Guanziroli am Gericht Erster grosser Bitcoin-Betrug in der Schweiz - dreister Coup im Luxushotel

Silvana Guanziroli

7.11.2018

Auch mit der Kryptowährung Bitcoin lässt es sich betrügen. Eine Bande aus zwei Italienern, einem Serben und einem Rumänen klauten einem Händler 200'000 Franken.
Auch mit der Kryptowährung Bitcoin lässt es sich betrügen. Eine Bande aus zwei Italienern, einem Serben und einem Rumänen klauten einem Händler 200'000 Franken.
Keystone

Sie hatten es auf das grosse Geld abgesehen. In ausgefeilter Mafiamanier zocken zwei Italiener, ein Serbe und ein Rumäne in Zürich ihr Opfer ab. Am Ende bleibt der betroffene Bitcoin-Händler auf Falschgeld in der Höhe von 200'000 Franken sitzen. Am Mittwoch stand der Lockvogel der Bande vor Gericht.

Das Verbrechen war von langer Hand geplant und erinnert an den Hollywood-Blockbuster «Ocean's Eleven». Im Film gelingt den Gaunern um Daniel Ocean (George Clooney) der perfekte Coup – sie erleichtern ihr Opfer um sein Vermögen, ohne dass dieses etwas davon bemerkt.

Ähnlich ist die Bande in Zürich vorgegangen. Um den Bitcoin-Händler zu täuschen, setzen die Männer viel kriminelle Energie, Zeit und Eifer ein. Bereits eine Woche vor der eigentlichen Tat inszenieren sie ein erstes Treffen in London. Der Grund: Sie wollen das Vetrauen des Devisenhändlers gewinnen. Und das gelingt dem erst 21-jährigen Lockvogel Ivan P. in der Lobby des Hilton Hotels auch. Gemäss der Anklageschrift der Zürcher Staatsanwaltschaft überreicht er dem Mann 11'000 Franken und bekommt dafür 11,2 Bitcoin. Dabei sei es aber nur darum gegangen, «den Geschädigten vom angeblich seriösen Ablauf zu überzeugen und ihn zu einem Folgegeschäft zu verleiten», schreibt die Anklage.

In diesem Hotel in London nahm das Verbrechen im Dezember 2018 seinen Anfang.
In diesem Hotel in London nahm das Verbrechen im Dezember 2018 seinen Anfang.
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Und zu diesem illegalen Folgegeschäft kommt es am 28. Dezember 2016 in Luxushotel Hyatt in Zürich. Die Bande reist dafür aus Italien an, der Devisenhändler aus London. Telefonisch hatten sie sich auf dieses Geschäft geeinigt: 179,002 Bitcoin sollten für 200'000 Franken den Besitzer wechseln.

Die Gauner traten in Zürich als vermögend und seriös auf. Der Händler schöpfte keinen Verdacht und überschrieb ihnen die  Bitcoin-Berechtigungscodes. (Symbolbild)
Die Gauner traten in Zürich als vermögend und seriös auf. Der Händler schöpfte keinen Verdacht und überschrieb ihnen die  Bitcoin-Berechtigungscodes. (Symbolbild)
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Im Hyatt-Sitzungszimmer zeigen Ivan P. und seine drei Komplizen dem Händler die Euro-Noten, sie lassen ihn einige Scheine auf ihre Echtheit überprüfen. Weiteres Geld wird abgezählt, in transparente Plastikbeutel verpackt und zugeklebt. Der Devisenhändler geht davon aus, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Er überreicht der Bande die Berechtigungscodes für die Bitcoin, die sofort eingelöst werden.

Dem Händler wurden echte Euro-Note zur Überprüfung überreicht. Die Noten wurden anschliessend durch die Täter aber wieder mit Blüten ausgetauscht. (Symbolbild)
Dem Händler wurden echte Euro-Note zur Überprüfung überreicht. Die Noten wurden anschliessend durch die Täter aber wieder mit Blüten ausgetauscht. (Symbolbild)
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Doch kurz nach Geschäftsabschluss fühlt sich der Mann wie im falschen Film. Er stellt fest: Beim grössten Teil des Geldes handelt es sich um Falschgeld. Die Noten haben kein Wasserzeichen, keinen Metallfaden und kein Hologramm. Und in der Mitte steht deutlich der Schriftzug «FAC SIMILE». Die bittere Realität hat den Devisenhändler eingeholt.

Möglicher Haupttäter ist noch flüchtig

Zunächst gelingt der Bande die Flucht. Doch die Männer haben die Rechnung ohne die Polizei gemacht. Im November 2017 klicken für Ivan P. in Italien die Handschellen. Verhaftet werden zudem zwei Komplizen, darunter ist der eigene Vater. Er wird in nächster Zeit ebenfalls in der Schweiz vor Gericht gestellt. Im Juli 2018 sind die Männer in ein Schweizer Gefängnis überführt worden. Die Staatsanwaltschaft hat Ivan P. wegen Betrugs (Art. 146 des Strafgesetzbuches), wegen betrügerischem Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage (Art. 147) und wegen Nachmachen von Banknoten (Art. 243) angeklagt. 

Der junge Italiener zeigt sich seit Beginn der Ermittlungen geständig. Und auch vor dem Richter gibt er am Mittwoch seine Tatbeteiligung zu. Er sei dabei gewesen, doch habe er nicht die Fäden gezogen. «Die Idee für den grossen Coup hatte Alex», erklärt er vor Gericht. Bei Alex soll es sich um einen rumänischen Staatsbürger handeln – doch ausgerechnet vom möglichen Haupttäter fehlt bis heute jede Spur. 

Bitcoin ziehen Kriminelle an

Der Fall in Zürich ist längst nicht die erste betrügerische Handlung rund um die Kryptowährung. Der Bitcoin stösst seit seinen Anfängen nicht nur bei Computernerds, sondern auch bei Kriminellen auf grosse Beliebtheit. Die Währung ermöglicht plötzlich neue Chancen, um schmutziges Geld zu waschen, was im grossen Stil auch getan wird.

Und auch vor Hackern ist die Blockchain-Technologie nicht sicher. 2014 wird die Plattform Mt. Gox, auf der rund 80 Prozent aller Bitcoin gehandelt werden, gehackt. Das stürzt die Währung in ihre erste Krise. Derzeit liegt der Bitcoin bei 6'500 Franken (Tageskurs). Ende 2017 sthet er noch bei rund 19'500 Franken.

Bis heute sind sich Wirtschaftexperten nicht darüber einig, wie sicher die Kryptowährung ist. Die Europäische Zentralbank (EZB) vergleicht die Spekulation um den Bitcoin mit einem Schneeballsystem. Der Ex-Chef der US-Notenbank Fed, Ben Bernanke, sieht hingegen darin grosses Potenzial, er ist diesbezüglich nicht der einzige Experte.

Mit Handschellen an die Grenze

Für Ivan P. hat sein falsches Spiel mit der digitalen Währung nun Konsequenzen. Das Gericht folgt am Mittwoch dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilt den Vater von zwei kleinen Kindern (zwei und vier Jahre) zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten. Sechs davon spricht es als unbedingte, 24 Monate als bedingte Strafe aus. Zudem wird Ivan P. mit einem dreijährigen Landesverweis belegt.

«Ich habe meine Lektion gelernt und werde kein Verbrechen mehr begehen», sagt der Verurteilte vor dem Richter. Und er wolle wieder in die Schule. «Ich muss endlich mein Studium abschliessen, damit ich im Wirtschaftsbereich oder an der Börse arbeiten kann.» Mit einer Vorstrafe als Wirtschaftskrimineller dürfte sich Ivan P. allerdings einen Stolperstein in den Weg gelegt haben.


«Bluewin»-Redaktorin Silvana Guanziroli ist als Gerichtsberichterstatterin an den Zürcher Gerichten akkreditiert. In ihrer Serie «Guanziroli am Gericht» schreibt sie über die spannendsten Strafprozesse, ordnet ausgefallene Kriminalfälle ein und spricht mit Experten über die Rolle der Justiz. Guanziroli ist seit über 20 Jahren als Nachrichtenjournalistin tätig und hat die Polizeischule der Kantonspolizei Zürich absolviert. silvana.guanziroli@swisscom.com.
«Bluewin»-Redaktorin Silvana Guanziroli ist als Gerichtsberichterstatterin an den Zürcher Gerichten akkreditiert. In ihrer Serie «Guanziroli am Gericht» schreibt sie über die spannendsten Strafprozesse, ordnet ausgefallene Kriminalfälle ein und spricht mit Experten über die Rolle der Justiz. Guanziroli ist seit über 20 Jahren als Nachrichtenjournalistin tätig und hat die Polizeischule der Kantonspolizei Zürich absolviert. silvana.guanziroli@swisscom.com.
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