Die Letzten ihrer ArtIn Appenzell sind die Kühe noch aus Zinn
Nicolai Morawitz
24.12.2018
Spielzeugsoldaten, Schalen, Kelche und Leuchter – früher waren sehr viele Alltagsgegenstände aus Zinn. Das hat sich spätestens mit der Verbreitung von Porzellan und Pressglas geändert. Heute können Zinngiesserinnen wie Sibylle Bichsel nur noch durch Spezialisierung überleben. «Bluewin» hat sie in Appenzell besucht.
Das Zunfthaus in Appenzell: Von aussen betrachtet kommt es bescheiden daher, doch in seinem Inneren verbergen sich die Wunder des Handwerks. Im ersten Stock fertigt ein Schuster nach Mass Schuhe an, nebenan fabriziert ein Sennensattler die legendären Appenzeller-Gürtel – und auch eine Floristin und ein Schreiner sind mit an Bord.
In dieser Welt des Feinen und Filigranen, des Bewahrenden und Bodenständigen hat Sibylle Bichsel ihre Zinngiesserei-Werkstatt. Hier erinnert nichts an schwere Zinnkannen oder -pokale ferner Zeiten. Bichsel gibt ihrem Werkstoff eine Leichtigkeit und nutzt ihn für Verzierungen und Eigenkreationen mit Charme. Das können Möbel-Applikationen, Whiskey-Etiketten, aber auch Totenköpfe für Töff-Fans sein. Im Video zeigt die gebürtige Luzernerin, wie sie die Griffe von Fonduegabeln kunstvoll verziert – und was die Arbeit mit Zinn so anspruchsvoll macht.
«Zinn ist ein genialer Werkstoff»
Sibylle Bichsel ist eine der letzten Zinngiesserinnen der Schweiz. «Bluewin» hat sie in ihrer Werkstatt in Appenzell besucht.
14.10.2018
In Bichsels Werkstatt und im Verkaufsraum tummeln sich Kuhköpfe aus Zinn. Mal dienen sie als Kleiderhaken, mal als Fassung für eine Glühbirne. Gerade mit diesem Modell sei sie in letzter Zeit erfolgreich gewesen, sagt die Zinngiesserin. Sie bietet auch Workshops an, in denen sie Interessierten einen ersten Einblick in das Handwerk gibt und diese etwas nachmachen dürfen.
Auch wenn es Bichsel im Verbund und mit viel Einfallsreichtum gelingt, ihr Handwerk weiterzuführen – das Zinngiessen in der Schweiz stecke in einem Überlebenskampf, wie die 50-Jährige im Interview erklärt:
Zinngiesserin: «Der Beruf ist vom Aussterben bedroht»
Wie Sibylle Bichsel als Quereinsteigerin zur Zinngiesserei in Appenzell gekommen ist, verrät sie im Interview.
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Bichsel ist mit der Schöpfkelle und Werkzeug im Gepäck auch schon nach Zürich gereist, um ihr Handwerk im Haus Appenzell vor Publikum vorzuführen. Diese Live-Werkstätten im Rahmen der Ausstellung «Zwischen Licht und Schatten» sind noch bis zum April 2019 zu sehen. So kann zum Beispiel den Appenzeller Stickerinnen oder einem Weissküfer über die Schulter geschaut werden.
Die Schweiz ist ein Land des Handwerks – doch wird das immer so bleiben? In der Serie «Die Letzten ihrer Art» kommen Menschen zu Wort, die in aussterbenden Berufen arbeiten. «Bluewin» ist dafür von Bern nach Appenzell und vom Münstertal ins Tessin gereist und hat Werkstätten, Magazine und Ateliers besucht.
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