Nicht nur TschernobylDas sind die radioaktivsten Orte der Welt
Vanessa Büchel
15.3.2025
An vielen Orten auf der Welt wurde die Atomenergie für Mensch und Natur zum Verhängnis.
KEYSTONE/EPA/Nicolas Datiche
Einige Orte auf der Welt machen deutlich, welche Gefahren von Atomenergie für Mensch und Natur ausgehen. Sie dienen als Mahnmal, führten aber auch zu einem Umdenken im Umgang mit der Kernkraft.
Teleschau
15.03.2025, 14:29
Vanessa Büchel
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Neben den bekannten Katastrophenorten Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) gibt es weltweit weitere radioaktiv belastete Gebiete, die oft in Vergessenheit geraten sind.
Nahe dem russischen Ort Osjorsk oder am Columbia River im US-Bundesstaat Washington wurden Bevölkerung und Umwelt durch Atomunfälle oder Nuklearprogramme stark kontaminiert.
Besonders tragisch ist auch das Bikini-Atoll, Marshallinseln, das durch Atombombentests von 1946 bis 1958 unbewohnbar wurde.
Atombombentests, radioaktive Unfälle oder Super-GAUs – die Atomkraft bietet Potenzial, beinhaltet aber auch viele Risiken. Geht etwas schief, werden ganze Landstriche unbewohnbar.
Die grösste Atomkatastrophe aller Zeiten trug sich 1986 in Tschernobyl zu. Die zweitgrösste 2011 in Fukushima. Beide Orte sind Sinnbilder für die Gefahren der Atomkraft.
Es gibt aber auch noch andere Regionen, in denen Nuklearunfälle oder Atombombentests für bedenklich hohe Strahlenwerte gesorgt haben, die den meisten von uns völlig unbekannt sind.
Manche der aufgelisteten Orte sind noch immer Sperrzonen, andere sind weitestgehend dekontaminiert, wieder andere sind Wohn- und Arbeitsplatz von vielen Menschen, deren Gesundheit kommerziellen und militärischen Zwecken geopfert wird. Wir nehmen dich auf eine aussergewöhnliche Reise in ebendiese Gegenden mit.
Tschernobyl, Ukraine
Tschernobyl liegt heute im Staatsgebiet der Ukraine, nahe der Stadt Pripjat. Als sich die Atomkatastrophe dort zutrug, gehörte der Ort noch zur Sowjetunion.
Durch die Explosion eines Reaktors wurde 1986 eine riesige Menge an Radioaktivität freigesetzt, die unmittelbar nach dem Ereignis mindestens 30, langfristig aber Zehntausenden von Menschen das Leben kostete und in fast ganz Europa Auswirkungen hatte. Viele Menschen sind an Folgeerkrankungen durch die Strahlenbelastung, wie Krebs, gestorben.
Um das Atomkraftwerk von Tschernobyl befindet sich eine Sperrzone, die inzwischen im Rahmen von geführten Touren teilweise betreten werden kann. Der Ukraine-Krieg hat den Katastrophentourismus rund um Tschernobyl jedoch vorerst beendet.
Im April 1986 ereignete sich in Tschernobyl die grösste Atomkatastrophe aller Zeiten.
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Fukushima, Japan
Das Erdbeben am 21. März 2011 vor der japanischen Ostküste war besonders folgenreich. Es löste einen Tsunami aus, der nur 30 Minuten nach dem Beben mit zerstörerischer Gewalt auf die japanische Küste traf. Er hat nicht nur unzählige Häuser und Strassen zerstört, sondern er traf auch das Fukushima-Daiichi-Kernkraftwerk.
Der Strom in der Anlage fiel aus und die Katastrophe nahm ihren Lauf. Die Reaktoren wurden infolgedessen nicht mehr gekühlt und überhitzten. Es kam zu Kernschmelzen und Explosionen in mehreren Reaktoren.
Schliesslich traten grosse Mengen an Radioaktivität aus, die über das Wasser auch ins Meer gelangte. Zehntausende von Menschen mussten ihre Häuser verlassen, viele erkrankten an den Folgen der Strahlenbelastung. Rund um Fukushima besteht noch immer eine Sperrzone.
In Fukushima trafen im Jahr 2011 gleich mehrere Katastrophen aufeinander: Ein Tsunami, ausgelöst durch ein Erdbeben, traf das Kernkraftwerk.
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Osjorsk, Russland
Ein anderer grosser Atomunfall ist uns Europäern kaum bekannt. Er ereignete sich 1957 in der sowjetischen Plutonium-Wiederaufbereitungsanlage Majak bei Osjorsk, wo ein Tank explodierte.
Die sowjetische Regierung hielt die Katastrophe geheim und nahm in Kauf, dass die Bevölkerung erkrankte. Besonders problematisch war, dass auch das Wasser des Flusses Techa kontaminiert war.
Bei Osjorsk explodierte 1957 ein Tank, die Region wurde nicht informiert, obwohl der Fluss Techa kontaminiert war.
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Semipalatinsk-Testgelände, Kasachstan
Eine ähnlich fragwürdige Haltung nahm die Sowjet-Regierung in Semipalatinsk ein, einem ehemaligen Atomwaffentestgelände, das heute auf dem Staatsgebiet von Kasachstan liegt.
Auf dem Gelände wurden bis 1991 über 450 Nukleartests durchgeführt. Auch hier wurde die Bevölkerung nicht über die radioaktive Strahlung informiert, der sie in der Region ausgesetzt war.
Auch im Atomwaffentestgelände Semipalatinsk wurde die Bevölkerung nicht über die radioaktive Strahlung informiert.
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Bikini-Atoll, Marshallinseln
Man sieht den Inseln ihre traurige Geschichte wahrlich nicht an. Das Bikini-Atoll, das zu den abgelegenen Marshallinseln gehört, gleicht einem tropischen Bilderbuch-Paradies.
Doch die Inseln sind seit fast 80 Jahren nicht mehr bewohnbar, da die USA hier von 1946 bis 1958 Atombombentests durchführte. Die für die Tests evakuierten Einwohner kamen nie mehr in ihre Heimat zurück.
Das Bikini-Atoll, das zu den abgelegenen Marshallinseln gehört, wurde von den USA von 1946 bis 1958 für Atombombentests benutzt.
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Hanford Site, USA
Hanford Site am Columbia River im US-Bundesstaat Washington ist ein Nuklearkomplex, der im Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle bei der Plutoniumproduktion spielte.
Durch falsche Lagerung von Abfällen wurden die Umgebung des Geländes sowie der Columbia River stark verseucht. Noch im 21. Jahrhundert liessen sich in bestimmten Tieren und Pflanzen Spuren von Radioaktivität nachweisen.
An den Tieren und Pflanzen rund um den Nuklearkomplex Hanford Site am Columbia River im US-Bundesstaat Washington liessen sich noch im 21. Jahrhundert Spuren von Radioaktivität nachweisen.
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Sellafield, Grossbritannien
In dem britischen Atomkraftwerk Sellafield kam es immer wieder zu Lecks und Störfällen – von Bränden bis hin zum Austritt von radioaktiver Flüssigkeit.
2005 wurde die veraltete Anlage schliesslich stillgelegt. Es lagern jedoch noch immer grosse Mengen an Atommüll dort. Sellafield regte zahlreiche Debatten und Proteste an und zeigte die Risiken von Atomenergie immer wieder deutlich auf.
Wurde 2005 stillgelegt: die veraltete Anlage des britischen Atomkraftwerks Sellafield.
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Goiânia, Brasilien
Kaum zu glauben, was sich 1987 im brasilianischen Goiânia zutrug: Aus einer stillgelegten Klinik wurde ein medizinisches Strahlentherapiegerät gestohlen und anschliessend an einen Schrotthändler weiterverkauft. Das darin enthaltene Cäsium-137 wurde ohne Kenntnis über dessen Gefahr entnommen, was zu schweren Verstrahlungen, teils mit Todesfolge, sowie der Kontamination zahlreicher Gebäude führte.
Ein medizinisches Strahlentherapiegerät, das in Goiânia aus einer stillgelegten Klinik gestohlen wurde, hat folgenschwere Konsequenzen.
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Karatschai-See, Russland
Im Karatschai-See in Russland wurde jahrelang der hoch radioaktive Müll aus der Majak-Anlage verklappt. Der See ist so stark kontaminiert, dass bereits ein kurzes Verweilen an seinen Ufern zum Tod führt – das soll sogar jetzt noch so sein, obwohl der See inzwischen zubetoniert ist.
Auch hier hat die Sowjet-Regierung die gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung durch Vertuschung noch verschlimmert.
Im Karatschai-See in Russland wurde jahrelang der hoch radioaktive Müll aus der Majak-Anlage verklappt.
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Nevada Test Site, USA
Bis nach Las Vegas sah man teilweise die Pilzwolken der Atombombentests in der Wüste von Nevada. Von 1951 bis 1992 war die Nevada Test Site der wichtigste Standort für Kernwaffenversuche der Vereinigten Staaten. Sowohl unterirdische als auch oberirdische Tests hinterliessen deutlich erhöhte Strahlenwerte, die zu überdurchschnittlich vielen Krebserkrankungen in der Region führten.
Die Pilzwolken der Atombombentests in der Wüste von Nevada sah man teilweise bis nach Las Vegas.
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Three Mile Island, USA
Was Sellafield für Grossbritannien ist, ist Three Mile Island für die USA: ein Symbol für die Gefahren der Atomkraft und Auslöser zahlreicher Diskussionen.
1979 ereignete sich in dem Atomkraftwerk in Pennsylvania ein Unfall, dem eine partielle Kernschmelze folgte. Zwar trat nur eine vergleichsweise geringe Menge Radioaktivität aus, dennoch führte der Vorfall zu einem Umdenken in der Bevölkerung.
Was Sellafield für Grossbritannien ist, ist Three Mile Island für die USA.
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Mailuu-Suu, Kirgistan
Auch hier hat die Sowjetunion ein schmutziges Erbe hinterlassen: In der Industriestadt Mailuu-Suu im heutigen Kirgistan, wo während der Sowjet-Zeit Uran abgebaut wurde. Radioaktiver Müll wurde unsachgemäss gelagert, was dazu führte, dass die Gegend und der gleichnamige Fluss Mailuu-Suu schwer kontaminiert wurden. Noch immer hat Kirgistan mit diesen atomaren Altlasten zu kämpfen.
Im heutigen Kirgistan wurde nahe der Stadt Mailuu-Suu während der Sowjet-Zeit Uran abgebaut und radioaktiver Müll wurde unsachgemäss gelagert.
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Atomwaffentestgelände Lop Nor, China
Auch die Atommacht China hat von 1964 bis 1996 Atomwaffentests durchgeführt – und zwar am inzwischen ausgetrockneten Salzsee Lop Nor.
Insgesamt wurden 40 Versuche durchgeführt, ohne Rücksichtnahme auf die rund 20 Millionen Menschen, die in der Region lebten. Viele von ihnen gehörten der Minderheit der Uiguren an. Die Krebsrate rund um Lop Nor liegt deutlich höher als im Rest Chinas.
Lop Nor ist inzwischen ein ausgetrockneter Salzsee, früher wurden hier Atomwaffentests durchgeführt.
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Fort d'Aubervilliers, Frankreich
Fort d'Aubervilliers ist ein Stadtteil von Paris und auch hier – inmitten der lebendigen Hauptstadt Frankreichs – haben radioaktive Materialien Spuren hinterlassen.
Bei Forschungsarbeiten mit Radium in den 1920er- und 1930er-Jahren entwich über die Jahre hinweg viel kontaminiertes Material, das den Boden stark verseuchte. Inzwischen ist das Forschungsgelände weitestgehend dekontaminiert.
Der Pariser Stadtteil Fort d'Aubervilliers diente für Forschungsarbeiten mit Radium. Heute ist das ehemalige Testgelände weitestgehend dekontaminiert.
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Jadugoda, Indien
Jadugoda im indischen Bundesstaat Jharkhand ist die Kehrseite von Indiens atomarer Macht. Die grösstenteils indigene Bevölkerung der Stadt leidet massiv unter der hohen Strahlenbelastung, die auf den Uranbergbau und die unsachgemässe Entsorgung von Atommüll in Jadugoda zurückzuführen ist. Viele Kinder erkranken und sterben jung an den Folgen der Verseuchung von Böden und Wasser.
Die grösstenteils indigene Bevölkerung rund um die indische Stadt Jadugoda leidet massiv unter der hohen Strahlenbelastung, die auf den Uranbergbau und die unsachgemässe Entsorgung von Atommüll zurückzuführen ist.
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Mounana, Gabun
Auch im afrikanischen Mounana wurden die Belange von Mensch und Natur lange hinter wirtschaftlichen Interessen angestellt. Eine französische Firma baute dort, im Dschungel von Gabun, Uran ab und verklappte radioaktiv verseuchte Abfälle einfach in den Flüssen.
Ähnliches trägt sich in Uranminen in Südafrika und Namibia zu, wo Natur und Sicherheit der Minenarbeiter ebenfalls vernachlässigt werden.
Stillgelegte Uranmine im Gebiet Mounana in Gabun.
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Rund 20 Aktivisten und Schweizer Ärzte haben am Donnerstag vor dem Bundeshaus in Bern demonstriert. In einem offenen Brief an Bundesrat Albert Rösti forderten sie mehr Studien über die Auswirkungen von Atomkraftwerken auf die Umwelt und über das Krebsrisiko, insbesondere bei Kindern. Die rund 500 Ärzte, die den Brief unterzeichnet haben, sind zudem der Ansicht, dass das deutsche Kernkraftwerk Leibstadt, das nahe der Schweizer Grenze liegt, sofort abgeschaltet werden muss.