Spinnenfans reisen nach Colorado Paarungszeit der Taranteln wird zum Spektakel

AP/tcar

5.10.2024 - 00:00

Eine männliche Vogelspinne sucht in der Nähe von La Junta, Colorado, nach einer Partnerin. 
Eine männliche Vogelspinne sucht in der Nähe von La Junta, Colorado, nach einer Partnerin. 
Bild: AP

In der Kleinstadt La Junta in den USA wird die Paarungszeit der im Umland heimischen Taranteln jedes Jahr zum Spektakel. Sogar ein Festival ist den Tieren gewidmet – mit teils skurrilen Programmpunkten.

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  • Die Paarungszeit von Taranteln lockt Hunderte Spinnenfreunde in die Kleinstadt La Junta.
  • Für die Einwohner von La Junta sind Taranteln keine gruseligen Kreaturen.
  • In der Stadt feiern die Besucher das «Tarantula Fest» – etwa in Form von Wettbewerben, bei denen sie ihre spinnenähnlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Im US-Bundesstaat Colorado liegt ein Hauch von Liebe in der Luft – von der Sorte, die das Herz ein wenig schneller schlagen und die Nackenhaare zu Berge stehen lässt. Denn es ist Paarungszeit der hier heimischen Taranteln. Die männlichen Tiere wagen sich aus ihrem Unterschlupf, um eine Partnerin zu finden. Und Hunderte Spinnenfreunde lockt das Spektakel in die Kleinstadt La Junta.

Wissenschaftler, Spinnenenthusiasten und neugierige Familien aus Colorado zwängten sich am vergangenen Wochenende kurz vor Einbruch der Dunkelheit in Busse, um die trockenen Ebenen der Region zu durchforsten. Einige nutzten Taschenlampen oder Autoscheinwerfer, um die Spinnen nach Sonnenuntergang zu beobachten.

Wieder zurück in der Stadt frönten die Besucher dem «Tarantula Fest» – etwa in Form von Wettbewerben, bei denen sie ihre spinnenähnlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen konnten. Den Titel im Vergleich der haarigsten Beine sicherte sich in diesem Jahr eine Frau. Dazu gab es eine Autoparade, bei der Oldtimer gigantische Spinnenattrappen auf ihren Dächern spazieren fuhren. Der Film-Klassiker «Arachnophobia» aus dem Jahr 1990 wurde im historischen Fox Theater ausgestrahlt.

Das braucht Mut: Ein Mann lässt eine Vogelspinne über seine Hand laufen.
Das braucht Mut: Ein Mann lässt eine Vogelspinne über seine Hand laufen.
Bild: dpa

Für die Einwohner von La Junta indes sind Taranteln nicht die albtraumhaften Kreaturen, als die sie auf der Leinwand oft in Erscheinung treten. Sie sind ein wichtiger Teil des lokalen Ökosystems und locken Menschen aus dem ganzen Land an, die sonst vielleicht nie in die Gemeinde im Südosten Colorados gekommen wären.

Nachbarn erzählten sich begeistert von all den Menschen von ausserhalb, die sie im dritten Jahr des Spinnen-Festivals getroffen haben. Unter ihnen war auch Nathan Villareal, ein Tarantel-Züchter aus dem kalifornischen Santa Monica. Er habe von der Paarungszeit gehört und gleich gewusst, dass das ein Spektakel sei, das er sich nicht entgehen lassen könne.

Villareal verkauft Taranteln als Haustiere an Menschen in den ganzen USA. Er sagt, er sei seit seiner Kindheit fasziniert von den Spinnen. Im Gebiet von La Junta sind vor allem Taranteln des Schlags «Colorado Brown» präsent. Sie bauen ihre Höhlen in den weitgehend ungestörten Prärien des Comanche National Grassland.

Im September und Oktober begeben sich die Männchen auf Wanderung, um die Höhlen ihrer weiblichen Artgenossen zu finden, die üblicherweise mit einem seidigen Netz markiert sind. Die beste Zeit zur Beobachtung ist eine Stunde vor der Abenddämmerung, wenn die Hitze des Tages sich zurückzieht. «Wir haben mindestens ein Dutzend Taranteln auf der Strasse gesehen, und als wir danach zurückgegangen sind, haben wir ein Dutzend weitere gesehen», sagte Villareal.

Es dauert etwa sieben Jahre, bis männliche Taranteln geschlechtsreif werden. Dann verbringen sie den Rest ihres Daseins mit der Suche nach einer Partnerin, wie Cara Shillington sagte, eine Biologie-Professorin an der Eastern Michigan University, die sich dem Studium von Spinnen widmet. Üblicherweise lebten sie nach Erreichen der Geschlechtsreife etwa ein weiteres Jahr, sagte sie. Weibchen könnten 20 Jahre oder älter werden.

Die Männchen können bis zu rund 13 Zentimeter lang werden. Vor der Höhle eines Weibchens machen sie durch Trommeln auf sich aufmerksam. Ist die Dame der Wahl zur Paarung bereit, kommt sie heraus. Und genauso schnell, wie es dann zur Sache geht, versucht das Männchen, sich anschliessend wieder aus dem Staub zu machen – um nicht als Nährstofflieferant für das in der Regel etwas grössere Weibchen zu enden, das gut versorgt sein muss, um die Schwangerschaft zu Ende zu bringen.

«Taranteln beissen nur aus Angst»

Wie viele, die das «Tarantula Fest» besuchen, lehrt Shillington andere leidenschaftlich gerne, sich nicht vor Taranteln und anderen Spinnen zu fürchten. Die in Nordamerika vorkommenden Taranteln seien normalerweise eher gutmütig. Ihr Gift werde nicht als sonderlich gefährlich für den Menschen angesehen, könne aber Schmerz und Irritationen verursachen. Wenn man den Tieren begegne, dann liege die Angst eher bei ihnen, sagte Shillington. «Taranteln beissen nur aus Angst.» So verteidigten sich die Tiere eben. Und wenn man sie in eine Situation bringe, in der sie glaubten, zubeissen zu müssen, dann gebe es keinen Grund, sich zu fürchten.

Viele Kinder, die das Festival in La Junta mit ihren Familien besuchten, lernten dort, dass Spinnen gar nicht so furchteinflössend sind, wie sie erscheinen mögen. Die 13-jährige Roslyn Gonzales sagte, sie habe es kaum erwarten können, sich auf die Suche nach den Tieren zu machen.

Für den Studenten Goran Shikak, auf dessen Arm sich mehrere Spinnen-Tattoos befinden, ist das jährliche Festival eine Gelegenheit, Taranteln zu feiern und seine Begeisterung für sie mit anderen zu teilen. «Es sind schöne Geschöpfe», sagte Shikak, der an der University of Colorado Denver Arachnologie studiert, also die Wissenschaft der Spinnentiere. Das Verhalten der Tiere in freier Wildbahn zu beobachten, sei eine Freude – und eine Erfahrung, die sich lohne.

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