Fäkalien, Müll, Hausfriedensbruch Schamlos-Touristen verärgern Einheimische auf dem Flüelapass

uri

27.6.2023

Für gutes Benehmen der Touristen: Bali will Leitfaden herausgeben

Für gutes Benehmen der Touristen: Bali will Leitfaden herausgeben

Nach mehreren Vorfällen unmanierlichen Verhaltens von Touristen auf Bali plant die Regionalregierung einen speziellen Reiseführer für gutes Benehmen. «Nicht alle Ausländer wissen, was auf Bali erlaubt ist und was nicht», zitierte die Zeitung «Bali Sun» das örtliche Justizministerium. Das «Good Tourist Guidebook» werde unter anderem eine Einführung in die balinesische Kultur und deren Bräuche geben, hiess es. Auch sollen Kleider- und Benimmregeln rund um heilige Wahrzeichen erklärt werden. Hintergrund sind gleich mehrere Vorfälle in den vergangenen Wochen. Zuletzt musste eine Russin ausreisen, nachdem sie auf sozialen Netzwerken ein Foto gepostet hatte, auf dem sie sich nackt an einen berühmten Banyan-Baum geschmiegt hatte. Diese Baumart wird von Hindus in aller Welt als heilig verehrt. Zuvor gab es bereits einen ähnlichen Vorfall mit einem anderen Touristen. Beide Touristen hatten sich im Nachhinein für ihr Verhalten entschuldigt.

18.04.2023

Müll, aggressives Verhalten und Fäkalien: Am Flüelapass halten sich immer weniger Besucher an gängige Verhaltensregeln, klagt ein Hotelier – und ist damit nicht allein. Weltweit vergessen Touristen offenbar immer häufiger ihre gute Kinderstube. 

uri

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Besitzer des «Flüela Hospiz» am Flüelapass in Graubünden klagt über das schlechte Benehmen von Besucher*innen. 
  • Die Touristen würden häufig aggressiv auftreten. Zudem fehle ihnen der Respekt vor fremdem Eigentum.
  • Auch in vielen anderen touristischen Destinationen weltweit wächst der Unmut über das Verhalten von Gästen.

Weil sich Passbesucher*innen beim Flüelapass in Graubünden gründlich daneben benehmen, klagt das Hotel «Flüela Hospiz» auf Facebook: «Die Menschen werden jedes Jahr frecher und rücksichtsloser! So schlimm wie diese Saison bis jetzt war es noch nie!».

Im Post führt das Hotel auch etliche Beispiele an, was sich die Besucher alles erlauben. Darunter: «Sie werfen einfach alles auf den Boden, obwohl der Mülleimer daneben steht!» oder «Sie urinieren einfach an die Hauswand, oder direkt auf den Parkplatz». Auch würden Fremde mitten in der Nacht an der Haustüre rütteln, weil sie etwa auf die Toilette wollten.

«Es artet langsam aus», beschreibt  Hotelbesitzer Curdin Frei die Lage gegenüber «20 Minuten». So würden die Leute etwa einfach alles stehen und liegen lassen. Erst kürzlich wieder habe er bei einem Reinigungsrundgang Fäkalien auf dem Parkplatz vor dem Hotel gefunden und müsse immer wieder auch Windeln und Tampons einsammeln.

Mit den zahlenden Gästen gebe es weniger Probleme, so Frei. Es seien «die Leute auf der Durchreise, die Probleme machen». Ihnen fehle häufig der Respekt vor fremdem Eigentum. Dabei könne man allerdings nicht einer Gruppe die Schuld geben: «Es ist egal, woher sie kommen oder wie alt sie sind.»

Die Situation gehe indes auch an diesen Gästen nicht spurlos vorbei, schreibt die «Südostschweiz» zur Situation des Hotels. Einige von ihnen würden sich über die Zustände beschweren. «So, wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen», erklärte Hotelier Frei der Zeitung. Bereits seit vier Generationen führe seine Familie das Passhotel, aber so schlimm wie diesen Sommer sei das Benehmen der Passbesuchenden noch nie gewesen.

Ein Mountainbiker ist unterwegs am Flüelapass unterwegs: Der Besitzer des Hotel «Flüela Hospiz» macht seinem Ärger über ignorante Besucher Luft. 
Ein Mountainbiker ist unterwegs am Flüelapass unterwegs: Der Besitzer des Hotel «Flüela Hospiz» macht seinem Ärger über ignorante Besucher Luft. 
Archivbild: Keystone

Die Familie Frei ist mit ihrer Klage allerdings nicht allein. Weltweit mehren sich zuletzt Berichte über rücksichtslose und schamlose Touristen, wie der unten stehende unvollständige Überblick zeigt. Einige Feriendestinationen kündigten vor der Sommersaison bereits härtere Massnahmen an.

Spanien

Auf der Urlaubsinsel Mallorca sorgen Sauf-Exzesse und rüpelhaftes Benehmen regelmässig für Negativschlagzeilen. Deutsche konzentrieren sich dabei auf den Ballermann, Briten auf Magaluf. Nackte Bierbäuche oder weisse Tennissocken in Plastik-Latschen werden noch achselzuckend hingenommen.

Klagen gibt es hingegen über Betrunkene, die grölend herumtorkeln, sich übergeben oder ihre Notdurft öffentlich erledigen. Furore macht vergangenes Jahr eine junge Anwohnerin der Schinkenstrasse, die sich mit einer Crowdfunding-Aktion auch an die Touristen wendet, um die Schallisolierung ihres Zuhauses zu verbessern. Sie finde in ihrer Wohnung keine einzige Ecke, in der Ruhe herrsche, klagt sie.

Indonesien

Die Ferieninsel Bali macht zuletzt wochenlang Schlagzeilen – nicht mit Tempeltänzen und Traumstränden, sondern mit ungenierten Touristen. Einige werden gar ausgewiesen, nachdem sie nackt auf dem heiligen Vulkan Agung oder an anderen sakralen Orten posiert haben. Auch sind die vielen Besucher, die mit gemieteten Motorrollern alle Verkehrsregeln missachten, den Behörden ein Dorn im Auge.

Der Provinzgouverneur reagiert mit harten Massnahmen, will Klettertouren auf die heiligen Berge und den Verleih von Motorrädern stark reglementieren. Nicht nur auf Bali, auch in der muslimischen Provinz Aceh hat sich ein Tourist kürzlich krass danebenbenommen. Der Australier rennt Ende April auf der Surfer-Insel Simeulue nackt und betrunken aus seiner Unterkunft und greift wahllos Passanten an. Dabei verletzt er einen Fischer.

Der 23-Jährige wird festgenommen, laut der islamischen Rechtssprechung der Scharia drohten ihm bis zu 40 Peitschenhiebe. Er kommt aber milde davon: Nachdem er Schadenersatz in Höhe von umgerechnet rund 15'000 Euro an sein Opfer gezahlt hat, wird der Mann ausgewiesen. Ebenfalls im April wird ein anderer Australier auf Java inhaftiert, weil er dem Imam einer Moschee ins Gesicht gespuckt haben soll. Auch der 47-Jährige wird abgeschoben.

Nepal

Der Mount Everest lockt Bergsteiger aus aller Welt – und die rücken mit jeder Menge Ausrüstung an. Das Resultat: Der 8848 Meter hohe Himalaya-Koloss gilt mittlerweile als «höchstgelegene Müllhalde der Welt». Speziell im Basislager türmen sich zurückgelassene Zelte, Kleidung, Gaskocher, Verpackungen und Sauerstoffflaschen. Inzwischen verlangen Expeditionsfirmen von Kunden ein Müllpfand von 4000 Dollar (rund 3580 Franken).

Wenn diese dabei erwischt werden, wie sie Unrat auf dem Berg zurücklassen, wird das Geld einbehalten. Seit einigen Jahren hilft die nepalesische Armee dabei, die Abfälle einzusammeln. Allein in der diesjährigen Frühlingssaison seien 13'621 Kilo zusammengekommen, heisst es aus dem Tourismusministerium.

Ägypten

Dem Land sind seine Pyramiden heilig. Einen der schwersten Fehltritte leistet sich 2018 ein dänischer Fotograf, der mit seiner Partnerin nachts auf die berühmte Cheopspyramide klettert, was an sich schon strengstens verboten ist. Dann aber fotografiert und filmt er sich dort beim – zumindest angedeuteten – Sex.

Die Behörden sind entsetzt und sprechen von «einem Verstoss gegen die öffentliche Moral». Die Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen ein. Schon 2016 wird ein deutscher Tourist mit einer lebenslangen Einreisesperre belegt, weil er verbotenerweise auf eine Pyramide geklettert war.

Neuseeland

Eine britische Grossfamilie erregt 2019 durch ihr unverschämtes Benehmen so viel Aufsehen, dass die Geschichte mittlerweile als Musical-Satire im Theater zu sehen ist: «The Unruly Tourists» (etwa: Die ungezogenen Touristen) heisst das Bühnenstück – nach dem Spitznamen, unter dem die dreiste Sippe berühmt wurde. Die Gruppe vermüllt damals nicht nur Strände und stiehlt in Tankstellen, sondern weigert sich auch, in Restaurants zu bezahlen und pöbelt jeden an, der ihr Verhalten kritisiert.

Einheimische filmen die respektlosen Aktionen und stellen die Videos online. Tausende Neuseeländer forderten per Petition die Ausweisung der «Touristen aus der Hölle». Die erhalten daraufhin einen Abschiebe-Bescheid.

Australien

In Down Under unterschätzen Reisende gern die Gefahren, die von der einzigartigen Tierwelt ausgehen – und missachten dabei alle Sicherheitsregeln: So will im vergangenen Dezember eine Touristin südwestlich von Sydney ein wildes Känguru streicheln und wird prompt angegriffen. Das aufgebrachte Beuteltier jagt die junge Frau und springt auf sie, bevor es weghüpft.

Im Juli 2022 ignoriert eine Reisegruppe im berühmten Kakadu National Park alle Warnschilder, die auf Krokodile in den Flüssen hinweisen. Ein Video, das später viral geht, zeigt Erwachsene und Kinder direkt am Wasser, in dem mehrere Krokodile lauern. Es geht glimpflich aus – aber tödliche Zwischenfälle sind keine Seltenheit. Erst im Mai wird ein Angler in Queensland von einem der gefährlichen Reptilien gefressen.

Mexiko

Auch die bedeutende Maya-Ruinenstätte Chichén Itzá ist für ihre Pyramiden berühmt, die ebenfalls nicht bestiegen werden dürfen. Dennoch haben seit November mindestens eine Frau und zwei Männer die steilen Steintreppen der Hauptpyramide Kukulkán auf der Halbinsel Yucatán erklommen. Beamte holen sie wieder herunter. Empörte Besucher beschimpfen die Touristen daraufhin und versuchen, sie zu schlagen und mit Flaschen zu bewerfen. Chichén Itzá ist seit 1988 Weltkulturerbe der Unesco und eine der wichtigsten Stätten Mexikos.

USA

Parkhüter in dem für seine Geysire, Grizzlybären und Bisonherden berühmten Yellowstone-Nationalpark mahnen Urlauber an, von Wildtieren Abstand zu halten. Dennoch verursacht ein Tourist aus Hawaii im Mai den Tod eines Bison-Kälbchens. Er hat das Neugeborene an einem Fluss aufgelesen und dabei angefasst.

Das Tier wird von seiner Herde verstossen und muss eingeschläfert werden. Die Parkverwaltung brummt dem Mann eine Strafe von über 1000 Dollar (910 Euro) auf. Für solch ignorante Besucher gibt es in der Region bereits eine Wortschöpfung: «Tourons» (aus «Touristen» und «Morons/Idioten»). Auf der Instagram-Seite «Tourons of Yellowstone» sind Hunderte Fotos und Videos zu sehen, in denen Urlauber-Fehlverhalten blossgestellt wird.

Frankreich

In Paris quartieren sich Touristen statt im Hotel gerne in Airbnb-Apartments ein – und nehmen dann keinerlei Rücksicht auf die Langzeit-Bewohner der übrigen Wohnungen. «Sie machen zu jeder Tageszeit und nachts Krach mit ihren Rollkoffern und organisieren Partys, und es ist ihnen egal, wenn wir sie bitten, etwas leiser zu sein», zitiert die Wochenzeitung «JDD» kürzlich eine wütende Wohnungseigentümerin.

Ausserdem liessen die Feriengäste überall im Gebäude Müll zurück. Die Stadtverwaltung hat längst strikte Regeln für das Vermieten von Touristenquartieren erlassen und nimmt auch regelmässig Kontrollen vor. Manche Vermieter weisen ihre Gäste deshalb laut «JDD» an, einfach nicht die Türe zu öffnen.

Malaysia

In der Hauptstadt Kuala Lumpur wird derzeit das zweithöchste Gebäude der Welt gebaut: Der 678,9 Meter hohe Wolkenkratzer Merdeka 118. Vor der offiziellen Eröffnung, die für Ende des Jahres geplant ist, gilt für Unbefugte: Betreten strengstens verboten. Dennoch schleicht sich ein Touristenpaar aus Russland Ende 2022 in den Turm und klettert auf die Spitze. Fotos der beiden in luftiger Höhe gehen viral – sehr zum Ärger der Behörden.

Peru

In Peru sorgen mehrere Touristen 2020 für Empörung, als sie sich illegal Zutritt zu der Inka-Ruine Machu Picchu verschaffen, einen Stein aus einer Mauer brechen und in der Ruinenstadt sogar ihre Notdurft verrichten. Fünf Touristen aus Chile, Frankreich, Brasilien und Argentinien werden festgesetzt und abgeschoben. Der mutmassliche Haupttäter muss sich in Peru wegen Beschädigung von kulturellem Erbe verantworten. Täglich besuchen bis zu 4000 Touristen die Welterbestätte. Archäologen und die Unesco fordern schon länger, die Zahl der Besucher deutlich zu senken.

Mit Material von dpa