Ernte zunehmend in Gefahr Dieses Insekt bedroht die Schweizer Kartoffeln

Lea Oetiker

25.10.2024

Eine Pelz-Glasfluegelzikade.
Eine Pelz-Glasfluegelzikade.
Imago

In Süddeutschland und der Schweiz sehen sich Landwirte mit einer neuen Herausforderung konfrontiert: Die Schilf-Glasflügelzikade überträgt Bakterien, die die Kartoffelernte gefährden.

Lea Oetiker

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  • Die Schilf-Glasflügelzikade bedroht in Süddeutschland und der Schweiz zunehmend die Kartoffelernte.
  • Dies, indem sie Bakterien überträgt, die zu Ernteausfällen führen können.
  • In der Schweiz treten vermehrt Qualitätsprobleme bei Verarbeitungskartoffeln auf, was die Nachfrage nach importierten Produkten steigert.

In Süddeutschland und in der Schweiz sind Landwirte mit einer immer grösser werdenden Herausforderung konfrontiert: Die Schilf-Glasflügelzikade, ein kleines Insekt, bedroht zunehmend die Kartoffelernte.

Dieses Insekt überträgt Bakterien, die das Syndrom der niedrigen Zuckergehalte (SBR) verursachen, welches bisher hauptsächlich Zuckerrüben betraf. Seit etwa zwei Jahren wird das Bakterium jedoch auch bei Kartoffelpflanzen nachgewiesen und breitet sich schnell aus. Auch in der Schweiz.

Ernteausfall von über 50 Prozent

Die Situation in Deutschland hat sich in den letzten Jahren verschärft. Besonders betroffen sind Regionen, wo Kartoffeln und Zuckerrüben nacheinander in einer Fruchtfolge angebaut werden. Sind Kartoffelpflanzen befallen, droht den Bauern ein Ernteausfall von über 50 Prozent, manchmal sogar ein Totalverlust.

Auch in der Schweiz werden die Auswirkungen spürbar. «Seit zwei Jahren haben wir vermehrt Qualitätsprobleme bei Kartoffeln, vor allem bei Verarbeitungskartoffeln für Chips oder Pommes frites», sagt Stefan Vogel, Agrarwissenschaftler und Kartoffelforscher an der Berner Fachhochschule (BFH), zu «SRF». Man gehe stark davon aus, dass die Schilf-Glasflügelzikade hier eine Rolle spiele, doch viele Details müssten noch geklärt werden.

Die Schilf-Glasflügelzikade verursacht nur dann Schäden, wenn sie bestimmte Bakterien wie «Arsenophonus» oder «Phytoplasma solani» überträgt. 

Ersteres lässt den Zuckergehalt in Rüben sinken, bei Kartoffeln verringert sich der Stärkegehalt. Das zweite Bakterium lässt die Wurzeln der Pflanze absterben. Die Kartoffeln bekommen so nicht mehr ausreichend Wasser und verschrumpeln. Aber die genaue Chemie hinter den Abläufen wird aktuell erst erforscht.

Ertragsbusen bis zu 30 Prozent in der Schweiz

Vogel rechnet in der Schweiz mit Ertragseinbussen von bis zu 30 Prozent. Vor allem die Backqualität von Verarbeitungskartoffeln sei problematisch. Beim Frittieren der Kartoffeln komme es zu einer unerwünschten Braunfärbung.

«Dementsprechend kommt weniger Schweizer Ware auf den Markt, und es werden mehr ausländische Pommes frites und Chips in der Schweiz verkauft», so der Agrarwissenschaftler.

Experten empfehlen Landwirtinnen und Landwirten als vorläufige Massnahme, die Zikaden mittels Fruchtfolge einzudämmen: Nachdem die Zikaden ihre Eier auf Zuckerrüben abgelegt haben, ernähren sich die geschlüpfte Nymphen auch noch von der Folgekultur, bei uns Winterweizen. Baut man diesen jedoch nicht an, sondern lässt eine Brache, können die Jungtiere nichts mehr fressen und sterben, bevor eine Frühjahreskultur gepflanzt wird.

 Allerdings sind andere und langfristig Lösungen erforderlich, um den Herausforderungen im Kartoffel- und Zuckerrübenanbau zu begegnen.