Alpenverein warnt Österreich wird in 45 Jahren weitgehend eisfrei sein

dpa

5.4.2024 - 19:36

Eine Gruppe von Wanderern ist auf dem Weg zum Jamtalferner-Gletscher in der Nähe von Galtür. Foto: Matthias Schrader/AP
Eine Gruppe von Wanderern ist auf dem Weg zum Jamtalferner-Gletscher in der Nähe von Galtür. Foto: Matthias Schrader/AP
Archivbild: Matthias Schrader/AP

Praktisch alle Gletscher gingen im Zeitraum 2022/23 in der Länge deutlich zurück. Das zeigen Messungen des Alpenvereins.

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  • Österreichs Gletscher werden nach Ansicht von Forschern in wenigen Jahrzehnten praktisch verschwunden sein.
  • «In 40 bis 45 Jahren wird Österreich weitgehend eisfrei sein», sagte Andreas Kellerer-Pirklbauer vom Institut für Geografie und Raumforschung an der Universität Graz am Freitag.
  • Von 93 beobachteten Gletschern hätten von 2022 auf 2023 bis auf einen alle an Länge verloren. 

Die Gletscher in Österreich sind nach Expertenangaben im vergangenen Jahr in rasantem Tempo zurückgegangen. Wenn der Prozess so weitergehe, werde das Land wahrscheinlich in 40 bis 45 Jahren weitgehend eisfrei sein, erklärte der Österreichische Alpenverein am Freitag. Von den 93 Gletschern, die Ehrenamtliche des Vereins beobachteten, ging demnach im Zeitraum 2022/23 lediglich einer in der Länge nicht zurück.

Die 79 Gletscher, die sowohl im vergangenen Jahr als auch im Jahr davor vermessen wurden, waren durchschnittlich 23,9 Meter kürzer als ein Jahr zuvor, wie der Verein in seinem jährlichen Gletscherbericht erklärte. Das war der dritthöchste Rückgang sowohl in den 133 Jahren, in denen der ÖAV Messungen betreibt, als auch in den letzten sieben Jahren. Der Rückzug von 14 weiteren Gletschern wurde weniger präzise beobachtet, beispielsweise mithilfe eines Vergleichs von Fotos.

Gletscher sind nicht mehr zu retten

Der grösste Rückgang wurde am grössten Gletscher Österreichs verzeichnet, der Pasterze am Fuss des Grossglockners. Sie schrumpfte um 203,5 Meter, ein Negativrekordwert für diesen Gletscher.

Gerhard Lieb, einer der beiden wissenschaftlichen Leiter des Alpenverein-Gletschermessdienstes, sagte, Österreichs Gletscher seien nicht mehr zu retten und ihr Verschwinden in den kommenden Jahrzehnten unaufhaltsam. Laut dem Bericht des Alpenvereins gibt es in Österreich keinen Gletscher mehr, der über ein Nährgebiet verfügt, das die bestehende Eismasse auch nur annähernd erhalten könne. De facto werde ganz Österreich in 40 bis 45 Jahren weitgehend eisfrei sein, sagte der andere wissenschaftliche Leiter, Andreas Kellerer-Pirklbauer.

«Die österreichischen Gletscher existieren nur mehr aufgrund der in der Vergangenheit angesammelten Eisreserven», erklärten Lieb und Kellerer-Pirklbauer. Beide Experten arbeiten am Institut für Geografie der Universität von Graz. Der aktuelle Bericht kann laut den Leitern des Alpenverein-Gletschermessdienstes daher «als Warnsignal an die Klimapolitik» gelesen werden. Das weltweit beobachtete Abschmelzen von Gletschern gilt als eines der deutlichsten Anzeichen für den vom Menschen verursachten Klimawandel.

dpa