Flugbilder dokumentieren Bauboom Fotoprojekt aus der Waadt zeigt die Verbauung der Schweiz 

Nicolai Morawitz

7.9.2018

Mal am Steuerknüppel, mal am Auslöser: Der fotografierende Hobby-Pilot Jean-Michel Zellweger.
Mal am Steuerknüppel, mal am Auslöser: Der fotografierende Hobby-Pilot Jean-Michel Zellweger.
Bild: Bluewin/mn

Jean-Michel Zellweger hat über zwei Jahre lang seinen Heimatkanton Waadt aus der Luft fotografiert. Die Aufnahmen erfolgten an exakt denselben Orten, die schon ein Pilotpionier in der Mitte des 20. Jahrhunderts aufsuchte. Der Vergleich ist ein einmaliges Zeugnis für die Verstädterung der Schweiz.

Für «Bluewin» hat Zellweger sein Fotoarchiv geöffnet und verraten, wie es zum anspruchsvollen Projekt gekommen ist. Zugleich appeliert der Waadtländer an eine raumschonende Planung für die Zukunft:

Flugplatz Montricher am Fusse des Juras: Zwischen einem Waldstück und Kornfeldern liegt ein unauffälliger Hangar - in der Ferne übt die Schweizer Armee mit Artillerie-Geschützen. Dieser abgeschiedene Ort im Kanton Waadt war für Jean-Michel Zellweger der Ausgangspunkt für seine rund 100 Flugstunden, die er brauchte, um seinen Heimatkanton in 30'000 Aufnahmen aus der Luft zu portraitieren.

Er arbeitete für das «Vaud-du-ciel» getaufte Projekt mit Roger Emmenegger zusammen, der durch seine Hartnäckigkeit einen bedeutenden Fotografie-Schatz heben konnte: 3500 Luftaufnahmen von Waadtländer Gemeinden und Städten auf Glasplatten gelang es Emmenegger zu sichern.

Entstanden waren die Fotografien von 1930 bis ungefähr 1960 - der ehemalige Stabsoffizier der Luftwaffe Alphonse Kammacher (1900-1983) hatte sie ebenfalls von einem Flugzeug aus angefertigt.  

Bildband als Mahnung

«Das war eine unglaubliche Leistung», sagt Zellweger über seinen Vorgänger aus dem letzten Jahrhundert. Dieser habe eine fünf Kilo schwere Kamera gehabt, die er vom Flugzeug aus bediente. Weil der Aufnahmeprozess so lang war, musste Kammacher enorm aufpassen, sich nicht zu bewegen. Gelegentlich habe dieser sogar den Motor abgestellt, um Vibrationen zu verhindern, so Zellweger.

Doch auch im neuen Jahrtausend ist die Luftfotografie kein leichtes Unterfangen: Zellweger hatte zwar modernes und leichtes Material, allerdings durfte er nicht so tief fliegen wie Kammacher. Für das gesamte Vorhaben holte sich der promovierte Chemieingenieur immer wieder Hilfe von befreundeten Piloten, so dass er sich ausschliesslich auf die Fotografie konzentrieren konnte.

Herausgekommen ist ein Mammutwerk: Auf 1600 Seiten sind rund 1400 Fotografien abgebildet, welche die Westschweizer Region heute und vor mehr als 60 Jahren zeigen. Die drei Bände von «Vaud du Ciel» enthalten ausserdem Experteninterviews zu den Themen Raumplanung und dem baulichen Erbe.

«Vaud du ciel», das  fotografische Gedächtnis des Kantons soll im Dezember ausgeliefert werden und kann schon heute bestellt werden.

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