Umstrittener Referent«Wohlfühl-Tage» in Luzern laden «König von Deutschland» ein
Von Philipp Dahm
27.8.2022
Auf den «Wohlfühl-Tagen» in den Luzern-Messehallen trifft sich Anfang September die Esoterik-Gemeinde. Ein kontroverser Referent wurde aus Deutschland eingeladen: Peter Fitzek ist selbsternannter «König».
Von Philipp Dahm
27.08.2022, 11:01
06.03.2024, 21:52
Philipp Dahm
Marco Rossi setzt auf guten Glauben. Der Zürcher aus Männedorf organisiert die «Lebenskraft-Erlebnis-Messe», die im Oktober in Zürich über die Bühne geht, baut ein Portal namens «New Horizons» auf, das Gleichgesinnte vernetzen will – «for a better world» –, und gibt das «Weitsicht-Magazin» heraus, das «Inspiration für ein bewusstes Leben» sein will.
Sein nächstes Projekt sind jedoch die «Wohlfühl-Tage», die vom 1. bis 4. September in den Luzern Messehallen stattfinden. In dessen Rahmen finden vier Konzerte, 20 Workshops und 70 Vorträge statt – darunter auch ein «Friedenssymposium», ein «Spirit-Move-Symposium» und ein «Heil-Symposium».
«Die ‹Wohlfühl-Tage› stehen ein für eine bessere Welt, die auch Bestand hat», lässt sich Marco Rossi auf der Website des «Erlebnis-Events» zitieren, wo die Veranstaltung als «eine bodenständige Messe zu bewussten Themen für inspirierende Begegnungen» beschrieben wird. Überirdisch findet das Ganze hingegen die Gruppe Revolutionär Emanzipatorisch Solidarisch Luzern (Resolut) und warnt vor «Esoterik, Extremismus und Betrügerei».
Resolut kritisiert, dass mehrere der 45 Gastreferenten kranken Menschen Hoffnungen machen, die sie nicht erfüllen könnten. So würden mehrere «Heiler» auftreten, die versprechen würden, chronische oder sogar schwere Krankheiten beeinflussen zu können. «Von mir behandelte Menschen erlebten Heilung von Parkinson und Krebs, Blinde konnten wieder sehen», behauptet etwa einer der Referenten.
Bundesrepublik als «Firma der Alliierten»
Ein Gast der «Wohlfühl-Tage» ragt jedoch heraus: Auch Peter Fitzek soll Anfang September in Luzern auftreten. Der 57-Jährige aus Halle an der Saale hat sich 2012 in einer bizarren Zeremonie in Wittenberg selbst zum Oberhaupt des «Königreichs Deutschland» krönen lassen. Auf einem neun Hektar grossen Gelände wollte Fitzek seinem Fanstasiestaat Formen geben und einen Kindergarten, eine Schule und eine Universität bauen.
Den deutschen Staat lehnt der gelernte Koch und Kampfsportler ab: Der sei ein «Besatzungskonstrukt», eine «Firma der Alliierten». Damit rangiert der selbsternannte König in einer Liga mit den sogenannten Reichsbürgern, die wie er die «Deutschland GmbH» überwinden wollen. Das Gelände in Wittenberg ist zwar 2017 geräumt worden, doch Fitzek arbeitet unbeirrt weiter daran, sich ein Imperium aufzubauen.
Und zwar auf Kosten seiner «Untertanen», die sich von dem Mummenschanz beeindrucken lassen: Fitzek lässt sich von seinen Anhängern Immobilienkäufe finanzieren. Sie haben ihm laut «Zeit Online» zum Beispiel für 1,3 Millionen Euro das Schloss Bärwalde in der Oberlausitz gekauft. Oder das Wolfsgrüner Schlösschen im Erzgebirge, das mit 2,3 Millionen Euro zu Buche schlägt.
«Ungeimpft, ungetestet und unmaskiert»
Hier will Fitzek «Lebensorte» für Verschwöungstheroretiker und Staatsfeinde schaffen. Wer dabei sein will, muss bloss das eigene Heim verkaufen, dem «König» das Geld überweisen – und schon hat man «einen Platz im Dorfprojekt», erklärt der Mann leutselig. «Wir lassen niemanden im Regen stehen, der sein Haus verkauft.»
Fitzek verkauft ein völkisches Gemeinschaftsgefühl. «Ich möchte eine Menge Führer erziehen, die andere Menschen anführen und leiten können», bekundet er beim Kampfsport-Training mit seinem Fussvolk. Zur Parallelwelt gehört auch eine eigene Bank: Dass der «Herrscher» 2017 wegen Veruntreuung letztendlich zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden ist, scheint die Anleger*innen nicht zu interessieren.
In seinem «Königreich» in Sachsen-Anhalt veranstaltet Fitzek auch Informationstage – wie zuletzt im Mai 2022. Regeln gelten nur drei, heisst es am Tag der offenen Tür: «Ungeimpft, ungetestet und unmaskiert», heisst es. Einer der Besucher sagt in die Kamera von «Spiegel TV»: «Wenn man wirkliche Veränderungen hervorbringen will, schnell und effizient, dann muss es starke Männer geben, die eine Richtung anweisen.»
«Das Königreich Deutschland ist eine Sekte»
Sogar eine Kranken- und Rentenkasse hat sich Pseudo-Deutschland schon gegeben, eigene Kennzeichen und eine eigene Währung herausgebracht. Ziel ist es, autarke Gemeinschaften aufzubauen, die von der Bundesrepublik unabhängig sind. Der deutsche Staatsschutz warnt jedoch, sich mit Fitzek einzulassen. Finanziell wie auch mental.
«Wer sich auf das Königreich einlässt und Fitzek sogar Ersparnisse anvertraut, gerät in existenzielle Abhängigkeit und in den Strudel extremistischer Verschwörungstheorien», sagt Dirk-Martin Christian, Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz in Sachsen. «Das Königreich Deutschland ist eine Sekte», mahnt der Autor Tobias Ginsburg.
So verklärt sich das «Königreich Deutschland» selbst auf Youtube.
Was will der «König von Deutschland», der Rechtsextremisten wie Nikolai Nerling nahesteht, in der Schweiz? Wie kann der Ostdeutsche dazu beitragen, dass sich das Publikum in Luzern wohlfühlt?
Ein Fingerzeig bietet der Onlineshop des Ideologen: Hier gibt es 30 Milliliter «energetische Essenz Glückseligkeit» für nur 28.80 «E-Mark», die «die Verbindung zum inneren Kind stärkt».
Etwas tiefer müssen Kund*innen dagegen für die 20 mal 20 Zentimeter grosse «5DHyperwave-Symbolgrafik» in die Tasche greifen: Für 127 «E-Mark» werden damit «Störfaktoren im eigenen Wohn- und Lebensumfeld neutralisiert». Vielleicht will Fitzek in der Innerschweiz ja auch den Aquion Wasserionisierer, Modell Primus Pro, an den Mann oder die Frau bringen. Kostenpunkt: 3950 «E-Mark».