Das Bezirksgericht Winterthur hat am Donnerstag den Täter (24) im «Fall Rickenbach» zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt. Er wird des versuchten Mordes, der qualifizierten Vergewaltigung, der qualifizierten sexuellen Nötigung, der Gefährdung des Lebens und des Fahrens in fahrunfähigem Zustand schuldig gesprochen.
Das Gericht verurteilt den Mann zu einer Gefängnisstrafe von 18 Jahren. Der vorzeitige Strafvollzug werde dem Beschuldigten angerechnet. Zudem muss der Täter der Erbgemeinschaft 30'000 Franken als Genugtuung bezahlen, dazu kommen fünf Prozent Zinsen. Zudem wird eine ambulante Massnahme zur Behandlung psychischer Störungen angeordnet.
Der Richter begründet das Urteil wie folgt: «Ihre Aussagen war nicht überzeugend.» Das Gericht habe mit Zeugen, mit dem Opfer selbst und mit der Mutter des Beschuldigten im Zuge der Ermittlungen gesprochen. Dabei hätten die Personen sehr genaue Angaben machen können. Der Beschuldigte nicht.
Staatsanwaltschaft forderte 20 Jahre
Der Beschuldigte habe geschwiegen und keine klaren Aussagen machen können oder wollen. Deswegen könne das Gericht sich nur auf Aussagen von anderen Beteiligten oder Drittpersonen stützen.
Die Staatsanwaltschaft forderte 20 Jahre Haft und betitelt die Tat als «brutal, kaltblütig, bestialisch.» Der Verteidiger plädierte auf neun Jahre, und einer Genugtuung von 30'000 Franken gegenüber der Erbgemeinschaft des Opfers – weniger als das gesetzliche Mindestmass.
Zudem sei der Anschein entstanden, dass der Beschuldigte die Tat geplant habe. «Sie haben deutlich mehr Gewalt angewandt, als nötig gewesen wäre, um ihr Ziel zu erreichen», sagt der Richter. Der Beschuldigte sei mit einer starken Skrupellosigkeit vorgegangen.
Überfall auf dem Spaziergang – Täter dachte, sie sei tot
Die Tat ereignete sich im Oktober 2022. Das Opfer war auf seinem täglichen Spaziergang. Auf einmal überwältigte der Unbekannte die Frau. Laut Anklage hielt er ihr Mund und Nase zu, warf sie zu Boden und zog sie in ein Feld neben dem Weg. Dann vergewaltigte er sie und verletzte sie dabei schwer. Mit 105 Kilogramm Körpergewicht war er seinem nur 34 Kilogramm leichten Opfer massiv überlegen.
Nach den sexuellen Handlungen erkannte der Täter, dass das Opfer ihn identifizieren könnte. Nachdem er geäussert haben soll, dass er sie töten müsse, um nicht erkannt zu werden, warf er sich mehrfach mit voller Wucht auf die schwer verletzte Frau.
Opfer konnte sich mit letzter Kraft retten
Als die Frau ihr Bewusstsein verlor, liess er sie im Feld liegen und floh in der Überzeugung, sein Opfer tödlich verletzt zu haben. Der Frau gelang es jedoch, aus dem Feld zu robben und um Hilfe zu rufen. Nur durch glückliche Umstände und der schnellen Hilfe von Rettungskräften überlebte sie.
Mehr als eine Woche später konnte die Polizei den Täter fassen und verhaften. Neben der Vergewaltigung und des versuchten Mordes wird der 24-Jährige auch wegen diverser Drogendelikte angeklagt. Laut Anklage konsumierte er regelmässig Kokain und Cannabis – auch am Tatwochenende.
Der Täter reagiert vor Gericht nicht
Im Prozess hat der Angeklagte am Mittwoch ein vollumfängliches Geständnis abgelegt. «Alles, was in der Anklageschrift steht, stimmt.»
Doch während er seine Schuld eingesteht, verweigert er jegliche Aussagen zur Tat selbst. Der Richter führt die Befragung weiter. Der Beschuldigte hört zu, ist still und antwortet auf Fragen nur knapp: «Dazu will ich nichts sagen.»
Staatsanwalt argumentiert mit Aussagen des Opfers
Der Staatsanwalt sprach am Mittwoch von einer brutalen Tat, die der Mann geplant hätte. Das beweise der Browserverlauf. «Selbst gestandene Polizisten hatten Mühe mit der Szene am Tatort.»
Der Mann habe ein Messer mit sich geführt. «Der Beschuldigte hätte das Messer ohne Zweifel eingesetzt, wenn es nötig gewesen wäre», sagt der Staatsanwalt. Das Opfer habe glaubwürdig ausgesagt: «Er legte seine grosse Hand auf meinen Mund und meine Nase.» Die Kraft, mit der er die Hand auf das Gesicht des Opfers drückte, sei «so stark wie ein Tier» gewesen.
Sie konnte auch genauestens beschreiben, wie der Täter vorging und wie er sich verhielt. «Er war ruhig und klar», zitiert der Staatsanwalt die Aussage des Opfers vor Gericht. Der Täter selbst sagt aus, er könne sich nicht mehr an alles erinnern.
Der Verteidiger argumentierte, dass sein Mandant während der Tat «high» gewesen und deshalb nur teilweise schuldfähig sei. Die Tat sei nicht geplant gewesen, sondern das Ergebnis von «Chaos im Kopf». Der Beschuldigte habe Reue gezeigt und sei therapiebereit. Er habe mit den Behörden jederzeit kooperiert und die Tat gleich nach der Verhaftung gestanden. Nach dem Geständnis sei er in Tränen ausgebrochen.
Ein Gutachter nannte den Mann «schwer psychisch gestört». Die Gefahr eines Rückfalls liege bei 10 bis 15 Prozent.
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