Blick auf Vertragswerk «Titan»-Betreiber sind sogar bei Fahrlässigkeit nicht haftbar

uri

23.6.2023

So regiert der Oceangate-Mitgründer auf die Entdeckung der Tauchboot-Trümmer

So regiert der Oceangate-Mitgründer auf die Entdeckung der Tauchboot-Trümmer

Mitten im Gespräch mit einem Journalisten erfährt Guillermo Söhnlein von diesem, dass Trümmer des Tauchboots gefunden worden seien. Er reagiert ungläubig und verweist darauf, dass der Pilot hätte auftauchen müssen, sobald die Kommunikation abbricht.

23.06.2023

Vier Tage nach dem Verschwinden der «Titan» ist gewiss, dass alle fünf Männer an Bord tot sind. Das Vertragswerk des Tauchboot-Betreibers gibt Aufschluss, dass die Passagiere wussten, welches Risiko sie eingingen – und zudem alle möglichen Rechtsansprüche aufgaben. 

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Fahrt zum Wrack der «Titanic» in einem Tauchboot des Unternehmens OceanGate kostete fünf Menschen das Leben.
  • Alle zahlenden Personen an Bord unterschrieben einen Haftungsausschuss, in dem die Risiken offengelegt wurden.
  • Zugleich verzichteten die Personen mit ihrer Unterschrift auf Regressansprüche.

Nach dem Tod mehrerer zahlender Tiefseetouristen im Tauchboot «Titan» von OceanGate dürften sich Hinterbliebene fragen, ob sie Rechtsansprüche gegen das Unternehmen geltend machen können. Schliesslich wurde das Gefährt nie offiziell zertifiziert. Und wie inzwischen bekannt wurde, haben bereits im Jahr 2018 mehrere Ingenieure und Meeresforscher in einem offenen Brief vor Sicherheitsrisiken beim Boot gewarnt.

Die Fotokombination zeigt von links nach rechts die Personen, die an Bord der «Titan» den Tod fanden: Shahzada Dawood, Suleman Dawood, Paul-Henry Nargeolet, Stockton Rush und Hamish.
Die Fotokombination zeigt von links nach rechts die Personen, die an Bord der «Titan» den Tod fanden: Shahzada Dawood, Suleman Dawood, Paul-Henry Nargeolet, Stockton Rush und Hamish.
Bild: Uncredited/AP/dpa

OceanGate mag dabei zwar bei der «Titan» grosse Risiken eingegangen sein, allerdings nicht was das rechtliche Vertragswerk für die Reisen zur «Titanic» angeht. Wie das Nachrichtenportal TMZ berichtet, dem eine Kopie des entsprechenden Dokuments vorlag, mussten die Passagiere eine Haftungsverzichtserklärung unterschrieben, die scheinbar wasserdicht ist.

Fahrlässigkeit bei Konstruktion und Handling ausgeschlossen

Demnach wird in dem Dokument mehrmals auf das Risiko schwerer Verletzungen oder sogar eines Todes hingewiesen. Auch werden die Passagiere darüber informiert, dass sie diese Risiken ohne Regressansprüche gegen das Unternehmen eingehen.

Ebenfalls stellt OceanGate im Dokument klar, dass die Passagiere selbst im Falle von Fahrlässigkeiten hinsichtlich der Konstruktion und des Betriebs des Bootes keine rechtlichen Ansprüche geltend machen können.

Wörtlich stehe im Dokument: «Ich übernehme hiermit die volle Verantwortung für das Risiko von Körperverletzungen, Behinderungen, Tod und Sachschäden aufgrund von Fahrlässigkeit [von OceanGate], während ich an der Fahrt beteiligt bin.»

An etlichen Stellen wird auf Gefahren hingewiesen

OceanGate habe im Dokument zudem keinesfalls hinter dem Berg gehalten, worauf sich die Teilnehmer der Fahrten einlassen – sich damit aber zugleich gründlich abgesichert, wie verschiedene Stellen des Dokumentes belegen:

- «Ein Teil der Operation wird in einem experimentellen Tauchboot durchgeführt. Dieses experimentelle Tauchboot wurde von keiner Aufsichtsbehörde genehmigt oder zertifiziert und kann aus Materialien bestehen, die bisher nicht in von Menschen besetzten Tauchbooten verwendet wurden.»

- «Beim Tauchen unter die Meeresoberfläche wird dieses Boot einem extremen Druck ausgesetzt sein, und jeder Ausfall des Bootes, während ich an Bord bin, könnte zu schweren Verletzungen oder zum Tod führen.»

- «Wenn ich mich entscheide, bei der Wartung oder dem Betrieb des Tauchfahrzeugs mitzuhelfen, werde ich Risiken ausgesetzt sein, die mit Hochdruckgasen, reinem Sauerstoff, elektrischen Hochspannungsanlagen und anderen Gefahren verbunden sind, die zu Sachschäden, Verletzungen, Behinderungen und Tod führen können.»

Besonders deutlich ist laut TMZ zuletzt  dann noch einmal die Verzichtserklärung:

«Ich bin mir der Risiken bewusst, die mit den Aktivitäten während des Einsatzes verbunden sind, und übernehme hiermit die volle Verantwortung für alle Risiken von Sachschäden, Verletzungen, Behinderungen und Tod [...]. Ich erkläre mich hiermit bereit, OceanGate Expeditions, Ltd. [...] zu verteidigen, zu entschädigen, zu schützen und schadlos zu halten von jeglichen Verlusten, Haftungen, Schäden oder Kosten, die aufgrund von Ansprüchen entstehen, die in Verletzung dieser Erklärung erhoben werden.»

OceanGate-CEO Stockton Rush spricht vor einem Bild des Wracks des 1956 gesunkenen italienischen Passsgierschiffes «Andrea Doria». Rush starb selbst an Bord des Tauchboots «Titan». Wie Dokumente zeigen, wurden alle Personen an Bord über die Risiken aufgeklärt – und sie verzichteten dabei auch auf Regressansprüche gegen OceanGate. 
OceanGate-CEO Stockton Rush spricht vor einem Bild des Wracks des 1956 gesunkenen italienischen Passsgierschiffes «Andrea Doria». Rush starb selbst an Bord des Tauchboots «Titan». Wie Dokumente zeigen, wurden alle Personen an Bord über die Risiken aufgeklärt – und sie verzichteten dabei auch auf Regressansprüche gegen OceanGate. 
KEYSTONE