Vermeintliche TäuschungAmerikanerin zerrt Ricola mit Sammelklage vor Gericht
phi
23.5.2022
Sammelklage gegen Ricola in den USA: Obwohl die Bonbons wie die US-Konkurrenz ihre Wirkung mit Menthol erreichen, werben die Schweizer auf der Verpackung mit Alpenkräutern. Das sei irreführend, so die Klägerin.
phi
23.05.2022, 10:09
23.05.2022, 14:09
phi
Ricola täuscht die Kunden in den USA, behaupten Klägerinnen in Iowa und Illinois, die entsprechende Vorwürfe vor Gericht bringen wollen. Der Grund: Obwohl Ricola mit Schweizer Kräutern wirbt, sei nur der Inhaltsstoff Menthol für die Wirkung verantwortlich. Die Pastillen unterscheiden sich daher nicht von amerikanischen Produkten, was amerikanische Kunden dazu verleite, das teurere Schweizer Produkt zu kaufen.
Das ist die Kernaussage von Sammelklagen, die am 8. Mai in Iowa und Illinois eingereicht worden sind. In Iowa haben Klägerin Lacie Davis und ihr Anwalt Spencer Sheehan entsprechende Dokumente abgegeben: «Konsumenten erwarten durch Anschauen der Frontseite des Produkts, dass seine Husten unterdrückende und oral schmerznehmende Wirkung durch seine Kräuter-Inhaltsstoffe hervorgerufen werden.»
Aber: «Es ist falsch, täuschend und irreführend, zu behaupten oder anzudeuten, dass die inaktiven Inhaltsstoffe des Produkts einen therapeutischen Vorteil bieten.» Die Konkurrenz führe ähnliche Produkte, doch «nur das Produkt [Ricola] vermittelt die Botschaft, dass seine Kräuter-Inhaltsstoffe» die Effekte bringen, die eigentlich Menthol besorge.
In Illinois wird die Klage von Amy Comfort aus Steuben County im Bundesstaat New York vorangetrieben. Hier wird ergänzt, die Pandemie habe «das Verlangen nach Konsumentenprodukten noch gesteigert, die Kräuter als Inhaltsstoffe haben und einen weiteren Schutz vor dieser Krankheit bieten». Die Konkurrenz berufe sich dagegen nur auf den Inhaltsstoff Menthol, weshalb die Schweizer die Kunden täuschen würden.
Fünf Millionen Dollar Streitwert
Die Kläger wollen von Ricola fünf Millionen Dollar Entschädigung. Die Summe ist bewusst gewählt, damit keine grosse Instanz die Sache übernimmt. Erst 2019 war Ricola vor Gericht gezerrt worden, weil es sein Produkt damit bewarb, dass es «natürlich lindernd» (engl. «soothing») sei. Glücksritter und vor allem ihre Anwälte gehen auf so einem Rechtsweg immer wieder gegen Firmen vor, um ihnen Geld aus der Tasche zu ziehen.
Sie klagen gegen Ginger Ale, das kein Ginger enthalten soll oder gegen Minz-Dragées, die angeblich zu viel Luft enthielten. Die Zahl solcher Fälle nimmt zu: 2008 gab es erst 19 Klagen wegen angeblich irreführender Produktversprechen. 2019 waren es 179, 2020 221 und 2021 325 Klagen: «Die Gerichte verlieren langsam die Geduld mit Fällen, die davon ausgehen, die Konsumenten seien Idioten», zitiert der «Tages-Anzeiger» dazu die Anwaltskanzlei Perkins Cole.
«Meiner Meinung nach geht es um den Griff in tiefe Taschen», sagte der Nahrungsmittel-Experte Roger Clemens laut «Tages-Anzeiger» zu dem Fall. Dabei würden die Kläger bei den Vergleichen, die häufig geschlossen würden, in der Regel wenig Geld sehen – im Gegensatz zu den Anwälten, die sie vertreten und das Gros der Vergleichssumme einstreichen würden.