Zwischenklasse Premium Economy.
Auch abgesehen von der schleppenden Zulassung der «Allegris»-Kabinen von Collins machten die neuen Sitze Probleme. Bei der Swiss müssen die Sitze mit Bleigewichten versehen werden, um den Schwerpunkt der Jets nach der Umrüstung zur Kabinenausstattung «Swiss Senses» sicherzustellen.
Gratis-Kaffee an Bord der Lufthansa ist wohl Geschichte
Während man bei der Lufthansa sehnsüchtig auf die neuen Sitze wartet, ist eine andere Neuerung der Fluggesellschaft schon wieder Geschichte. Seit Mitte des Jahres fuhr die Lufthansa Tests, ob künftig an Bord wieder kostenlos Tee und Kaffee ausgeschenkt wird.
Mehr als einen Testlauf wird es aber wohl nicht geben. Bei einer internen Veranstaltung rechnete Carsten Spohr vor, dass jeder Passagier gruppenweit sieben Euro Nettogewinn einbringe. Hiesse, sobald pro Reisendem ein Euro Mehrkosten aufkäme, verringere sich der Gesamtgewinn um ein Siebtel. Unter dem Gratisausschank würde vor allem der Bordverkauf leiden. Deshalb stellte Spohr infrage, ob Gratisgetränke zum Standard werden können.
So oder so erwarten Fluggäste 2025 höhere Kosten, wie jüngst der Dachverband der Fluggesellschaften IATA und der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) prognostizierten. Höhere Kosten für Löhne, Material, Flugsicherung und Sicherheitskontrollen seien dafür ausschlaggebende Gründe. Trotzdem erwarte man, dass weltweit erstmals die Zahl von fünf Milliarden Fluggäste geknackt werde.