Wer will es kaufen? Knapp 300 Millionen Dollar für ein sinkendes Anwesen

Samuel Walder

4.12.2024

Dieses Anwesen ist zurzeit das teuerste in ganz Amerika. Jetzt kannst du es mit dem nötigen Kleingeld kaufen. Doch aufgepasst: bald könnte es im Meer versinken. 
Dieses Anwesen ist zurzeit das teuerste in ganz Amerika. Jetzt kannst du es mit dem nötigen Kleingeld kaufen. Doch aufgepasst: bald könnte es im Meer versinken. 
IMAGO/Jam Press

Der Traum der Superreichen kann in Florida in Erfüllung gehen. Das teuerste Anwesen Amerikas steht zum Verkauf. Für 295 Millionen Dollar kann es dir gehören. Der Haken – es droht im Meer zu versinken. 

Samuel Walder

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein Anwesen in Naples, Florida, wird für 295 Millionen Dollar angeboten.
  • Es liegt jedoch in einer Region mit extremer Anfälligkeit für Überflutungen und Sturmfluten.
  • Häufigere Naturkatastrophen und steigende Versicherungsprämien belasten die Region; Versicherer ziehen sich zunehmend aus Immobiliengeschäft in Florida zurück.
  • Reiche Bewohner*innen können sich vor Klimarisiken besser schützen, während ärmere Menschen steigende Kosten und grössere Gefahren schultern müssen.

Ein millionenschweres Anwesen in Florida, gelegen an einem feinen weissen Sandstrand mit Blick auf das azurblaue Wasser des Golfs von Mexiko, ist derzeit die teuerste Immobilie, die in den USA zum Verkauf steht. Preis? Schlappe 295 Millionen Dollar.

Doch das Traumhaus liegt in einer der anfälligsten Regionen der USA für klimabedingte Naturkatastrophen – und eine Überflutung in naher Zukunft ist nahezu unvermeidlich, wie der «Guardian» schreibt. 

Luxus trifft auf Klimakrise

Das Gordon Pointe-Anwesen in Naples, Florida, wird als «exklusivstes Anwesen Floridas» vermarktet. Es umfasst neun Hektar, zwei gigantische Gästehäuser, einen privaten Yachthafen und ist von drei Seiten von Wasser umgeben. Doch diese Pracht spiegelt auch die dramatische Spannung zwischen dem begehrten Lifestyle in Floridas Küstenregionen und den zunehmend sichtbaren Folgen des Klimawandels wider.

«Es ist nahezu sicher, dass dieses Anwesen überflutet wird», sagt Jeremy Porter, Klimarisiko-Experte bei der First Street Foundation. Laut deren Modellierung hat die Immobilie eine 68-prozentige Wahrscheinlichkeit, innerhalb der nächsten 15 Jahre überflutet zu werden, und eine fast garantierte 95-prozentige Wahrscheinlichkeit in den nächsten 30 Jahren. Auf Immobilienportalen wie Zillow wird das Anwesen mit «sehr hohem» Überflutungs- und «extremem» Windrisiko eingestuft.

«Die Gegend ist wunderschön, Menschen wollen hier Zugang zum Wasser und den Stränden», erklärt Porter. «Aber das hier sind praktisch Immobilien, die auf dem Wasser gebaut wurden.»

Naples: Ein Paradies auf wackeligen Beinen

Das Gordon Pointe-Anwesen liegt am südlichen Ende des exklusiven Viertels Port Royal in Naples. Diese Region besteht aus flachen, schmalen Landzungen, die von Kanälen durchzogen sind. Ursprünglich von Mangroven und Dünen geschützt, wurde die Natur weitgehend weggedrängt, um Platz für hochpreisige Entwicklungen direkt am Meer zu schaffen – einem Meer, das seit den 1990er Jahren bereits sechs Zoll höher liegt.

Die Bedrohung ist in den letzten Jahren immer sichtbarer geworden: Fünf Hurrikane haben allein in den letzten zwei Jahren die Westküste Floridas getroffen. 2022 verwüstete Hurrikan Ian die Region, überschwemmte Strassen, zerstörte Häuser und liess den berühmten Pier von Naples in Trümmern zurück.

Michael Savarese, Geologe und Klimaexperte an der Florida Gulf Coast University, fasst die prekäre Lage zusammen: «Die ganze Region ist extrem anfällig für Überschwemmungen und Sturmfluten. Und wenn wir weiterhin so häufige Stürme wie in den letzten zwei Jahren erleben, bleibt uns kaum Zeit zum Durchatmen.»

Der Luxus hat seinen Preis

Trotz der Risiken bleibt Florida ein Magnet für Wohlhabende. Doch die Kosten steigen: Die Versicherungsprämien für Immobilien in Florida, die ohnehin die höchsten in den USA sind, stiegen im vergangenen Jahr im Durchschnitt um 42 %. Mehrere Versicherungsunternehmen haben sich aus dem Bundesstaat zurückgezogen, und das staatliche Rückversicherungssystem ist nach Angaben von Gouverneur Ron DeSantis «nicht mehr solvent».

DeSantis selbst hat auf diese Krise mit einer ungewöhnlichen Strategie reagiert: Erwähnungen des Klimawandels wurden aus staatlichen Gesetzen entfernt. In Naples führte dies dazu, dass ein städtischer Bericht zur Klimaanfälligkeit umgeschrieben werden musste – der Begriff «Klimawandel» wurde gestrichen, um Fördermittel des Bundesstaates für dringend notwendige Infrastrukturprojekte zu erhalten.

«Man gewöhnt sich daran», sagt Natalie Hardman, die für die natürlichen Ressourcen der Stadt zuständig ist. «Es ist das Spiel, das wir spielen müssen.»

Die Schönen und Reichen bleiben abgeschottet

Während diese Herausforderungen die meisten Menschen aus Florida schwer treffen, bleibt die Elite abgeschottet. Das Gordon Pointe-Anwesen wurde mit Materialien gebaut, die selbst extremen Wetterbedingungen trotzen sollen. «Versicherungen für so ein Anwesen sind extrem teuer – wahrscheinlich siebenstellige Beträge jährlich», erklärt Versicherungsexpertin Katherine Frattarola. Doch Käufer, die 295 Millionen Dollar für ein Haus ausgeben können, denken selten über solche Summen nach.

«Wer sich ein solches Anwesen leisten kann, macht sich keine Gedanken über Risiken», sagt Frattarola. «Er denkt daran, wie sehr er Naples liebt – und daran, das teuerste Haus in Amerika zu besitzen.»

Klimawandel macht keinen Halt vor Luxus

Für den Durchschnittsbürger sieht die Realität jedoch anders aus. Explodierende Versicherungsprämien und häufigere Stürme treiben viele an den Rand des Ruins. «In hochriskanten Klimaregionen leben oft die reichsten Menschen», erklärt Parinitha Sastry von der Columbia Business School. «Das bedeutet, dass Subventionen für Hochwasserversicherungen oft den Reichen zugutekommen, während ärmere Menschen ungeschützt bleiben.»

Die Schere zwischen denjenigen, die sich vor den Risiken schützen können, und denjenigen, die den Folgen schutzlos ausgeliefert sind, könnte weiter auseinandergehen.

Ein Traumhaus oder ein Alptraum?

Trotz allem bleibt das Gordon Pointe-Anwesen begehrt. Ein Werbevideo preist die Abgeschiedenheit und Exklusivität der Immobilie an: «Kein Verkehr, keine neugierigen Blicke – ein seltenes und aussergewöhnliches Anwesen.»

Doch ist ein solches Haus wirklich 295 Millionen Dollar wert? Frattarola zieht einen kühnen Vergleich: «Wenn eine Banane, die an eine Leinwand geklebt ist, für 6,2 Millionen Dollar verkauft wird, findet sich für alles ein Käufer.»

Obwohl sich der Traum von Luxus für die Superreichen hält, bleibt das grosse Ganze düster: Floridas Paradies könnte bald wortwörtlich untergehen.