«Absurde Situation»Elektroautos sind zu leise – jetzt müssen sie lauter werden
tafi
5.11.2019
Elektroautos surren zu geräuschlos über die Strassen. Weil das gefährlich ist, müssen sie ab Mitte 2020 künstlich Lärm machen. Den Blindenverband freut's, andere sind wenig begeistert.
Ein wenig absurd tönt das schon: Einerseits wird allerorten versucht, den Verkehrslärm zu reduzieren. Andererseits sollen Elektroautos bald künstliche Motorengeräusche erzeugen. So sieht es eine EU-Verordnung vor, die ab Mitte 2020 in Kraft tritt und auch in der Schweiz übernommen wird. Wie SRF berichtet ist das Bundesamt für Strassen (Astra) bereits dabei, die entsprechenden Vorgaben umzusetzen.
Neue Elektroautos müssen laut EU-Verordnung mit dem sogenannten Acoustic Vehicle Alerting System (Avas) ausgestattet sein. In der Praxis bedeutet das: Elektronisch erzeugte Motorengeräusche werden mit wasserdichten Aussenlautsprechern abgespielt.
Verkehrspolitiker Thomas Hardegger, SP-Nationalrat, sieht eine «absurde Situation, dass man jetzt künstlich Geräusche erzeugen muss», wie er SRF sagte. Er sei der Meinung, dass in erster Linie die Lenker dafür sorgen müssten, «dass die Verkehrssicherheit gewährleistet werden kann, ohne dass man den Lärmgewinn gerade wieder mindern muss.»
Für den Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband allerdings ist die «Einführung dieses Systems lebenswichtig», wie Joel Favre der «NZZ am Sonntag» sagte. Ihm zufolge verursachten geräuschlos fahrende Autos überdurchschnittlich viele Unfälle und seien ein grosses Sicherheitsrisiko für Menschen mit Sehbehinderung. Favre spricht in dem Zusammenhang auch von einem Verlust an Lebensqualität: «Hören wir Fahrzeuge nicht mehr, schränkt das unsere Bewegungsfreiheit stark ein.»
Der Blindenverband fordere daher, die EU-Vorgaben nicht nur zu übernehmen, sondern auch auszuweiten. «Das Alarmsystem soll auch dann ein Geräusch abgeben, wenn das Auto steht, zum Beispiel an einem Stopp oder bevor es vom Parkplatz losfährt.» Verbandssprecher Alfred Rikli sekundiert bei SRF und weist darauf hin, dass künstliche Lärmmassnahmen nur bei tiefen Geschwindigkeiten von 20 bis 30 km/h nötig seien.
Unterstützung bekommt der Blindenverband von der Lärmliga Schweiz. Geschäftsführer Thomas Graf sagt gegenüber SRF: «Bei so schweren Autos, die wir auch elektrisch bauen, sind die Elektroautos nicht die, die uns das Lärmheil bringen. Im Gegenteil: Ab 30 km/h machen sie genau den gleichen Lärm.»
Mit dem Piëch Mark Zero brachte Toni Piëch die Schweiz beim Genfer Autosalon zurück auf die Karte der Autobauer-Nationen: ein Sportwagen mit klassischem Design und modernen Elektro-Antrieb. Doch der Mark Zero war längst nicht das einzige Elektroauto, das in bisher Genf vorgestellt wurde.
Bild: Keystone
Der deutsche Automobilbauer Audi zeigt ausschliesslich E-Autos, entweder rein elektrisch angetriebene Modelle oder Hybridfahrzeuge.
Bild: Audi
Ein Highlight war dabei das Europadebüt des Audi e-tron GT: Der soll zum Jahreswechsel 2020/2021 als Serienfahrzeug bereitstehen.
Bild: Keystone
Kia Motors träumt von einem rundum verglasten Auto der Zukunft. Seitenspiegel sind passé, Scheinwerfer auch. «Imagine by Kia» heisst die Studie, mit der die Südkoreaner in Genf für Aufsehen sorgten.
Bild: Keystone
Die Marke Polestar gehört zu Volvo und stellt ausschliesslich E-Autos her. Das Modell Polestar 2 soll 400 PS stark sein und eine Reichweite von 500 Kilometern haben.
Bild: Keystone
Auch die Nobelmarke Aston Martin setzt neu auf Elektromobilität. Unter dem Markennamen Lagonda stellen die Briten das Konzept eines Luxus-E-Autos vor.
Bild: Aston Martin
Ist das ein Sportwagen? Nein, einen Hyper-SUV nennen Giorgetto und Fabrizio Giugiaro ihren GFG Style Kangaroo, denn das Fahrwerk kann je nach Bodenverhältnissen in der Höhe zwischen 140 und 160 Millimeter Bodenfreiheit eingestellt werden. Bis zu 250 km/h soll das sportliche Kängeruh erreichen. Dann dürfte es allerdings nicht die versprochenen 450 Kilometer weit kommen.
Bild: Keystone
Von diesem E-Auto dürfte man wohl nicht viele in freier Wildbahn zu Gesicht bekommen. 19 Exemplare des Hispano Suiza Carmen sollen produziert und zum stolzen Preis von 1,8 Million Euro verkauft werden. Wie weit man damit kommt, verrät der Hersteller nicht, doch die zwei Elektromotoren sollen insgesamt 1019 PS bringen.
Bild: Keystone
Bei Skoda ist man bodenständiger, aber immerhin sieht das Konzept des Vision iV ebenfalls zwei Elektromotoren – einen an der Vorder- und einen an der Hinterachse – vor, die das Auto zum Allradler machen.
Bild: Keystone
e Prototype nennt Honda sein Elektroauto, dabei soll es schon bald in Serie gehen: Auf der IAA im September soll die finale Version vorgestellt werden, die Markteinführung ist in einem Jahr geplant. Mit der Plattform seines ersten vollelektrischen Modells will der japanische Konzern weitere bauen.
Bild: Keystone
Bereits im Herbst bringt Peugeot die Neuauflauge des 208 auf den Markt, wahlweise auch als Elektroversion e-208. 340 Kilometer weit kommt der Kleinwagen mit einer Batterieladung.
Bild: Keystone
Für kilometerlange Strände ist Deutschland nicht berühmt. Aber vielleicht bald für elektrische Strandbuggys, die 250 Kilometer weit fahren können? Der ID Buggy von VW soll in den nächsten zwei Jahren marktreif sein.
Bild: Keystone
Das deutsche Startup Share2Drive aus Aachen will mit dem klitzekleinen Cityflitzer Sven die urbane E-Mobilität von Morgen neu definieren.
Bild: Keystone
Ähnliche Pläne verfolgt Seat mit seinem flügeltürigen City-Flitzer Minimó: Mit 100 Kilometer Reichweite und einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h ist der kleine Spanier für den Stadtverkehr bestens geeignet.
Bild: Keystone
100 Kilometer weit soll auch der Citroën Ami One kommen, falls er denn je gebaut wird. Allerdings erreicht er nur eine Höchstgeschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde und ist damit wirklich nur für die Stadt zu gebrauchen.
Bild: Keystone
Platzhirsch Smart will auch noch ein Wörtchen mitreden: Mit dem Smart Forease+, der schon einmal einen Anhaltspunkt gab, wie das erwartete Facelift des Fortwo und Forfour aussehen könnte.
Bild: Keystone
Es darf doch etwas grösser sein? Bittesehr, das ist der Mercedes Concept EQV. Gedacht ist die Grossraumlimousine für Familien und sportlich Aktive, die maximal 400 Kilometer weit fahren wollen. Nach 15 Minuten Aufladezeit sind die nächsten 100 Kilometer drin.
Bild: Keystone
Die Automobilverbände TCS und ACS sind dennoch wenig begeistert. Für ACS-Präsident Thomas Hurter, für die SVP im Nationalrat, ist mehr Verkehrssicherheit vor allem mit Schulung und Sensibilisierung zu erreichen. «Es kann nicht sein, dass die Leute immer mehr am Handy sind, Kopfhörer im Ohr haben und dann einfach über die Strasse gehen. Wir müssen unser Verhalten ändern.»
Für den Blindenverband sind übrigens nicht nur Elektroautos ein Problem. Auch die geräuschlosen E-Velos, die mit bis zu 45 km/h unterwegs sein können, sind eine Gefahr für Sehbehinderte und sollten deswegen in Zukunft ebenfalls Fahrgeräusche abgeben.
Je prominenter Elektroautos werden, desto mehr Fragen tauchen auf: Sind die nicht eigentlich viel teuer? Geht ihnen ein paar Kilometer hinter der Stadtgrenze der Schnauf aus? Und sind die eigentlich wirklich so umweltfreundlich, wie immer behauptet wird? Prüfen wir das:
Bild: Getty Images
Bei der Reichweite pro Akkuladung kommen die meisten Elektroautos zwar noch nicht an Autos mit Benzin- oder Dieselantrieb heran, dafür kann man die Stromer aber jederzeit bequem zu Hause aufladen.
Bild: Getty Images
Tesla-Besitzer sind gegenüber anderen Elektroautofahrern deutlich im Vorteil. Sie können das umfangreiche Supercharger-Netzwerk des Herstellers nutzen. Ein Model S bekommt an diesen Schnellladestationen in etwa 30 Minuten Aufladen rund 270 km zusätzliche Reichweite.
Bild: Keystone
Die Elektroauto-Akkus haben noch eine potenzielle Zweitverwertung. Wenn sie nicht mehr genug Power fürs Auto liefern, kann man sie immer noch als Heimbatterie nutzen und etwa mit Solarzellen vom Dach auffüllen.
Bild: Getty Images
Die Anschaffungskosten liegen bei Elektroautos tatsächlich deutlich höher als bei konventionellen Fahrzeugen der selben Klasse. Je länger man das Fahrzeug nutzt, desto näher kommen sich die Kosten.
Bild: Getty Images
Auch Elektrofahrzeuge sind umweltbelastend. Es beginnt bereits bei der Produktion, die natürlich Ressourcen verbraucht. Autos entstehen schliesslich nie ausschliesslich aus Luft und Licht.
Bild: Getty Images
Elektroautos brauchen keine komplexen Motoren oder Antriebsstränge, dafür braucht die Herstellung der Akkus einiges an Ressourcen. Materialien wie Lithium oder Kobalt müssen dafür abgebaut werden.
Bild: Getty Images
In der Gesamtbetrachtung haben Elektrofahrzeuge allerdings das Potenzial, viel Umweltschonender zu sein. Das gilt besonders in der Schweiz, denn wir haben im Vergleich zu unserem Nachbarländern einen besonders nachhaltigen Energiemix.
Bild: Keystone
So wird in der Schweiz quasi kein Kohlestrom verbraucht, in Deutschland liegt sein Anteil hingegen noch bei knapp 40 Prozent. Aber selbst dort werden durch die Nutzung eines Elektrofahrzeug deutlich weniger CO2-Emissionen freigesetzt als bei vergleichbaren Benzinern.
Bild: Keystone
In der Top-Ausstattung schafft es ein Model S in 2,7 Sekunden von Null auf 100 km/h. Nicht, dass man diese Beschleunigung im Alltag braucht, aber selbst mit den schnellsten Sportwagen am Markt können Elektrofahrzeuge mithalten.
Bild: Getty Images
Nun sind Elektroautos auch besonders leise, andere Verkehrsteilnehmer können sie dadurch schlechter wahrnehmen und die Unfallgefahr steigt. Das ist der gleiche Vorwurf, der etwa auch modernen Trams gemacht wird. Hier ist tatsächlich mehr Vorsicht im Verkehr angebracht und eine geringe Lärmbelästigung erhöht ja gleichzeitig auf die Lebensqualität von Anwohnern.
Bundesrat lehnt Ernährungsinitiative ohne Gegenvorschlag ab
Der Bundesrat lehnt die Ernährungsinitiative ab. Diese verlangt, die Schweizer Lebensmittelproduktion vermehrt auf pflanzliche Kost auszurichten. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass diese Umstellung in der von der Initiative verlangten Zeit nicht möglich ist. Einen Gegenvorschlag zur Initiative will er nicht.
13.11.2024
3 Aspekte: Was eine zweite Amtszeit Trumps für die Schweiz bedeuten würde
Donald Trump hat gute Chancen, bei der US-Wahl am 5. November das Mandat für eine zweite Amtszeit zu bekommen? Was würde das für die Schweiz bedeuten? Das Video beleuchtet drei Aspekte.
30.10.2024
Umfrage zeigt: Kunden beim Black Friday 2024 anspruchsvoller
Zum Black Friday am 29. November locken Händler die Kunden wieder mit Schnäppchen. Doch die Einkäufer in Deutschland sind an den Tagen rund um den Black Friday in diesem Jahr einer Untersuchung zufolge besonders wählerisch.
05.11.2024
Bundesrat lehnt Ernährungsinitiative ohne Gegenvorschlag ab
3 Aspekte: Was eine zweite Amtszeit Trumps für die Schweiz bedeuten würde
Umfrage zeigt: Kunden beim Black Friday 2024 anspruchsvoller