Experten warnen Chinas Rohstoffmacht immer grösser – Corona-Effekt möglich

dpa

17.12.2020 - 06:29

China ist auch stark in der Stahlproduktion. Das wird für Europa und die USA wegen der geringeren Preise im Reich der Mitte je länger je mehr zum Problem (Archivbild).
China ist auch stark in der Stahlproduktion. Das wird für Europa und die USA wegen der geringeren Preise im Reich der Mitte je länger je mehr zum Problem (Archivbild).
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Eine stabile Versorgung mit metallischen Grundmaterialien ist für viele Wirtschaftsbranchen unerlässlich. Der erste Corona-Shutdown im Frühjahr zeigte, wie anfällig Europa bei bestimmten Lieferketten ist. China schwingt sich derweil zu noch grösserem Einfluss auf.

Die schon heute in vielen Gebieten tonangebende Rohstoffmacht China wird ihren Einfluss nach Einschätzung von Experten der Bundesregierung noch spürbar ausweiten. Dabei spiele auch die Frage der Stabilität von Handelswegen und Lieferketten nach der Corona-Krise eine wichtige Rolle, heisst es aus der Deutschen Rohstoffagentur (DERA), einer Spezialabteilung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover. Europa und auch die USA drohten dagegen weiter zurückzufallen.

Sowohl bei der inländischen Förderung und Verarbeitung bedeutender Metallressourcen als auch bei deren internationalem Verkauf habe das Reich der Mitte seine Position deutlich ausgebaut – und zwar weit über den asiatischen Raum hinaus. «China ist zum unumstrittenen Champion bei Produktion und Handel mit metallischen Rohstoffen aufgestiegen, wodurch global Rohstoffpreise und Lieferketten massgeblich durch die Volksrepublik beeinflussbar sind», erklärte BGR-Fachmann Johannes Perger zu einer aktuellen Studie. 2018 bereits sei das Handelsvolumen der meisten Staaten mit China hier «deutlich grösser» als mit den Ländern der EU oder mit den USA gewesen.

China ist vor allem bei Hightech-Mineralien wie seltenen Erden ein zentrales Erzeugerland. Zeitweise hatte Peking die Exporte der Elemente, die zum Beispiel in Mikrochips oder Elektromotoren stecken, künstlich verknappt – ein Streit vor der Welthandelsorganisation (WTO) war die Folge. Besonders in Afrika wächst der Einfluss chinesischer Ausfuhren und Direktinvestitionen stark. Von seiner Initiative einer «neuen Seidenstrasse» durch Zentralasien bis nach Westeuropa erhofft sich China ebenfalls hohe Handelsgewinne.

Im Fall metallischer Rohstoffe werfe zudem die Corona-Krise «weitere Fragen auf», so die BGR. «In China ist die Pandemie unter Kontrolle, und die Industrieproduktion befindet sich auf einem rasanten Erholungskurs.» Mitsamt der regionalen Freihandelszone RCEP und der «neuen Seidenstrasse» könnten so «die Gewichte auf den Rohstoffmärkten noch weiter in Richtung Asien» verschoben werden. «In der EU haben sich in der Pandemie hingegen die Schwachstellen von globalisierten Lieferketten offenbart.» Auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle waren im Frühling etwa Grenzen im Binnenmarkt dichtgemacht worden, die Versorgung mit wichtigen Gütern war zeitweilig unterbrochen.

Auch bei der sogenannten Raffinade-Produktion – also der Veredelung – sehe man eine zunehmende Macht Chinas, hiess es. Während im Jahr 2002 im Schnitt noch 26 Prozent der Gesamtmenge von Grundmetallen sowie Eisen und Stahl in der EU und 17 Prozent in China verarbeitet wurden, waren es im Jahr 2018 jeweils 14 und 49 Prozent. Der Anteil der USA halbierte sich über denselben Zeitraum demnach von 16 auf 8 Prozent. Ähnliches gelte für die absoluten Mengen dieser Metallrohstoffe.

Die BGR untersucht globale Rohstoffvorkommen und leitet daraus auch Strategien zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit ab. Sie arbeitet im Zuständigkeitsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums.

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