Stromsparen auf den Pisten Skifahrer müssen diesen Winter ein kaltes Füdli in Kauf nehmen

Von Gil Bieler

15.10.2022

Bitte gut einpacken: Die Betreiber der Wintersportgebiete – im Bild Flims Laax Falera – suchen nach Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu senken.
Bitte gut einpacken: Die Betreiber der Wintersportgebiete – im Bild Flims Laax Falera – suchen nach Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu senken.
Archivbild: Keystone

Der Aufruf zum Energiesparen gilt auch den Wintersportgebieten: Worauf müssen sich Skifahrerinnen und Snowobarder einstellen? Eine Umfrage unter Pistenbetreibern von Arosa bis Zermatt.

Von Gil Bieler

Strom sparen, Gas sparen, Energie sparen – damit die Schweiz in keinen Engpass hineinschlittert. Dieser Appell des Bundesrats bringt die Wintersportgebiete in eine verzwickte Lage. Ihre Hauptsaison ist nun mal der Winter – können sie dem Sparaufruf überhaupt folgen?

Beim Branchenverband Seilbahnen Schweiz gibt man zu bedenken, dass die Möglichkeiten, Strom zu sparen, so unterschiedlich seien wie die Skigebiete selbst. Dennoch bereite man sich bereits seit Wochen intensiv auf eine mögliche Mangellage vor. Dazu wurde auch der interne Krisenstab – der wegen der Corona-Pandemie gebildet wurde – wieder aktiviert, wie Mediensprecherin Barbara Gnägi auf Anfrage erklärt.

Unter anderem arbeite der Verband einen Massnahmenkatalog aus, und mit einem Simulationstool könnten die Skigebietsbetreiber messen, welche Einsparungen ihnen welcher Massnahme einbringt. «So werden die Bahnen für die verschiedenen Szenarien vorbereitet sein.»

Ohnehin ist Gnägi zuversichtlich, dass die Erfahrungen der letzten Jahre die Branche krisenfester gemacht hätten: «Die Bergbahnen der Schweiz haben in den letzten Jahren eine hohe Resilienz entwickelt und werden auch diese Herausforderung bewältigen.»

Eine Umfrage bei Seilbahnbetreibern zeigt, dass das Thema Energiesparen die Branche aufwühlt – nicht erst seit gestern. Und: Man zeigt sich bereit, einen Sparbeitrag zu leisten. Gleichzeitig verweisen aber gleich mehrere Betriebe darauf, dass die Seilbahnen nur 0,3 Prozent des hiesigen Stromverbrauchs verursachen würden. Die Probleme einer allfälligen Mangellage könnten also nicht die Wintersportgebiete allein lösen.

Arosa-Lanezerheide

In den miteinander verbundenen Gebieten von Arosa und Lenzerheide können wohl fünf bis zehn Prozent des Energieverbrauchs eingespart werden, glaubt Stefan Reichmuth von den Arosa Bergbahnen AG. Verlange der Bund weitergehende Einsparungen, werde es schwierig: «Es ist ein schmaler Grat, wenn wir nicht beim Angebot und der Qualität abbauen wollen.» Für ihn steht aber fest: «Skigebiete sind für Bergregionen klar too big to fail.» Die Beschneiungsanlagen etwa müssten darum betrachtet werden wie Produktionsmaschinen in anderen Branchen.

Gleichwohl unternehmen die Bündner*innen schon heute vieles, um ihre Energieeffizienz zu verbessern: Mehrere der Sesselbahnen verfügen laut Reichmuth über ein System, das die Geschwindigkeit automatisch an das Passagieraufkommen anpasst. Ausserdem würden die Pumpstationen der Beschneiungsanlagen optimiert – bei einer Anlage im Gebiet Scharmoin soll die Hälfte der Energie eingespart werden. Und die vier Solaranlagen im Skigebiet produzierten so viel Strom, der für 50 Einfamilienhäuser reichen würde.

Elm

«Strom und Energie zu sparen, ist unabhängig der aktuellen Lage eine Daueraufgabe der Bergbahnen», sagt Stefan Elmer, Direktor der Sportbahnen im glarnerischen Elm – allein schon, um die Betriebskosten zu senken. Die Verantwortlichen hätten rund ein Dutzend Massnahmen definiert – unter anderem zu energiesparenden Geräten und zur Optimierung der Betriebszeiten.

Dass der Sparaufruf aus Bern die kommende Wintersaison unter einen schlechten Stern stellt, glaubt Elmer nicht: «Der Appell des Bundesrats richtet sich an uns alle.» Auch Privatpersonen seien daher in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten.

Flims Laax Falera

Im grössten Skigebiet des Bünder Oberlands zeigt man sich findig, wenn es um die Senkung des Stromverbrauchs geht. Die Weisse Arena AG sei bereits seit Jahren an dem Thema dran, erklärt Mediensprecherin Martina Calonder. Und es gebe noch viele Ansatzpunkte: «Beispielsweise wird die Raumtemperatur in Gebäuden gesenkt, die Sitzheizung bei Bahnanlagen abgeschaltet, die Betriebszeiten von Info-Screens gekürzt und – sofern möglich – in öffentlichen sanitären Anlagen auf Warmwasser verzichtet.» Weiterführende Massnahmen kämen laufend hinzu.

Flumserberg

Bei den Bergbahnen Flumserberg ist eine Arbeitsgruppe seit April daran, «Stromfresser» aufzuspüren, wie CEO Mario Bislin erklärt. In den Küchen der sechs Pistenbeizen wurde diese schon fündig. «Zwei Kochinseln wurden kurzfristig durch Induktionsherde ersetzt», wofür Investitionen von über 100'000 Franken nötig gewesen seien. Alte Scheinwerfer würden laufend durch LED-Lampen ersetzt und in allen Räumen, die nicht von Wintersportler*innen genutzt würden, werde die Temperatur um zwei bis drei Grad gesenkt.

In einem weiteren Schritt gehe es darum, auch den Energieverbrauch der Liftanlagen zu optimieren, zum Beispiel indem die Fahrgeschwindigkeit reduziert werde. Wie gross das Sparpotenzial auf den Pisten in Flumserberg überhaupt ist, das lasse sich vor Beginn der Hauptsaison – und damit dem Vollbetrieb – aber nicht sagen. «Unser Ziel ist es, dass die Gäste so wenig wie möglich von den Stromsparmassnahmen spüren werden.»

Jungfrau Ski Region

Die Jungfraubahnen prüfen diverse Massnahmen und sind mit dem Branchenverband im Austausch. Im Wintersportgebiet im Berner Oberland könnten einzelnen Rollbändern oder Rolltreppen der Stecker gezogen werden – und auch der Sitzheizung. Dies betreffe aber einzig die 3S-Bahn Eiger Express, wie Kommunikationsleiterin Kathrin Naegeli von den Jungfraubahnen versichert. Die Pistenfahrzeuge seien bereits vor einigen Jahren mit dem Snowsat-System ausgestattet worden, das die Dicke der Schneedecke messe. «So wird nicht unnötig Schnee produziert und diese effizient verteilt.»

Die Zuversicht überwiegt trotz Sparaufruf: So habe man in der Jungfrau Ski Region in der letzten Wintersaison trotz der teils noch geltenden Corona-Massnahmen den Rekordwinter 2007/08 egalisieren können. Und nicht unterschätzen darf man laut Naegeli, dass auch Faktoren wie die Wetter- und Schneeverhältnisse einen grossen Einfluss darauf hätten, «ob eine Saison gut oder weniger gut verläuft».

Wetterglück braucht es nebst allen Sparbemühungen auch: Wintersportler geniessen einen Pistentag in Grindelwald (Archivbild).
Wetterglück braucht es nebst allen Sparbemühungen auch: Wintersportler geniessen einen Pistentag in Grindelwald (Archivbild).
Bild: Keystone

Titlis

Die Bergbahnanlagen am Titlis oberhalb Engelberg profitieren von ihrem relativ jungen Jahrgang: Bahnen und Infrastrukturanlagen würden bereits seit 2016 mit Wasserkraft betrieben. «Unser Betrieb ist aufgrund der überdurchschnittlich neuen Anlagen bereits sehr energieeffizient», sagt Urs Egli, Leiter Marketing der Titlis-Bergbahnen.

Gemeinsam mit dem Branchenverband habe man verschiedene Massnahmen angeschaut, darunter: das Tempo der Liftanlagen drosseln, wenn wenig Wintesportler*innen auf der Piste sind, oder Sitzheizungen und Warmwasser in den Toiletten abstellen. Die Beleuchtungen habe man bereits jetzt reduziert. Aber: «Ohne Auswirkungen auf unsere Gäste ist das Einsparungspotenzial gering», sagt Egli.

Zermatt

Nachhaltigkeit spiele in Zermatt schon immer eine Rolle, beteuert Marc Lagger von der Zermatt Bergbahnen AG. So seien bereits diverse ressourcenschonende Fotovoltaik- und Solarthermie-Anlagen in Betrieb genommen worden. «Weiter wurden die Anlagen zur technischen Beschneiung fortlaufend erneuert und energetisch optimiert», Teile der Beschneiungsanlagen liessen sich auch für die Stromproduktion nutzen. An dieser Strategie wollen die Walliser festhalten.

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