Urteil in Österreich Von Kühen totgetrampelte Wanderin handelte «völlig sorglos»

SDA/uri

27.8.2019 - 13:11

Wanderer müssen sich beim Durchqueren von Alpweiden an bestimmte Regeln halten. Das Oberlandesgericht Innsbruck hat dem Opfer einer Kuh-Attacke eine Mitschuld zugesprochen. (Symbolbild)
Wanderer müssen sich beim Durchqueren von Alpweiden an bestimmte Regeln halten. Das Oberlandesgericht Innsbruck hat dem Opfer einer Kuh-Attacke eine Mitschuld zugesprochen. (Symbolbild)
Source: Keystone

Fünf Jahre nach der tödlichen Kuh-Attacke auf eine 45-jährige deutsche Wanderin hat ein österreischisches Gericht das Urteil der Vorinstanz teilweise korrigiert. 

Das Oberlandesgericht (OLG) sehe nicht die volle Schuld beim Bauern, sondern gehe von einer 50-prozentigen Mitschuld des Opfers aus, erklärte OLG-Vizepräsident Wigbert Zimmermann am Dienstag bei einer Medienkonferenz. Dies bedeute, dass dem Ehemann und dem Sohn des Opfers die Ansprüche um 50 Prozent gekürzt würden.

Dem Witwer stünden somit rund 54'000 Euro und eine monatliche Rente von 600 Euro zu. Der Sohn bekomme rund 24'000 Euro sowie eine monatliche Rente in Höhe von 180 Euro.



Kühe wollten wahrscheinlich Kälber beschützen

Im Februar hatte das Landgericht Innsbruck in einem Zivilprozess den beiden Hinterbliebenen der Frau aus Deutschland hohen Schadenersatz zugesprochen. Das Urteil hatte unter den Alm-Bauern zu grosser Verunsicherung geführt. Es folgte auch eine Debatte über die Eigenverantwortung von Wanderern.

Die 45-jährige Hundehalterin aus Rheinland-Pfalz war im Sommer 2014 im Tiroler Stubaital von einer Kuhherde zu Tode getrampelt worden. Die Kühe wollten offenbar die Kälber vor dem Hund schützen.

Die Frau hatte die Hundeleine mit einem Karabiner um die Hüfte fixiert. Sie hätte wissen müssen, dass Mutterkühe aggressiv auf Hunde reagieren können, hatte bereits das Landgericht befunden. Es sei sorglos gewesen, den Hund so zu fixieren, dass er nicht sofort losgelassen werden könne.

Regeln für Wanderer

Österreich hat mit zehn Regeln für Wanderer, die auf Alpen mit Weidebetrieb unterwegs sind, reagiert. Zu den Regeln gehört das Anleinen von Hunden – oder im Fall einer Kuh-Attacke – deren sofortiges Loslassen, das deutliche Umgehen einer Herde sowie der einzuhaltende Abstand besonders zu Kälbern. Ausserdem wird vor Schreien, Pfeifen und hektischen Bewegungen, die die Tiere nervös machen könnten, gewarnt.

In Österreich stehen nach Angaben der Landwirtschaftskammer rund 270'000 Stück Vieh auf den knapp 8000 Alpen. Viele Wanderwege kreuzen die Areale.

Völlig sorglos gehandelt

In dem OLG-Urteil wird betont, dass die Wanderin völlig sorglos gehandelt habe. Die Touristin hätte wissen müssen, dass Mutterkühe eine Gefahr für Hunde und damit zwingend auch für die Menschen, die diese Hunde führen, darstellten.

Die 45-Jährige habe auch nicht das vom Bauern aufgestellte Warnschild beachtet. Vielmehr sei sie in einem Abstand von nur ein bis zwei Metern an den nächststehenden Kühen vorbeigegangen. «Diese Vorgehensweise der Touristin ist als Sorglosigkeit zu werten und begründet damit ein massgebliches Mitverschulden», hiess es.

Dennoch treffe den Bauern auch eine Mitschuld. Er hätte die Weide zum besonders frequentierten Wanderweg zumindest auf einer Länge von 500 Meter abzäunen müssen, «um die von seinen Tieren ausgehende Gefahr für nichts ahnende Wanderer mit Hunden zumindest massgeblich zu verringern, wenn nicht sogar auszuschliessen.»

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