7 Fragen Zahlen, bitte!? So geht es nun für Beizer und deren Gäste weiter

Von Julia Käser

11.12.2020

Restaurants und Bars müssen ab Samstag um 19 Uhr schliessen – aber nicht überall. 
Restaurants und Bars müssen ab Samstag um 19 Uhr schliessen – aber nicht überall. 
Bild: Keystone

Die Sperrstunde ab 19 Uhr trifft die Gastro-Branche hart. Ordnung in das Massnahmen-Chaos bringt sie wohl kaum – ein Überblick. 

1. Was gilt für Restaurants und Bars nun genau? 

Ab Mitternacht gilt für Restaurants und Bars eine Sperrstunde ab 19 Uhr, an Heiligabend und Silvester ab 1 Uhr. Laut dem Branchenverband Gastrosuisse ist das ein «Tod auf Raten» für viele Betriebe. Auch SVP-Bundesrat Ueli Maurer sagte, dass die Branche hart getroffen werde – schliesslich würden Gastro-Betriebe zwei Drittel ihrer Umsätze in den Abendstunden machen. 

Anders als Geschäfte dürfen die Restaurants am Sonntag geöffnet haben. Take-aways haben täglich bis 23 Uhr geöffnet. Und: Keine Regel ohne Ausnahme. Kantone, die verhältnismässig wenige Ansteckungen verzeichnen, können ihre Beizen bis um 23 Uhr geöffnet lassen.   

2. In welchen Kantonen gilt die Sperrstunde erst ab 23 Uhr?

Im Moment noch nirgendwo, theoretisch aber zeigt sich der Röstigraben. BAG-Experte Patrick Mathys gab an der Medienkonferenz des Bundesrates  bekannt, dass – Stand Donnerstag – die Kantone Genf, Waadt, Freiburg, Jura, Neuenburg, das Wallis sowie Obwalden und Nidwalden die Möglichkeit hätten, die Restaurants und Bars bis 23 Uhr offen zu lassen. 

Um die Sperrstunde nach hinten zu schieben, müssen die Kantone Kriterien erfüllen, die der Bund festlegt. Erstens muss der Reproduktionswert des Virus während sieben Tagen unter 1 liegen. Das heisst: Während einer Woche darf eine Person durchschnittlich höchstens weniger als eine weitere anstecken. Zweitens muss die Sieben-Tage-Inzidenz unter dem Landesdurchschnitt liegen. Und drittens müssen die Kapazitäten der Spitäler und des Contact Tracings ausreichen. 

3. Wieso werden die Beizen nicht gleich ganz geschlossen? 

Weil es laut dem Bundesrat nicht notwendig ist. Man versuche, die epidemiologische Lage zu verbessern, ohne das öffentliche Leben komplett einzuschränken, sagte SP-Bundesrat Alain Berset am Freitag an einer Medienkonferenz. Das Ziel der Massnahme: Die Menschen sollen am Abend zuhause bleiben. Deshalb sind Kinos, Theater und Sportanlagen ab 19 Uhr ebenfalls geschlossen. 

Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer griff den Bundesrat frontal an. Seine Reaktion auf den Entscheid: Der Regierung fehle schlicht der Mut, die Beizen vollständig zu schliessen und sie entsprechend zu entschädigen. 

4. Sind Restaurants Corona-Hotspots? 

Bei Gastrosuisse heisst es, es gebe keine Evidenz dafür, dass in Gastro-Betrieben überhaupt Ansteckungen mit dem Coronavirus erfolgten. Bundesrat Berset liess eine entsprechende Frage am Freitag unbeantwortet. 

Klar ist: In der Schweiz gibt es kaum verlässliche Daten zu den Ansteckungsorten. Eine umfassende US-Studie kommt zum Schluss, dass sich Menschen vor allem in Restaurants, Cafés und Fitnessstudios infizieren – jedoch nur dann, wenn keine Schutzmassnahmen ergriffen werden. 

5. Wie will man sicherstellen, dass die Leute nicht in andere Kantone pendeln? 

Einmal mehr appelliert der Bundesrat an die Eigenverantwortung. Es gelte, am Abend möglichst zu Hause zu bleiben, wiederholte Berset vor den Bundeshausmedien mehrmals. «Ab dem Moment, wo man beginnt mit den Massnahmen zu spielen, sind wir nicht mehr in der Lage, die Situation zu meistern. Was dann kommt, weiss ich wirklich nicht mehr.»

Für die Kantone gilt, dass sie sich mit ihren Nachbaren absprechen müssen, wenn sie die Sperrstunde nach hinten schieben. 

6. Flickenteppich ahoi: Welche Kantone gehen weiter als der Bundesrat? 

In Zürich gilt zusätzlich zur Sperrstunde ab 19 Uhr eine 2 Haushalte-Regel in Restaurants. Heisst: Pro Tisch dürfen nicht mehr als vier Personen aus höchstens zwei unterschiedlichen Haushalten sitzen. Take-aways müssen bereits um 22 Uhr schliessen. Zudem müssen Gastro-Betriebe an Heiligabend und Silvester bereits um 22 Uhr zumachen. 

In Basel-Stadt sind die Gastro-Betriebe momentan und bis am 20. Dezember fürs Publikum geschlossen. Ebenso im Kanton Graubünden: Auch dort muss man bis mindestens am 18. Dezember auf den Restaurantbesuch verzichten. Dem kantonalen Verband GastroGraubünden stösst das Vorpreschen des Bundesrats sauer auf. Als völlig willkürlich wird der Entscheid bezeichnet – Personen würden sich fortan einfach im privaten Rahmen statt in den Beizen treffen. 

7. Bekommen die Gastro-Betriebe nun Unterstüzung? 

Ja. Wie diese genau aussehen wird, ist jedoch noch unklar – und liegt grundsätzlich in der Zuständigkeit der Kantone. Dass jedes einzelne Restaurant ein Härtefall-Gesuch stellen muss, ist wohl unwahrscheinlich. Finanzminister Ueli Maurer (SVP) rechnet eher mit einer pauschalen Lösung. Es sei für die Kantone kaum möglich, jedes einzelne Gesuch zu bearbeiten.

Beim Gastroverband will man die finanzielle Entschädigung lieber gestern als heute – denn bisher seien bereits 30'000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Nun verschärfe sich die Lage nochmals deutlich. Direktor Daniel Borner fordert deshalb monatlich 600 bis 800 Millionen Franken à fonds perdu. 

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