Urlaubsparadies in der PandemieSelbst die Affen auf Bali vermissen die Touristen
AP/toko
5.9.2021 - 00:00
Rings um einen Tempel auf der indonesischen Urlaubsinsel Bali sind die Tiere sonst ein beliebtes Fotomotiv. Doch wegen Corona kommen kaum noch Gäste. Den Tieren fehlt damit eine wichtige Quelle für Leckereien. Viele sind offensichtlich hungrig – und womöglich auch gelangweilt.
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05.09.2021, 00:00
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Die Makaken von Sangeh sind Menschen gewöhnt. Nicht selten setzen sie sich ihnen sogar auf die Schultern – zumal sie wissen, dass es als Belohnung oft eine Banane oder ein paar Erdnüsse gibt. Die Zahl der Besucher aus aller Welt ist seit Beginn der Pandemie aber stark gesunken. Seit Juli ist der Park auf Bali, in dem die Affen leben, sogar ganz geschlossen. Die Folgen bekommen nun auch die Bewohner eines angrenzenden Dorfes zu spüren.
Der «Affenwald» war bei Touristen immer beliebt. Und die Touristen bei den Affen – denn die von den menschlichen Tagesgästen mitgebrachten Leckereien waren für die Tiere eine willkommene Abwechslung zum ansonsten eher eintönigen Speiseplan. Auf der Suche nach Ersatz schwärmen sie inzwischen regelmässig in die nähere Umgebung aus. Die «Einbrüche» in Wohnhäuser häufen sich. Opfergaben in Tempeln oder auf Hausterrassen bleiben selten lange liegen.
In dem Dorf Sangeh, das nur etwa 500 Meter von dem gleichnamigen Reservat entfernt liegt, lungern die Affen auf den Dächern der Häuser herum. Wenn ihnen der Moment günstig erscheint, schlagen sie zu. Noch ist dies für die Bewohner bloss lästig. Viele befürchten aber, dass die Tiere bald auch grössere «Angriffe» starten könnten. «Wir haben Angst, dass die hungrigen Affen wild und boshaft werden», sagt der Dorfbewohner Saskara Gustu Alit.
Um dies zu verhindern, bringen die Menschen aus Sangeh nun manchmal Obst, Erdnüsse und anderes Essen dorthin, wo sich die Tiere normalerweise aufhalten. Ob die sporadischen Spenden ausreichen werden, ist jedoch fraglich. Denn in dem geschützten Waldgebiet, das die Tempelanlage Pura Bukit Sari umgibt, leben immerhin etwa 600 Exemplare der grauen Langschwanzmakaken.
Tourismus als wichtigste Einnahmequelle
Die Affen von Sangeh gelten als heilig – und eigentlich als sehr friedlich. Neben internationalen Besuchern kommen sonst auch Einheimische gern in den Park. Viele Balinesen machen dort etwa ihre Hochzeitsfotos. Die Tiere sind so zutraulich, dass sie mit ein wenig Futter leicht dazu gebracht werden können, sich kurz auf einen Schoss oder auf eine Schulter zu setzen.
Tourismus ist für die etwa vier Millionen Bewohner Balis die wichtigste Einnahmequelle. Vor Ausbruch des Coronavirus kamen jährlich mehr als fünf Millionen ausländische Gäste auf die indonesische Insel. Der Sangeh Monkey Forest zählte meist etwa 6000 Besucher pro Monat. Als wegen internationaler Reisebeschränkungen im vergangenen Jahr immer weniger Touristen nach Bali kamen, fiel die Zahl der Besucher in Sangeh auf etwa 500 pro Monat.
Im Juli sperrte die indonesische Regierung die Insel für internationale Urlauber komplett. Der «Affenwald» ist seitdem auch für Einheimische geschlossen. Dies bedeutet, dass den dort lebenden Affen nicht nur die sonst von Touristen dargebotenen Köstlichkeiten fehlen. Die Parkverwaltung kann nun schon seit Wochen keine Eintrittskarten mehr verkaufen. Das Geld reiche inzwischen kaum noch aus, um genügend Tiernahrung zu beschaffen, sagt Betriebsleiter Made Mohon.
Die Spenden aus der Umgebung waren laut Made Mohon durchaus eine Hilfe. Weil auch das Dorf mit wirtschaftlichen Einbussen zu kämpfen habe, würden die Anwohner aber immer weniger geben, sagt er. «Mit dieser lang anhaltenden Pandemie hätten wir niemals gerechnet», betont der Parkchef. «Essen für Affen ist zu einem Problem geworden.»
Die Kosten für Tiernahrung liegen nach Angaben der Verwaltung bei etwa 850 000 Indonesischen Rupiah (50 Euro) pro Tag. Dies reiche für 200 Kilogramm Maniok, dem Hauptnahrungsmittel der Affen, und zehn Kilogramm Bananen, sagt Made Mohon. Makaken sind Allesfresser und können sich daher eigentlich auch von diversen Pflanzen und Tieren in den balinesischen Wäldern ernähren. Doch der jahrelange enge Kontakt mit Menschen scheint die Exemplare in Sangeh so sehr geprägt zu haben, dass sie andere Kost bevorzugen.
Zugleich scheuen sie sich offenbar nicht, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. «Vor einigen Tagen habe ich eine traditionelle Zeremonie in einem Tempel nahe des Sangeh-Waldes besucht», sagt der Dorfbewohner Gustu Alit. «Als ich mein Auto geparkt hatte und zwei Plastiktüten mit Essen und Blumen als Opfergaben herausholte, tauchten plötzlich zwei Affen auf. Sie schnappten sich das Ganze und rannten sehr schnell in den Wald davon.»
Normalerweise werden die Affen von den Touristen nicht nur mit Leckereien verwöhnt. Die Tiere beschäftigen sich auch praktisch von früh bis spät mit den Besuchern. Wenn sie nicht gerade auf deren Schultern für Fotos posieren, stibitzen sie Sonnenbrillen und Wasserflaschen oder zupfen an Kleidungsstücken.
Gustu Alit vermutet daher, dass es nicht nur Hunger ist, der sie in die Wohnsiedlung treibt, sondern auch Langeweile. «Deswegen habe ich Dorfbewohner aufgerufen, hier in den Wald zu kommen, um mit den Affen zu spielen und ihnen etwas zu essen anzubieten», sagt er. «Ich denke, sie müssen so oft wie möglich mit Menschen interagieren, damit sie nicht wild werden.»