Renovate Switzerland «Wir würden lieber keine Autobahnen blockieren»

aru

19.4.2022

Klima-Aktivisten blockieren Autobahnausfahrt in Bern

Klima-Aktivisten blockieren Autobahnausfahrt in Bern

Erneut haben Klima-Aktivisten eine Autobahnausfahrt blockiert, diesmal in Bern-Wankdorf. Sie fordern den Bundesrat auf, ein nationales Programm zur massiven Gebäuderenovierung einzuführen. Die Aktion begann – zum Ärger vieler Pendler – um 07.40 Uhr.

19.04.2022

Sie blockieren Strassen und treiben Autofahrer*innen damit zur Weissglut. Wer steht hinter Renovate Switzerland und was genau will die Organisation erreichen? blue News hat nachgefragt.

aru

«Es ist störend und unangenehm», sagt Cécile Bessire, Mediensprecherin der neuen Klimabewegung Renovate Switzerland. «Auch wir würden lieber keine Autobahnen blockieren, doch bleibt uns keine Wahl.»

Am Dienstagmorgen, inmitten des Pendlerverkehrs, blockierten Aktivist*innen von Renovate Switzerland einen Autobahnabschnitt vor dem Berner Wankdorf. Zwischen 7.40 und 8 Uhr mussten die Autofahrer*innen – teils mit lautem Protest – ausharren, bis sie wieder freie Fahrt hatten. Es war eine von mehreren Blockaden in den vergangenen Wochen.

Was wollen die Umweltschützer*innen damit erreichen? Sie haben eine sehr konkrete Forderung an den Bundesrat, die sie im März an Energieministerin Simonetta Sommaruga überreicht haben.

So soll der Bundesrat innerhalb von vier Monaten einen nationalen Plan vorlegen, der es ermöglicht, bis 2040 die Wärmedämmung bei einer Million Wohnungen zu sanieren. Auf diese Weise sollen die CO2-Emissionen gesenkt werden. Weiter sollen die Bundeszuschüsse für Wärmesanierungen ab 2023 von jährlich 200 Millionen Franken um das Fünffache auf eine Milliarde erhöht werden.

«Wir sind verzweifelt, weil der Bundesrat viel zu langsam handelt. Aus unserer Sicht ist der zivile Widerstand die einzige Lösung.»

«Wir sind verzweifelt, weil der Bundesrat viel zu langsam handelt. Aus unserer Sicht ist der zivile Widerstand die einzige Lösung», sagt Bessire. Denn laut dem neuesten IPCC-Klimabericht führten die Auswirkungen der Klimakrise zu einer beispiellosen Notsituation.

Mit ihren Aktionen ziehen die Umwelt-Aktivist*innen auch viel Unmut auf sich. Lautstark wehrten sich einige Automobilist*innen gegen die Streikenden vor dem Wankdorf. Aus Sicht von Markus Rutishauser vom Automobil Club der Schweiz (ACS) erweisen sich die Mitglieder von Renovate Switzerland einen Bärendienst: «Viele der Menschen, die im Stau stehen, sind wahrscheinlich ebenso für einen stärkeren Klimaschutz – doch deren Sympathien verspielen sich die Klima-Aktivist*innen mit solchen Aktionen nachhaltig», sagt er zu blue News.

Generell findet Rutishauser, dass der Angriff auf die Automobilist*innen ungerechtfertigt sei. «Alleine die europäische Autoindustrie hat in den vergangenen Jahren zweistellige Milliardenbeträge in Forschung und Entwicklung investiert, um klimafreundlichere Produkte auf den Markt zu bringen.»

Logo hat Ähnlichkeit mit jenem von Rivella

Ableger der Renovate-Switzerland-Kampagne finden sich bereits in Deutschland, Australien und Kanada, wie es auf der Website der Organisation heisst. Dort heisst es weiter, dass sich der Organisation gewöhnliche Männer und Frauen angeschlossen hätten, die für das «Richtige» einstehen wollten. Man orientiere sich am Vorbild der Freedom Riders, die sich Anfang der 1960er-Jahre mit zivilem Ungehorsam gegen die Rassentrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln auflehnten.

Das Logo der Umweltschutzgruppe erinnert in Farbe und Schrift stark an jenes des Getränkeherstellers Rivella. Ist das Absicht? Dazu kann Bessire keine Angaben machen, doch bewirke die Ähnlichkeit wohl ein gutes Gefühl.

«Denkt man an Rivella, denkt man an die Schweizer Berge und die Natur. Dies führt hoffentlich dazu, dass die Menschen in der Schweiz sich hinter einer gemeinsamen Vision versammeln und diesem Land eine Zukunft ermöglichen.»